Eurogruppe reformiert ESM
Rettungsschirm soll ab 2022 auch bei Bankenpleiten einspringen
Die Eurogruppe macht sich offenbar für eine mögliche neue Finanzkrise bereit. Am Montagabend einigten sich die Finanzminister auf eine Reform des Eurorettungsschirms ESM. Mit der Vereinbarung werde die Währungsunion »noch robuster gegenüber den Attacken von Spekulanten«, erklärte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) nach einer Videokonferenz mit seinen Kollegen am Montagabend. Im Zentrum der Reform steht ein sogenannter Backstop. Er besagt, dass notfalls der ESM-Rettungsschirm herangezogen werden kann, um marode Banken vor der Pleite zu schützen. Dies soll schon ab 2022 möglich sein - zwei Jahre früher als ursprünglich geplant.
Die Reform des ESM lag schon seit vergangenem Jahr ausgearbeitet auf dem Verhandlungstisch. Der Rettungsschirm ist 2012 im Zuge der Eurokrise geschaffen worden und löste die vorher eilig aus dem Boden gestampfte Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) ab. Mit einem Kapital von 705 Milliarden Euro soll der ESM im Zuge von Krisen in Finanzschwierigkeiten geratene Euroländer unter die Arme greifen. Eine Kritik dabei ist, dass die Finanzhilfen mit Reformauflagen verbunden sind. Derartige Auflagen verschärften zum Beispiel in Griechenland die soziale und ökonomische Krise noch.
Im Zuge der Reform soll der ESM künftig enger mit der EU-Kommission zusammenarbeiten und notleidende Staaten im Falle von Krisenprogrammen genauer überwachen können. Doch ganz durch ist die Reform des ESM noch nicht. Sie muss noch von den 19 Mitgliedern ratifiziert werden. Laut ESM-Chef Klaus Regling dürfte dies rund ein Jahr dauern. Zunächst soll aber im Januar der neue ESM-Vertrag unterzeichnet werden.
Notwendig ist der nun beschlossene Backstop, weil der ebenfalls im Zuge der Eurokrise geschaffene Bankenabwicklungsfonds SRF, der aus Beiträgen der Kreditinstitute gespeist wird, im Falle einer Krise vermutlich zu klein sein wird. »Der europäische Bankenabwicklungsfonds allein ist zu klein, um glaubhaft mit gleich mehreren Banken in Schieflage umgehen zu können«, schätzt der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold. Deswegen sei die Schaffung einer Absicherung durch den ESM »grundsätzlich eine gute Idee«. Doch übt Giegold auch Kritik an der Ausgestaltung: »Der Backstop ist zu klein, zu unpraktisch, zu unverbindlich.« Viel Glaubwürdigkeit werde dadurch verspielt, dass jeder Einsatz erst vom Großteil der Eurogruppe genehmigt werden muss. »Die großen Länder wie Deutschland besitzen ein faktisches Vetorecht«, so Giegold. Im Ernstfall würden die Finanzmärkte so weiter auf die Pleite von Banken wetten. »Eine echte Antwort, wie mit einer möglichen Corona-Bankenkrise umgegangen werden soll, bleibt auch die Eurogruppe heute schuldig«, sagt Giegold.
Dabei halten viele Ökonomen eine Bankenkrise im Zuge der Coronakrise für möglich. Wenn in den kommenden Jahren Hilfsprogramme auslaufen und sich Firmenpleiten häufen, werden auch Kredite nicht mehr bedient, die die Banken dann abschreiben müssen.
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