Die Antworten von Reisebüros machen mitunter sprachlos«
Verbraucherschützer kämpfen mit Beschwerdeflut gegen Reisefrust
Geplatzte Reisepläne, annullierte Flüge und Streit um Stornogebühren: In der Coronakrise sind die Anfragen bei den Verbraucherschützern bundesweit massiv gestiegen. So sind beispielsweise in der Verbraucherzentrale Niedersachsen pro Woche allein am Telefon und per Video bis zu 700 Beratungsgespräche angefallen - in Spitzenzeiten während des Lockdowns sogar 1000 pro Woche.
Dabei konnten allerdings nicht alle Anfragen beantwortet werden, und zwar aus personellen Gründen und weil die Sachverhalte oft neu und die Fälle juristisch anspruchsvoll waren. Viele Beratungen seien nicht in wenigen Minuten abzuhandeln.
Vor allem Pauschalreisen, Hotels und Unterkünfte, Flüge oder Laufzeitverträge in Fitnessstudios waren laut Verbraucherzentrale die Top-Beratungsthemen zwischen März und September. Vor der Krise bestand vor allem in Sachen Telefon und Internet sowie rund um den Mobilfunk Beratungsbedarf.
Im Streit mit der Reise- und Veranstaltungsbranche gehe es um hohe Summen, die die Anbieter teils unrechtmäßig einbehielten. Bei den Verbrauchern sei der Frust über das unanständige Geschäftsgebaren deutlich zu spüren gewesen, sagt Petra Kristandt. Geschäftsführerin der Verbraucherzentrale Niedersachsen.
Beispiel Pauschalreise: Im November 2019 habe ein niedersächsischer Verbraucher für September 2020 eine Pauschalreise nach Mallorca gebucht. Nach der erneuten Reisewarnung für die Balearen habe er kostenlos stornieren wollen, der Anbieter lehnte aber ab mit der Begründung, die Corona-Pandemie zähle zum »allgemeinen Lebensrisiko«, steigende Infektionszahlen seien kein außergewöhnliches Ereignis mehr. Die Verbraucherzentrale beurteilte das als absurd und falsch. Die Rechtslage sei eindeutig: Die Reise müsse kostenlos storniert werden.
Beispiel Kreuzfahrten: Ein Kunde habe in einem Reisebüro in Salzgitter für August 2020 eine dreitägige Kreuzfahrt gebucht. Im Juni sagte er die Fahrt wegen Reisewarnung für den Zeitraum ab. Der Kreuzfahrtanbieter verlangte dennoch 100 Prozent Stornokosten.
Das Reisebüro habe dem Kunden erklärt: »Das Problem bei der Ausübung eines Rücktrittsrechtes ist immer, dass der, der sein Geld zurückhaben will, das notfalls gerichtlich einfordern muss.« Die Antwort mache sprachlos, so die Verbraucherschützer.
Anfrageflut durch umgestellte kostenlose Telefonberatung
Die Telefonberatung sei seit Dezember 2019 von kostenpflichtig auf kostenlos umgestellt worden. Damit stieg die Zahl telefonischer Beratungen von 200 im Monat auf 200 pro Woche. Die meisten Beratungsgespräche (36 Prozent) drehten sich um das Verbraucherrecht, um Probleme mit Handwerkern und Kundendiensten sowie Rechtsfragen zu Reklamationen.
23 Prozent der Fragen betrafen das Internet und Telefon. Ein typischer Fall: Ein Verbraucher bekommt deutlich überhöhte Mobilfunkrechnungen für das Smartphone seiner Tochter, darunter Drittanbieterforderungen für Spiele über rund 1400 Euro.
Aber die Eltern haben keinen Vertrag mit dem Spieleanbieter abgeschlossen. Minderjährigen ein Handy zu überlassen, bedeute nicht automatisch die Erlaubnis, Käufe damit abzuwickeln. vzn/nd
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