Was kommt nach der Frustration?

HEISSE ZEITEN - DIE KLIMAKOLUMNE

  • Elena Balthesen
  • Lesedauer: 4 Min.

In letzter Zeit fällt es mir schwer, meinen Ärger über klimapolitische Nachrichten richtig rauszulassen oder mich - die Anlässe sind zugegebenermaßen selten - zu freuen. Zum Beispiel nach dem Wahlsieg von Joe Biden über Donald Trump in den USA. Klar, erst mal war ich erleichtert, dass der künftige Präsident der USA zumindest kein Klimaleugner ist. Aber ich habe auch gleich alles wieder negativ gesehen. Denn Bidens Politik wird das Klima nicht retten.

Ein kritischer Blick darauf ist nichts Schlechtes. Fortschritte anzuerkennen aber auch nicht. Dieser Ausgleich ist wichtig für uns als Bewegung - und wir vernachlässigen ihn. Vor zwei Jahren, als Fridays for Future gerade entstand, war das anders. Es war ein impulsiver, aufbruchsreicher Anfang. Es war noch keine Grundstruktur da, aber die ersten Demos liefen schon, weltweit vernetzt. Eine Jugend steht auf, so habe ich mich gefühlt.

Elena Balthesen
verabschiedet sich mit diesem Text als Klimakolumnistin. 

Jetzt stehen wir also. Fridays for Future ist in Deutschland eine etablierte politische Kraft, die maßgeblich Diskussionen prägt. Wir gehören dazu.

Gleichzeitig ist wegen der Corona-Pandemie das massenhafte Streiken weggefallen. Das ist aber genau die Grundlage, die uns stark gemacht hat und die gerade wegzubrechen droht. Fridays for Future, das sind Hunderte Ortsgruppen, die sowohl lokal als auch überregional Druck machen.

Auch für mich persönlich hat sich das Gefühl verändert, besonders in letzter Zeit. Manchen geht es da anders, von vielen habe ich aber Ähnliches gehört. Wenn wir an verschiedenen Stellen Einfluss nehmen oder coole Aktionen hinbekommen, fühle ich mich empowert und motiviert. Das ist in letzter Zeit aber selten passiert.

Natürlich laufen bei Fridays for Future weiter Kampagnen, vor allem online, und immer mal wieder kleinere Aktionen auf der Straße - sofern das die gesundheitliche Lage zulässt. Aber die starke Offline-Präsenz fehlt. Einerseits ist sie nach außen eindrucksvoller und andererseits stärkt sie uns als Bewegung, als Gemeinschaft. Es ist schon länger her, dass ich auf eine Aktion intensiv hingearbeitet habe und daraus noch monatelang Kraft schöpfen konnte. Die letzte richtige Großdemo war vor einem knappen Jahr, am 29. November 2019. Damals hatte ich das Gefühl, etwas zu bewegen.

Der soziale Kontakt mit anderen Aktivist*innen ist dafür natürlich maßgeblich. Denn politisch ist trotzdem so gut wie nichts passiert, auch wenn sich die Debatte in der Öffentlichkeit verschoben, der Zuspruch für Klimaschutz verstärkt hat.

Wir haben schon früher über die richtige Strategie diskutiert, aber wegen Corona liegt die Entscheidung teilweise nicht in unserer Hand. Bei manchen meiner Mitstreiter*innen führt das zu einer Radikalisierung, anderen fehlt die Kraft, weiter aktiv zu sein. Beides verstehe ich sehr gut; auch ich schwanke immer wieder in eine der beiden Richtungen.

Warum ich noch bei Fridays for Future bin? Ich glaube, dass es weiterhin keine andere Bewegung gibt, die so eine Kraft hat und als Stimme der Jugend beim politischen Geschehen gehört wird. Und auch um andere Gruppen und Organisationen zu stützen, gemäßigte wie radikale, braucht es uns. Auch wenn sich jetzt die Frustration breit macht, weil die politisch Verantwortlichen keine Fortschritte liefern, und wir diese nicht lautstark und massenhaft auf der Straße einfordern können: Wir müssen jetzt Wege finden, über diesen Berg zu kommen.

Auf der positiven Seite: Viele Aktivist*innen haben in den letzten Jahren unglaublich viel geleistet und gelernt. Die Bewegung bietet jungen Menschen einen Einstieg in den Aktivismus. Auch meine Politisierung hat vor knapp zwei Jahren hier angefangen.

Jede Bewegung erlebt Durststrecken. Wir müssen den Coronawinter überstehen. Dann haben wir die Möglichkeit, wieder groß zu werden. Solange heißt es: dranbleiben und Aktionen machen, wo es geht und zu verantworten ist. Wenn man eine Pause braucht, ist es gut, sich die zu nehmen - und momentan mehr als verständlich. Wir müssen nachhaltig mit unseren Ressourcen umgehen, auch mit den aktivistischen.

Zurzeit sieht man es vielleicht weniger beim Freitagsstreik als im Dannenröder Wald: Die Klimabewegung ist kraftvoll. Das dürfen wir nicht vergessen.

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