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Hungern gegen Trump
Der linke US-Amerikaner Ted Glick unterstützt Joe Biden im Präsidentschaftsrennen mit vollem Körpereinsatz
Wenn Ted Glick über seinen Vorgarten auf den Gehweg tritt, dann bewegt er sich wie in Zeitlupe. Mit langsamen Schritten tastet er den Boden ab und begibt sich, die Augen geradeaus, einigermaßen aufrecht auf den Besucher zu. »Du musst Geduld mit mir haben«, hatte er bei der Verabredung am Telefon gebeten. »Ich werde eine Maske tragen, und Du bitte auch.« Vor zehn Tagen spürte er, wie seine Kräfte »ziemlich nachließen«, hatte er erläutert. Er werde sich so viel Zeit wie möglich nehmen und Fragen beantworten.
Jede Woche analysieren Max Böhnel und Moritz Wichmann im Gespräch mit Oliver Kern den US-Wahlkampf. Am 2. November um 18 Uhr schauen "Max und Moritz" in einem Live-Podcast auf die letzten Umfragen und erläutern aus der linken Perspektive, worauf man in der Wahlnacht und in den Tagen danach achten sollte.
Am 3. Oktober hatte Glick sein »Fasten für die Niederlage von Trump« angekündigt. In den ersten beiden Wochen nahm er nur Wasser und Vitamine zu sich, seit Beginn der vierten Woche auch wieder Früchte und Gemüse in verflüssigter Form. Denn seine Gesundheit riskieren will er auf keinen Fall.
Hungerstreiks sind für ihn nichts Neues. Sein erster dauerte 40 Tage. Das war »damals, vor langer Zeit«, sagt er, und seine Augen funkeln dabei, »im Sommer 1972 gegen den Vietnamkrieg«. Zwei Jahrzehnte später nahm er 42 Tage lang nur Wasser zu sich, um gegen die 500-Jahre-Christopher-Columbus-Feierlichkeiten der Regierung zu protestieren. Mit seinem dritten Hungerstreik - 25 Tage lang - verlieh er seiner Forderung nach einer Klimaschutzpolitik Nachdruck. Das war im Jahr 2007, als die Warnung vor einer Klimakatastrophe vom Mainstream noch als Spinnerei grüner Freaks abgetan wurde.
Glicks Hungerstreik gegen Trump ist sein vierter. »Mit 71 geht ein Hungerfasten nicht mehr so einfach«, sagt Glick. Deshalb lässt er sich seit Beginn der dritten Woche alle paar Tage von einem Arzt untersuchen. »Aufmerksam machen und politisches Bewusstsein herstellen« will Glick mit seiner Aktion. Das macht er über Interviews, die er interessierten Journalisten gibt, sowie über sein Hungerstreik-Tagebuch (https://tedglick.com/fasting-to-defeat-trump). Darüber hinaus verbringt er täglich vier Stunden damit, unsichere und Wechselwähler in denjenigen Staaten anzurufen, in denen es zwischen Trump und Biden Kopf an Kopf steht. Wie Tausende andere Freiwillige versucht er, Nicht-Wähler zum aktiven Wählen gegen Trump und für das Biden-Harris-Team zu motivieren. Das erfolgt über deren Wahlkampf-Webseite. Ted Glick ist über seinen Wohnort Bloomfield in New Jersey hinaus als linker Unruhestifter bekannt. 25 Mal wurde er bisher festgenommen, davon elf Mal in den vergangenen Jahren bei Protesten und zivilem Ungehorsam in Sachen Klimaschutz.
Bei den Demokraten, die den Bundesstaat dominieren, gilt er als Kauz - auch wegen seines Beharrens auf einer »ökosozialistischen Wende«, von der er schon vor 15 Jahren sprach. Er kandidierte 2002 auch gegen die Demokraten - und die Republikaner - für einen aussichtslosen Sitz als Senator auf der Wahlliste der Green Party. Der Drittpartei war Glick im Jahr 2000 beigetreten, als der Verbraucheranwalt Ralf Nader als deren Präsidentschaftskandidat antrat und große Resonanz hatte. Dessen Kundgebungen zogen Zehntausende von Interessierten an. Umfragen prognostizierten für Nader damals bis zu neun Prozent der Stimmen. Doch das Engagement vieler Linker in der Green Party endete katastrophal. Nader kam insgesamt nur auf 2,8 Prozent der Stimmen, und statt des Demokraten Al Gore wurde der rechte George Bush Präsident. »Das hat viele von uns zum Überdenken der Option Drittparteikandidat gezwungen«, sagt Glick heute. Er engagierte sich nach seiner Senatskandidatur auf regionaler Ebene für eine regulatorische Klima- und Umweltpolitik.
Begeistert war Glick, als wenige Jahre später der demokratische Sozialist Bernie Sanders das Thema aufgriff und damit die Demokratische Partei herausforderte, indem er den Laden von innen heraus aufzumischen versuchte. Die Präsidentschaftskandidatin der Green Party, Jill Stein, beleidigte das Sanders-Lager damals als »Schäferhunde für das Parteien-Duopol« und bezeichnete Demokraten wie Republikaner, Trump wie Clinton, als »gleichermaßen übel«. Damit war für Glick Schluss - »vergleichbar mit dem Fehler, den die KPD in der Weimarer Republik machte, als sie die Sozialdemokraten mit den Nazis gleichsetzte, als ›Sozialfaschisten‹«.
Wenn er heute Wahlkampf macht, dann »als Teil eines Bündnisses«, erklärt Glick. Priorität sei, Trump und möglichst viele Republikaner im Kongress abzuwählen. »Trumps Wiederwahl wäre eine riesige Gefahr für die bereits schwer beschädigten Ökosysteme, für People of Color und Niedrigverdiener, für unsere angeschlagene Demokratie«. Eine Biden-Regierung eröffne dagegen wieder politische Spielräume.
Bis Montag hatte Ted Glick 31 Pfund verloren. Am Wahltag wird er seinen Hungerstreik beenden und langsam wieder zur regulären Ernährung zurückkehren.
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