Der Tag begann mit einem Knall aus Bautzen

Oberverwaltungsgericht entscheidet: Querdenken darf in Leipzig protestieren

  • Nina Böckmann und Fabian Hillebrand
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Tag beginnt mit einer dicken Überraschung für alle, die glaubten, Szenen wie zuletzt in Berlin würden ihnen dank eines rigorosen Vorgehens der Leipziger Behörden erspart werden.

Trotz erheblicher Bedenken von Stadt und Polizei darf die Initiative «Querdenken» nun doch in der Leipziger Innenstadt gegen die Corona-Maßnahmen demonstrieren. Das Oberverwaltungsgericht Bautzen (OVG) hatte entschieden, dass eine Kundgebung mit 16 000 Menschen auf dem Augustusplatz stattfinden darf, teilte die Stadt am Samstagmorgen mit.

Lesen Sie auch: Kein Recht auf Ansteckung. Fabian Hillebrand über die Querdenker-Proteste in Leipzig.

Der Pressesprecher der Stadt Leipzig, Matthias Hasberg, zeigte sich gegenüber «nd» angeknartscht: «Das ist doch niemandem zu erklären, dass sich nur zwei Haushalte in der Öffentlichkeit treffen dürfen, aber 16.000 Menschen ohne Abstand demonstrieren, äußerte er seinen Unmut. Halte man die vorgeschrieben Abstände von 1,5 Meter ein, komme man auf maximal 5000 Menschen für den Augustusplatz. Eine Begründung der Entscheidung will das Oberverwaltungsgericht nach Angaben der Stadt in den kommenden Tagen nachreichen.

Am Freitagabend hatte das Verwaltungsgericht im Eilverfahren die Auflagen der Stadt zunächst bestätigt. Die Stadt wollte die Kundgebung auf die Parkplätze der Neuen Messe verlegen - etwa neun Kilometer vom Zentrum entfernt. Am Samstagmorgen kippte das OVG die Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

Die sächsische Bundestagsabgeordnete Monika Lazar sagt gegenüber »nd«, sie könne die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht nachvollziehen: »Demonstrationsfreiheit ist zurecht ein hohes Gut. Die Versammlung von «Querdenken» hätte aber ohne Probleme auf der Neuen Messe stattfinden können.«

Der Morgen begann mit einem Autokorso der »Querdenker« im Osten der Stadt. Von den versprochenen 50 Traktoren war nur einer anwesend. Der Großteil der Fahrzeuge war mit »Love wins«-Flaggen bestückt - Erkennungszeichen der Qanon-Verschwörungsgläubigen.

Der Korso wurde rasch gestoppt. Eine Sitzblockade sorgte dafür, dass dieser das Gelände der alten Messe aktuell nicht verlassen kann. Auch an anderen Stellen der Stadt gab es Blockaden von linken Gegendemonstrant*innen.

Für den weiteren Verlauf des Tages sind insgesamt 27 Demonstrationen, Versammlungen und Kundgebungen in Leipzig angekündigt. Die Leipziger Polizei wird von der sächsischen Bereitschaftspolizei, von Einsatzkräften aus acht Bundesländern sowie der Bundespolizei und dem Landeskriminalamt unterstützt.

Bereits am Freitagabend hatten sich in Leipzig rund 200 Menschen auf dem Marktplatz versammelt. Sie meldeten laut Polizei eine spontane Demonstration an, auf der sie gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen protestierten. Viele Teilnehmer trugen keine Masken und hielten auch den Mindestabstand nicht ein.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -