Aus dem Urwald ins Eismeer
Peter Freyer zum 100.
Er war äußerst vielseitig, glänzte als Dramaturg, Theaterintendant und Schriftsteller. Er war es, der Wolfgang Schreyers bekannten Roman »Das Grüne Ungeheuer« zu einer fünfteiligen populären und preisgekrönten Fernsehserie aufbereitete. Und er unterhielt langjährige freundschaftliche Kontakte zum Arzt und Philosophen Albert Schweitzer. Die Rede ist von Paul Herbert Freyer, geboren am 4. November 1920 im sächsischen Crimmitschau in einer Arbeiterfamilie.
Als Kind träumte Peter Freyer von der Seefahrt und fernen Ländern. Nach dem Schulbesuch heuerte der Sechzehnjährige bei der Handelsschifffahrt an und entzog sich derart der Naziwillkür und dem faschistischen Terror in Deutschland. Jahrelang auf hoher See, fasste er seine Erlebnisse und Erfahrungen in Zeitungsartikeln zusammen. Nach der Befreiung vom Faschismus zog es Freyer zum Theater. Ab 1947 wirkte er am Stadttheater seiner Geburtsstadt als Dramaturg. Mit Erfolg. Seine Dramen »Der Schauspieler Claude Lebrun« und »Der Pfad der Irrenden« brachten ihm Beachtung und Anerkennung ein. Er wurde Chefdramaturg in Gera und schließlich nach Berlin, an das Maxim-Gorki-Theater, gerufen. Mit dem Bühnenstück »Auf verlorenem Posten«, das in mehrere Sprachen übersetzt sowie in diversen Ländern aufgeführt wurde, protestierte er eindrucksvoll gegen den Kolonialkrieg Frankreichs in Indochina.
Freyer wagte sich ebenso an gesellschaftliche Probleme und Herausforderungen in der noch jungen DDR, thematisierte die Aufbauarbeit unter sozialistischen Vorzeichen und die anfänglichen Schwierigkeiten in den ersten LPG, den Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, so im Stück »Kornblumen«. Damit begab er sich allerdings auch auf politisches Glatteis. Freyer katapultierte sich regelrecht in die erste Reihe der Theaterschaffenden der DDR. 1955 als Intendant nach Plauen geschickt, wurde er ein Jahr später zum Generalintendanten des Städtischen Theaters in Karl-Marx-Stadt berufen. Das Haus, das früher zu den ersten Bühnen Deutschlands gehört hatte, war nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges im Neuaufbau begriffen, um sich zu einem Fünfspartenhaus zu entwickeln, das Oper, Schauspiel, Ballett, Philharmonie und Figurentheater vereint. Nebenbei war Freyer als Schriftsteller tätig. Nach einigen Jahren aufreibender Mehrfachbelastung sah er in der Schriftstellerei seine Zukunft. Deshalb reichte er 1960 seinen Rückzug aus seiner Funktion am Städtischen Theater ein.
Freyer zog nun nach Kleinmachnow bei Berlin. Neben abenteuerlicher Prosa wie »Ein Schiff wird gejagt« oder »Das Medaillon« verfasste er auch einige Sachbücher, etwa »Der Tod auf allen Meeren«, eine U-Boot-Geschichte oder ein Buch über »Rote Matrosen« bis hin zu einem Lebensbild von Albert Schweitzer, der zu seinem Idol wurde. Fasziniert von dessen Ethos und Engagement besuchte er ihn in dessen Urwaldkrankenhaus in Lambarene und organisierte mit dem Deutschen Roten Kreuz Spenden und Hilfsgüter für Schweitzers Hospital. Doch nicht nur in den Süden, auch in den hohen Norden zog es den wissbegierigen Literaten. Von einem Besuch der Nordpolarstation 19 im Eismeer brachte er für den Tierpark in Berlin ein verwaistes Eisbärenbaby mit.
Freyer, der witzigerweise unter anderem unter dem Pseudonym Flacon Chanel publizierte, war ein politisch interessierter und engagierter Mensch. Nicht von ungefähr hatte er sich Schreyers Tatsachenroman »Das grüne Ungeheuer« angenommen, der den 1954 von der CIA inszenierten Sturz von Jacobo Arbenz Guzman, des demokratisch gewählten Präsidenten Guatemalas, anklagte und zu einem der auflagenstärksten Bücher der DDR-Literatur avancierte und auch noch nach 1990 viele Nachauflagen erlebte. Freyers Drehbuch verfilmte seinerzeit Rudi Kurz im Auftrag der DEFA mit Jürgen Frohriep, Erik S. Klein und Eva-Maria Hagen, der späteren Mutter von Nina Hagen, in den Hauptrollen.
Freyer, der bis zuletzt publizistisch tätig war und sein sommerliches Refugium in Neuendorf auf Hiddensee hatte, starb am 13. August 1983. Seine letzte Ruhe fand er im Künstlerviertel des Berliner Zentralfriedhofes in Friedrichsfelde.
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