Entsetzen über »Pegida«-Demonstration in Dresden am 9. November

Rechtsextremist Andreas Kalbitz trat als Redner auf / Antifaschisten sprechen von einer »widerwärtigen Provokation« / Gedenken in Chemnitz gestört

  • Lesedauer: 4 Min.

Dresden. Zwei Tage nach der eskalierten »Querdenken«-Demo in Leipzig haben auch Redner der islamfeindlichen und rassistischen Pegida-Bewegung in Dresden die von Bund und Ländern beschlossenen Corona-Maßnahmen kritisiert. Anders als in Leipzig, wo die Kundgebung mit mehr als 20.000 Menschen aus dem Ruder lief und massive Verstöße gegen die Hygieneregeln registriert wurden, hielten sich die Teilnehmer in Dresden bis auf wenige Ausnahmen an die Vorgaben, wie ein Sprecher der Polizei am Montagabend mitteilte.

Die Beamten hatten an den Zugängen zur Veranstaltung auf dem Altmarkt kontrolliert und auf die Maskenpflicht hingewiesen. Bei wenigen hundert Teilnehmern blieb das Geschehen übersichtlich. Hauptredner war der frühere brandenburgische AfD-Politiker Andreas Kalbitz. Er wird vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist eingestuft.

Bei der Versammlung zeigten Teilnehmer nach Polizeiangaben ein Plakat mit einem durchgestrichenen Hakenkreuz. »Das Transparent wurde sichergestellt und wird nun strafrechtlich geprüft«, teilte die Polizei Sachsen am Montagabend auf Twitter mit. In einer Polizeimitteilung hieß es, es sei zudem ein Ermittlungsverfahren wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen eingeleitet worden.

Auf einem Foto, auf das sich auch die Polizei Sachsen in ihrem Tweet bezog, war ein Plakat abgebildet, auf dem ein Hakenkreuz zu erkennen war. Die Linien, mit denen es durchgestrichen war, waren hingegen sehr dünn und weniger deutlich zu erkennen. Zeugenaussagen zufolge habe zudem am Montagabend ein Mann, der auf der Demo war, danach den Hitlergruß gezeigt.

Die Demonstration von Pegida war heftig kritisiert worden, weil sie auf den 82. Jahrestag der Pogromnacht fiel. Bei den Novemberpogromen in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 hatten Nationalsozialisten in ganz Deutschland Synagogen, jüdische Geschäfte und Wohnungen in Brand gesetzt. Sie misshandelten, verschleppten und ermordeten jüdische Bürger. »Es ist absolut geschmacklos und geschichtsvergessen, dass an einem Tag wie dem 9. November eine Pegida-Demonstration in Dresden nicht nur abgehalten wird, sondern auch durchgeführt werden darf«, erklärte Landesrabbiner Zsolt Balla.

Die Jüdische Gemeinde Dresden hatte bereits am Sonntagabend »mit großer Fassungslosigkeit und voller Empörung« auf die geplante Veranstaltung am 82. Jahrestag der antijüdischen Novemberpogrome reagiert. Es dürfe nicht unwidersprochen bleiben, »dass erneut Hass und Hetze auf öffentlichen Plätzen Dresdens verbreitet werden dürfen«, erklärte die Gemeinde.

Der Dresdner SPD-Chef Albrecht Pallas bezeichnete den Auftritt von Kalbitz als »widerwärtige Provokation«. Die FDP kritisierte, dass Dresden Pegida mit dem Altmarkt einen zentralen Platz einräume, während gleichzeitig die städtisch organisierten Gedenkveranstaltungen zum 9. November wegen der Corona-Pandemie »auf ein kaum noch erkennbares Maß zurückgefahren« wurden.

Auch Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) erklärte, es sei »nur schwer erträglich, wenn rechtsradikale Parolen und Hetze auf Demonstrationen an diesem Tag verbreitet werden«. Jedoch böten weder das Grundgesetz noch das sächsische Versammlungsrecht eine Grundlage, »das Recht auf Versammlungsfreiheit an diesem in der deutschen Geschichte so schicksalhaften Tag einzuschränken«.

Nach Angaben der Stadtverwaltung gibt es keine gesetzliche Grundlage, das Versammlungsrecht für Pegida einzuschränken. »Auch nicht an solchen Tagen wie dem 9. November, der von vielen als unpassend empfunden wird«, sagte Stadtsprecher Kai Schulz auf Anfrage.

Chemnitzer Gedenkveranstaltung zu Novemberpogromen gestört

Bei einer Gedenkveranstaltung zu den Novemberpogromen von 1938 ist es am Montag zu Störungen gekommen. Nach Angaben des Chemnitzer Bündnisses »Aufstehen gegen Rassismus« soll dabei die Versammlungsleiterin von zwei Männern angegriffen worden sein. Auf Twitter schrieb das Bündnis: »Gerade erfolgte ein Angriff auf unsere Versammlungsleiterin durch zwei Männer am Gedenken in Chemnitz weit und breit keine Polizei.«

Auf Anfrage bestätigte ein Sprecher der Polizei am Dienstag den Übergriff auf die Frau. Nach ersten Erkenntnissen sollen zuvor mehrere Personen die Veranstaltung am Chemnitzer Marx-Monument gestört haben. Nachdem die Personen versuchten die Veranstaltung mit ihren Handys zu filmen kam es, so ein Sprecher der Polizei, zu einer Rangelei. Die Versammlungsleiterin des Bündnisses wurde laut Polizei nicht verletzt. Die Polizei nahm noch vor Ort eine Anzeige wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung auf, so der Sprecher der Polizei. Agenturen/nd

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