Hilfsbereitschaft statt Menschenfeindlichkeit

Ehrenamtler unterstützen in Berlin ankommende Geflüchtete aus Griechenland

  • Marina Mai
  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin hat seit dem Sommer 121 Flüchtlinge aus Griechenland aufgenommen. Dabei handelt es sich um kranke Kinder und ihre Kernfamilien. Weitere 21 werden noch in die Hauptstadt kommen. Wann genau, steht noch nicht fest, sagt Monika Hebbinghaus vom Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) dem »nd«. Untergebracht sind die Schutzsuchenden in einer Aufnahmeeinrichtung in Spandau. Wo genau, will der Senat nicht sagen, um sie vom Medienrummel abzuschotten. Als Nächstes müssen sie in Berlin erst einmal ihr Asylverfahren durchlaufen.

Weitere 126 Flüchtlinge aus Griechenland will Berlin über ein neues Bundesprogramm aufnehmen, das nach dem Brand auf Moria aufgelegt wurde. Sie haben in Griechenland ihr Asylverfahren bereits durchlaufen und kommen damit nicht direkt von den griechischen Inseln, sondern lebten zuletzt auf dem Festland. Die Regierung in Athen lehnt eine weitere Verteilung von Flüchtlingen direkt von den griechischen Inseln in andere EU-Staaten ab.

Die Unterbringung dieser zweiten Gruppe plant das LAF auf dem Tempelhofer Feld. »Vorausgesetzt, das Gesundheitsamt Tempelhof-Schöneberg erteilt dafür die Freigabe und Erlaubnis«, so Behördensprecherin Hebbinghaus. Das dortige Containerlager war bereits Ende 2019 freigezogen worden, weil nach der Volksabstimmung zum Tempelhofer Feld nur eine bis dahin befristete Wohnnutzung rechtens war. Die Container blieben aber stehen, weil sie nirgends gelagert werden konnten. Als im Sommer Tausende Berliner unter dem Motto »Wir haben Platz« für die Aufnahme von Flüchtlingen von den griechischen Inseln demonstrierten, erklärte sich Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) bereit, das dortige Tempohome wiederzubeleben.

24 000 Plätze in 83 Asylunterkünften gibt es in Berlin laut amtlicher Statistik von Ende September, davon sind 1500 Plätze frei. Angesichts der Blockadehaltung von Innenminister Hors Seehofer (CSU) wird das auf absehbare Zeit wohl auch so bleiben.

Die Bilder von den die schlimmen Lebensverhältnissen in den Camps auf den griechischen Inseln haben in Berlin zu einer neuen Welle von Hilfsbereitschaft gegenüber den Neuankömmlingen geführt. Die Fäden laufen beim Willkommensbündnis Steglitz-Zehlendorf und dem Kirchenkreis Spandau zusammen, bei dem sich seit der Gründung im Jahre 2014 Hunderte Ehrenamtliche engagieren.

Mehrere Ehrenamtler haben dort ihre Hilfe angeboten, um die Geflüchteten zu versorgen, erzählt Günther Schulze vom Willkommensbündnis dem »nd«. »Darunter sind 13 Ärzte und Psychotherapeuten.« Dazu kommen Menschen, die ehrenamtlich Fahrdienste oder Begleitung zu Behörden übernehmen. Gebraucht werden Schulze zufolge noch Sprachmittler für Farsi, Dari und Arabisch. Das Willkommensbündnis steht in Kontakt zur Leitung der Einrichtung, die insbesondere bei der gesundheitlichen Versorgung Unterstützungsbedarf sieht. »Diese selbstverständliche Bereitschaft zur Unterstützung ist ein deutliches Zeichen für die weiterhin große Solidarität mit den Menschen, die in bitterer Not ihre Heimat verlassen mussten und die bei uns Schutz und Perspektive suchen. Und nicht zuletzt auch ein Zeichen gegen Menschenfeindlichkeit«, so Schulze.

Behindert wird die Hilfsaktion allerdings durch die neuen Corona-Schutzmaßnahmen. So wurde eine Zusammenkunft der Arbeitsgruppe Asyl und Integration des Kirchenkreises Spandau in einer Kirchengemeinde letzte Woche kurzfristig coronabedingt abgesagt. Hier wollten erfahrene Ehrenamtler aus dem kirchlichen Spektrum mit der Leitung des Heimes ihre Hilfsangebote abstimmen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.