Hass macht blind
Kommunalpolitiker sind Drohungen besonders ausgesetzt - ein Gesetz soll helfen
Berlin. Hassmails voller Beleidigungen und Drohungen, eingeschlagene Fensterscheiben, beschmierte Fassaden mit abstoßenden Botschaften an Politiker oder Parteien - Schmähungen mit politischem Inhalt haben längst das gewohnte Maß überschritten. In Chatgruppen kursieren sogenannte Feindeslisten mit den Namen von Journalisten. Seit den Polarisierungen im Zusammenhang mit der gestiegenen Fluchtmigration seit 2015 kennt die rechte Szene kein Halten mehr. Und Corona lässt die Hemmungslosigkeit weiter wachsen.
Kommunalpolitiker sind dem Hass politischer Gegner in besonderer, unmittelbarer Weise ausgesetzt. Im Jahr 2019 registrierte das Bundeskriminalamt 1241 politisch motivierte Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger. Laut einer Umfrage der Zeitschrift »Kommunal« haben 40 Prozent aller Rathäuser Erfahrungen mit Drohungen, Beschimpfungen oder Stalking.
»Sie gehören in den Knast«, »Sie sollten medikamentös behandelt werden« oder »Sie werden in der Hölle brennen«, so zitierte der »Kölner Stadt-Anzeiger« aus den Drohschreiben, die Arndt Klocke, Kölner Landtagsabgeordneter der Grünen, erhielt. Jens Kretzschmar, Politiker der Linken in Westsachsen, registrierte gar Manipulationen an seinem Fahrzeug. Und Annalena Schmidt, Grünen-Stadträtin in Bautzen, wurde von Unbekannte mit Mord durch Gift bedroht.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich für besseren Schutz von Kommunalpolitikern eingesetzt; auch auf sein Wirken hin wurden Verschärfungen des Verleumdungsparagrafen im Strafgesetz vereinbart und vom Bundestag beschlossen. Zugleich ist darin jedoch auch die Weitergabe von Daten und IP-Adressen an das Bundeskriminalamt durch die Betreiber sozialer Netzwerke neu geregelt. Die Details könnten den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts widersprechen, weshalb das Gesetz nun auf Eis liegt - beim Bundespräsidenten selbst. nd
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