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+++ Biontech und Pfizer beantragen US-Zulassung für Corona-Impfstoff +++

Der Newsblog zur Coronakrise - Freitag, 20. November 2020: +++ Internationaler Streit um Patente spitzt sich zu +++ Zuschuss für Studierende in akuter Notlage +++ Schäuble lässt nach Störungen im Bundestag rechtliche Konsequenzen prüfen +++

  • Lesedauer: 7 Min.

+++ Biontech und Pfizer beantragen US-Zulassung für Corona-Impfstoff +++

Das Mainzer Unternehmen Biontech und der US-Pharmariese Pfizer haben bei der US-Arzneimittelbehörde FDA eine Notfallzulassung für ihren Corona-Impfstoff beantragt. Das berichteten beide Firmen am Freitag in einer gemeinsamen Mitteilung. Die Lieferung des Impfstoffs namens BNT162b2 könnte Ende dieses Jahres beginnen, sollte es eine Genehmigung geben, hatte Biontech bereits mitgeteilt. Biontech und Pfizer sind die ersten westlichen Hersteller, die vielversprechende Studienergebnisse veröffentlicht und eine Notfallzulassung bei der FDA beantragt haben.

Zuvor hatten die Unternehmen bekanntgegeben, dass die Impfung einen 95-prozentigen Schutz vor der Krankheit Covid-19 biete. Das Vakzin funktioniere über alle Altersgruppen und andere demografische Unterschiede hinweg ähnlich gut und zeige praktisch keine ernsten Nebenwirkungen, hatten die Firmen nach Abschluss letzter Analysen mitgeteilt.

Die FDA muss den Antrag nun prüfen. Wie lange das dauern könnte, war zunächst unklar. US-Experten zeigten sich aber zuversichtlich, dass es noch vor Jahresende ein Ergebnis der Prüfung geben könnte. Für Corona-Impfstoffe gilt wegen der besonderen Dringlichkeit ein beschleunigter Zulassungsprozess.

Bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMA und in weiteren Ländern reichen Biontech und Pfizer bereits permanent Daten ein. Mit diesem rollierenden Verfahren können Hersteller schon vor dem kompletten Zulassungsantrag einzelne Teile zu Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit eines Präparats weitergeben. Einen kompletten Zulassungsantrag wie bei der FDA haben sie bei der EMA jedoch noch nicht gestellt. Bereits in der zweiten Dezemberhälfte könnte ein erster Impfstoff in Europa jedoch zugelassen werden, sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Donnerstag unter Bezug auf Informationen der EMA.

Nach einer Zulassung sollen die vorhandenen Dosen nach Unternehmensangaben »fair« verteilt werden. Es werde nicht »ein Land alles erhalten«. Deutschland und die EU haben bereits einen Rahmenvertrag über den Kauf von 300 Millionen Dosen des Impfstoffs von Biontech und Pfizer abgeschlossen.

Neben Biontech/Pfizer arbeiten derzeit auch mehrere andere Pharmafirmen in fortgeschrittenem Stadium an Corona-Impfstoffen, darunter Johnson&Johnson, Astrazeneca und Sanofi-GSK. Länder wie Russland, China und kürzlich erst Bahrain haben bereits Impfstoffe mit Einschränkungen freigegeben und impfen damit bereits Teile der Bevölkerung. Wie gut diese Impfungen tatsächlich schützen und welche Nebenwirkungen sie haben können, ist allerdings derzeit weitgehend offen.

+++ Globale Gesundheit: Streit um Patente spitzt sich zu +++

Der Streit zwischen armen und reichen Ländern über eine mögliche Lockerung des Patentschutzes für Impfstoffe und Medikamente gegen Covid-19 spitzt sich zu. Die Initiative von Indien und Südafrika finde immer mehr Zuspruch in der Welthandelsorganisation (WTO), hieß es am Freitag aus diplomatischen Kreisen in Genf.

In dem zuständigen Ausschuss hätten sich nun auch folgende WTO-Mitglieder offen auf die Seite der Befürworter gestellt: Kenia, Eswatini (Swasiland), Mosambik, Pakistan, Sri Lanka, Tunesien, Indonesien, Ägypten, Kuba, Venezuela, Nigeria, Bangladesch, Jamaika und Tansania, das für die Afrikanische Gruppe sprach. Andere Länder wie China, Mexiko und die Türkei begrüßten grundsätzlich die Idee, verlangten aber zusätzliche Klärungen. Die Hilfsorganisation »Ärzte ohne Grenzen« gab an, dass rund 100 Länder die Initiative gutheißen.

In dem WTO-Ausschuss machten jedoch die USA, die EU, Japan, Kanada und die Schweiz klar, dass sie mit dem Plan nicht einverstanden sind. Sie betonten, dass ineffektive und unterfinanzierte Gesundheitssysteme sowie Kapazitätsgrenzen in der Pharma-Industrie die Hauptprobleme bei der Bereitstellung der Medikamente seien. Eine Entscheidung in dem Streit könnte noch im Dezember im Allgemeinen Rat der WTO fallen, in dem jedes der 164 WTO-Mitglieder prinzipiell ein Vetorecht hat.

Wird die Initiative angenommen, wäre es allen Ländern erlaubt, die Durchsetzung des Rechts auf geistiges Eigentum an medizinischen Produkten zur Bekämpfung der Corona-Pandemie auszusetzen. Ziel ist, armen Ländern zu günstigen Medikamenten, Impfstoffen und Diagnosemitteln zu verhelfen. Ähnlich wurde auch vor 20 Jahren bei der Bekämpfung von HIV/Aids verfahren, als das Patentschutzabkommen Trips gelockert wurde. Dadurch seien durch Generika viele Menschenleben gerettet worden, betonte »Ärzte ohne Grenzen«.

+++ BMBF unterstützt Studierende im gesamten Wintersemester weiter mit BAföG, Zuschüssen und zinsfreien Studienkrediten +++

Die Eindämmung des Coronavirus - und der erneute Herbst-Anstieg

Aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Corona-Pandemie setzt das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Zuschusskomponente der Überbrückungshilfe für Studierende in pandemiebedingter Notlage für den November und darüber hinaus bis zum Ende des Wintersemesters ab heute wieder ein. Dazu erklärt Bundesbildungsministerin Anja Karliczek: »Wir lassen die Studierenden in dieser Pandemie nicht allein. Wir werden die bereits aus dem Sommer bekannten Zuschüsse als Teil der Überbrückungshilfe für Studierende in pandemiebedingter Notlage erneut anbieten - und das bis zum Ende des Wintersemesters. Damit wollen wir Studierenden helfen, deren Erwerbsmöglichkeiten oder die Unterstützung ihrer Eltern durch die beschlossenen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie vorübergehend wegfallen.«

+++ Mehr als neun Millionen Corona-Fälle in Indien +++

Indien hat am Freitag die Marke von neun Millionen Corona-Fällen überschritten. Das südasiatische Land verzeichnete 45.882 Neuinfektionen binnen 24 Stunden, wie die Zeitung »Indian Express« meldete. Die Zahl der Corona-Infektionen lag damit bei 9.004.365, während die Zahl der Todesfälle durch Covid-19 auf 132.162 stieg. Indien ist nach den USA das zweite Land der Welt, das mehr als neun Millionen Corona-Fälle verzeichnet.

Indien hatte jedoch in den vergangenen Wochen einen stetigen Rückgang der Neuinfektionen verzeichnen können. Dennoch steigen die Fälle in der Hauptstadt Neu-Delhi und in anderen Hotspots des Landes. Am Donnerstag vervierfachte die Regierung in der Hauptstadt das Bußgeld für Masken-Verweigerer. Wer in der Öffentlichkeit keine Mund-Nasen-Bedeckung trägt, muss 2.000 indische Rupien (knapp 23 Euro) Strafe zahlen - eine beträchtliche Summe in einem Land, wo der durchschnittliche Tagesverdienst bei etwa 4 Euro liegt.

Nach dem Ende des hinduistischen Lichterfestes Diwali befürchten Indiens Behörden einen erneuten Anstieg der Corona-Ansteckungen in den kommenden Wochen. Zur Vorbereitung des religiösen Festivals Mitte November hatten sich Tausende Menschen auf Märkten und in Einkaufszentren gedrängt, um Geschenke einzukaufen.

+++ Schäuble lässt nach Störungen im Bundestag rechtliche Konsequenzen prüfen +++

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) erwägt nach den Störungen durch Besucher am Rande der Debatte über das Infektionsschutzgesetz juristische Schritte gegen die Beteiligten. Er habe die Verwaltung gebeten, »alle rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen, gegen die Täter und diejenigen vorzugehen, die ihnen Zugang zu den Liegenschaften des Bundestages verschafft haben«, heißt es in einem Schreiben Schäubles an alle Abgeordneten. Es liegt der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vor.

Während der Bundestagsdebatte waren am Mittwoch auf den Fluren des Reichstagsgebäudes Abgeordnete von Besuchern bedrängt, belästigt, gefilmt und beleidigt worden. Dies passierte unter anderem Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und dem FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle. Aus einem Sicherheitsbericht der Bundestagspolizei geht hervor, dass die insgesamt vier Besucher von den drei AfD-Abgeordneten Udo Hemmelgarn, Petr Bystron und Hansjörg Müller eingeladen worden waren.

Schäuble wertete das Geschehen als »ernste Vorfälle« und schrieb: »Sie haben unter Kolleginnen und Kollegen sowie bei Mitarbeitern vielfältige Befürchtungen und Ängste ausgelöst und können eine Atmosphäre schaffen, die einer freien und offenen Diskussion entgegensteht. Das dürfen wir im Deutschen Bundestag nicht zulassen.«

An diesem Freitag wird sich der Bundestag in einer Aktuellen Stunde mit den Vorfällen befassen. Sie wurde von CDU/CSU und SPD beantragt.

+++ Bundeswehr in zwei Drittel aller deutschen Gesundheitsämter tätig +++

In zwei Drittel aller deutschen Gesundheitsämter ist die Bundeswehr derzeit im Corona-Einsatz. »Schwerpunkte sind im Augenblick die Länder Nordrhein-Westfalen, Bayern und Sachsen«, sagte Oberstleutnant Eric Gusenburger, Sprecher der Bundeswehr Sachsen, der Deutschen Presse-Agentur. Allein in Sachsen unterstützten 500 Soldatinnen und Soldaten die Gesundheitsämter, Krankenhäuser und Pflegeheime. Hauptaufgaben sind die Kontaktnachverfolgung und Hilfe bei der Pflege. Zudem sind Teams unterwegs, um Abstriche zu nehmen. In fünf Krankenhäusern im Landkreis Görlitz leistet ein Sanitätsregiment Amtshilfe in fünf Krankenhäusern und ist mit Kranken- und Intensivpflegern sowie medizinischen Rettungssanitätern vor Ort. Schwerpunkte sind in Sachsen die Landkreise Bautzen und Görlitz.

Bundesweit helfen den Angaben zufolge rund 7700 Soldatinnen und Soldaten bei der Bekämpfung der Pandemie. Allerdings seien die Zahlen wie die Schwerpunkte der Einsätze dynamisch, weil sich Entwicklungen schnell ändern könnten, so Gusenburger.

+++ Mehr als 23.600 Corona-Neuinfektionen in Deutschland gemeldet +++

Die Zahl der täglich verzeichneten Neuinfektionen mit dem Coronavirus in Deutschland hat einen neuen Rekordstand erreicht: Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete am Freitagmorgen unter Berufung auf Angaben der Gesundheitsämter 23.648 Neuinfektionen binnen eines Tages. Das waren mehr als tausend Fälle mehr als am Vortag. Die Zahl der Todesfälle stieg den Angaben zufolge um 260 auf insgesamt 13.630.

Insgesamt wurden seit dem Beginn der Pandemie in Deutschland laut den jüngsten Zahlen des RKI 879.564 Infektionen registriert. Die Zahl der Genesenen lag bei etwa 579.100. Agenturen/nd

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