Streit um Steuerfreibetrag: Urenkel sind keine Enkel

Steuerrecht zur Schenkung

  • Lesedauer: 3 Min.

Das geht aus einem Urteil des Bundesfinanzhofs hervor, veröffentlicht am 22. Oktober 2020.

Im Streitfall hatte eine Urgroßmutter in Nordrhein-Westfalen ihren zwei Urenkeln ein Haus geschenkt. Dort wohnte noch die Tochter, Großmutter der Urenkel, die deshalb ein lebenslanges Nießbrauchsrecht erhielt. Bei der Berechnung der Schenkungsteuer berücksichtigte das Finanzamt für jeden Urenkel einen Freibetrag von 100 000 Euro.

Steuersätze und Freibeträge richten sich bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer nach der verwandtschaftlichen Nähe. Die günstigste Steuerklasse I gilt für den Ehe- oder Lebenspartner sowie Verwandte in direkter Linie. Dabei beträgt der Freibetrag für jedes Kind eines lebenden Kindes 200 000 Euro und für die »übrigen Personen der Steuerklasse I« 100 000 Euro.

Die Urenkel meinten, ihnen stehe ein Freibetrag von jeweils 200 000 Euro zu. Mit »Kinder der Kinder« habe der Gesetzgeber alle Abkömmlinge der Kinder gemeint. Dem folgte der BFH in München nicht. Das Gesetz differenziere sehr wohl zwischen Kindern und Abkömmlingen. Mit »Kinder der Kinder« seien daher lediglich die Enkel gemeint.

Offen ließ der BFH, ob der höhere Freibetrag gilt, wenn das Eltern- beziehungsweise Großelternteil der entsprechenden Linie bereits verstorben ist. Grund ist, dass das Gesetz Enkel wie Kinder behandelt, wenn das betreffende »Kind« nicht mehr lebt. AFP/nd

Betreuungsfreibetrag bleibt bei Unterhaltsrückstand erhalten

Ausgebliebener Unterhalt für ein in Ausbildung befindliches volljähriges Kind führt nicht zum Verlust des Betreuungsfreibetrags. Der den Eltern zustehende Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsfreibetrag (BEA-Freibetrag) kann bei erwachsenen Kindern nicht allein auf einen Elternteil übertragen werden.

Das entschied der Bundesfinanzhof (Az. III R 61/18) nach einem am 22. Oktober 2020 veröffentlichten Urteil.

In der Einkommensteuererklärung können Eltern nicht nur das Kindergeld oder den Kinderfreibetrag in Höhe von derzeit 5172 Euro für beide Elternteile geltend machen. Für die Betreuung, Erziehung und Ausbildung eines Kindes können beide insgesamt weitere 2640 Euro steuermindernd berücksichtigen lassen.

Unverheiratete oder getrennt lebende Eltern können jeweils die Hälfte des Freibetrages unabhängig voneinander nutzen (1320 Euro jährlich). Eine Übertragung auf einen Elternteil ist nur möglich, wenn der andere Elternteil keinerlei Betreuungskosten für das minderjährige Kind zu tragen hat.

Eine getrennt lebende Mutter hatte verlangt, dass der Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsfreibetrag für ihre zwei volljährigen Kinder ihr allein voll zustehen müsse. Zu Begründung führte sie an, der Vater komme seinen Unterhaltspflichten im Wesentlichen nicht nach. In solch einem Fall stehe ihr nicht nur der Kinderfreibetrag, sondern auch der BEA-Freibetrag in voller Höhe zu.

Das zuständige Finanzamt gab der Mutter Recht. Doch dagegen klagte wiederum der Vater. Ihm müsse der einfache Freibetrag, also 1320 Euro pro Kind verbleiben. Dem stimmte der Bundesfinanzhof zu. Das Gesetz sehe bei volljährigen Kindern keine Übertragung des BEA-Freibetrages vor. Zwar habe der Gesetzgeber bei einer wesentlichen Verletzung der Unterhaltspflichten eine Übertragung des Kinderfreibetrags auf den anderen Elternteil vorgesehen. Beim BEA-Freibetrag habe er das aber nicht gesetzlich geregelt. epd/nd

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