Schützenhilfe aus Berlin
Trotz Konflikts in der Ägäis rüstet Deutschland türkische Marine auf
Die Türkei kann bei ihrer Aggressionspolitik im östlichen Mittelmeer auch auf Kriegsgerät zurückgreifen, das aus Deutschland geliefert wurde. Aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linke-Abgeordneten Sevim Dagdelen geht hervor, dass die Bundesregierung seit dem Jahr 2002 für den Bau, die Bewaffnung oder die technische Ausrüstung von Kriegsschiffen der türkischen Marine Exporte im Wert von 522 Millionen Euro genehmigt hat. Die Nachrichtenagentur dpa hatte zuerst darüber berichtet.
Sechs U-Boote der Klasse 214 werden in der Türkei unter maßgeblicher Beteiligung des Konzerns ThyssenKrupp Marine Systems montiert. Die Bundesregierung hatte die Lieferung von Bauteilen 2009 genehmigt und den Export mit einer sogenannten Hermes-Bürgschaft von 2,49 Milliarden Euro abgesichert.
Deswegen handelt sich die Bundesregierung nun Ärger mit dem griechischen Kabinett ein. Denn die Türkei hatte erst kürzlich ihre Gas-Erkundungsmission im Mittelmeer erneut verlängert. Das Forschungsschiff »Oruc Reis« werde die Mission bis zum 14. November fortsetzen, teilte die türkische Marine Anfang dieses Monats mit. Seit der Entdeckung reicher Gasvorkommen in der Region gibt es heftigen Streit um deren Ausbeutung. Sowohl die EU-Mitglieder Griechenland und Zypern als auch die Türkei erheben Anspruch auf die betreffenden Seegebiete. Die Regierungen Griechenlands und der Türkei schickten in den vergangenen Monaten auch Kriegsschiffe in die Region.
»Griechenland wird durch deutsche Waffen in den Händen der Türkei bedroht«, sagte der griechische Außenminister Nikos Dendias in einem am Sonntag veröffentlichen Interview der »Welt am Sonntag«. »Gebt der Türkei nicht etwas, womit sie das gesamte östliche Mittelmeer destabilisieren kann.« Eine Reaktion aus Berlin steht noch aus. »Wer wie Kanzlerin Angela Merkel und Außenminister Heiko Maas weiter Waffen an die Türkei liefert, sollte das Wort europäische Solidarität nicht mehr in den Mund nehmen«, kritisierte Dagdelen.
Bisher unterbindet die Bundesregierung offiziell lediglich den Export von Rüstungsgütern an die Türkei, die im Syrien-Krieg eingesetzt werden können. Denn die Koalition in Berlin war heftig unter Druck geraten, als Bilder mit Leopard-Panzern öffentlich wurden, welche das türkische Militär bei ihrem Angriffskrieg in kurdischen Gebieten auf syrischem Territorium einsetzte. Die türkische Offensive hatte im Oktober vergangenen Jahres begonnen. Allerdings gibt es auch Zweifel daran, dass die Bundesregierung bei ihrem teilweisen Rüstungsexportstopp die Wahrheit sagt. In den neuneinhalb Monaten zwischen dem Oktober 2019 und Juli dieses Jahres wurden Genehmigungen für Lieferungen im Wert von 25,9 Millionen Euro erteilt. Darunter waren aber nach Angaben der Bundesregierung keine Kriegswaffen. Die Lieferung von Gütern für den »maritimen Bereich« wird von der Bundesregierung weiter genehmigt. Kommentar Seite 8
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