Mobiles Arbeiten soll dauerhaft kommen
Homeoffice
In der Corona-Krise sollen Beschäftigte im Homeoffice durch Steuerentlastungen vor Mehrkosten geschützt werden. Wer mehr zu Hause ist, heizt mehr und verbraucht auch mehr Strom, und ein steuerlich absetzbares Arbeitszimmer dürften die wenigsten haben. Deshalb will Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für die Zeit nach Corona den Arbeitnehmern den Weg zum mobilen Arbeiten dauerhaft ebnen. Was ist geplant - und wie viele Beschäftigte werden die mögliche Neuregelungen wohl nutzen? Dazu Fragen & Antworten.
Welche Steuererleichterungen sind für Beschäftigte, die vom Büro ins Homeoffice wechseln konkret geplant?
Für jeden Tag Homeoffice soll es eine Pauschale von 5 Euro geben, für maximal 100 Arbeitstage im Jahr - also höchstens 500 Euro. Wichtig: Es handelt sich dabei nicht um zusätzliches Geld, sondern um einen Betrag, der bei der Steuerberechnung vom Einkommen abgezogen wird. Das zu versteuernde Einkommen wird dadurch kleiner und die fälligen Steuern sinken. Unklar ist zunächst noch, ob die Regelungen schon bei der Steuererklärung für 2020 gelten sollen. Sie werden voraussichtlich aber erst einmal auf zwei Jahre befristet.
Lohnt sich diese Homeoffice-Pauschale?
Das dürfte auf den Einzelfall ankommen und darauf, was man sonst noch als sogenannte Werbungskosten bei der Steuer geltend machen kann - das sind Ausgaben, die im Zusammenhang mit dem Beruf entstehen, etwa Fahrtkosten zur Arbeit, Arbeitskleidung oder Weiterbildungen. 1000 Euro werden dafür pauschal bei der Steuer gewährt. Wer mit seinen Werbungskosten darüber liegt, kann das geltend machen und mit entsprechend größerer steuerlicher Entlastung. Ob die Homeoffice-Pauschale in den 1000 Euro-Pauschbetrag mit eingerechnet wird oder extra dazu kommt, war zunächst ebenfalls noch unklar.
Kann man denn schon sagen, wer eher davon profitieren wird und wer eher nicht?
Auch das hängt von den persönlichen Umständen ab. Für die Tage der Heimarbeit soll es zwar die Homeoffice-Pauschale geben, dafür fällt aber auf der anderen Seite die Pendlerpauschale von 0,30 pro Kilometer Arbeitsweg (eine Strecke) weg. Ab rund 17 Kilometern Arbeitsweg lohnt sich die Pendlerpauschale rechnerisch mehr als die 5-Euro-Homeoffice-Pauschale. Dafür fallen beim Homeoffice aber auch keine anderen Pendlerkosten an, etwa für Sprit oder Fahrkarten. Finanziell schlechter weg kämen dieser Rechnung nach die Fahrradfahrer, wenn sie sonst mehr als 17 km ins Büro fahren.
Warum soll Homeoffice überhaupt steuerlich pauschal begünstigt werden?
Weil die Corona-Pandemie Millionen Menschen ins Homeoffice zwingt. »Zur weiteren Vermeidung von Kontakten werden die Arbeitgeber gebeten, unbürokratisch Homeoffice für ihre Beschäftigten zu ermöglichen«, haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder in der vergangenen Woche beschlossen. Steuerliche Absatzmöglichkeiten gibt es für bereits, aber nur für jene, die ein festes Arbeitszimmer haben. Der Bundesarbeitsminister sieht das realistisch, wenn er fragt: »Wer hat das schon?« und schlussfolgert: »Also sollten wir neue Möglichkeiten schaffen.«
Die Steuerregeln fürs Homeoffice werden erst einmal auf die Zeit der Pandemie beschränkt - und danach?
Wenn es nach dem Bundesarbeitsminister geht, wird Homeoffice mit seinem »Mobile Arbeit-Gesetz« langfristig neugeregelt: Beschäftigte sollen mobile Arbeit drei Monate vorher beim Chef anmelden können - und zwar Beginn, Dauer, Umfang und Verteilung. Der Arbeitgeber soll sich dem Dialog nicht verweigern dürfen. Stemmt er sich dagegen, soll er das nach zwei Monaten schriftlich mit Darlegung der Gründe erklären.
Kommt auch ein Rechtsanspruch auf Homeoffice?
Nein, auch wenn Heil das wollte. »Ich hatte ursprünglich einen Rechtsanspruch für die Beschäftigten vorgeschlagen, zunächst einmal für 24 Tage im Jahr - und zwar nur da, wo es betrieblich geht«, sagt er. »Ich muss aber zur Kenntnis nehmen, dass das nicht mehrheitsfähig in der Koalition ist, weil die Union noch nicht so weit ist.« Auch im Koalitionsvertrag heißt es nur: »Wir wollen mobile Arbeit fördern und erleichtern.« Von einem Recht darauf ist keine Rede - aber von einem Auskunftsanspruch der Arbeitnehmer über Entscheidungsgründe einer Ablehnung.
Was hat der Bundesarbeitsminister noch geplant?
Die Arbeitnehmer sollen klaren Versicherungsschutz im Homeoffice haben. Auch gegen Unfälle etwa auf dem Weg von der Kita zurück nach Hause. Die Zeit der geleisteten Arbeit soll aufgezeichnet werden, wobei das auch der Arbeitnehmer machen können soll. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollen die mobile Arbeit jeweils mit einer Frist von drei Monaten für beendet erklären können.
Wie stehen Unternehmen zur mobilen Arbeit?
Laut einer Umfrage der Unternehmensberatung Deloitte unter Finanzvorständen sagen 66 Prozent für ihr Unternehmen: »Wir planen, vermehrt auf Remote Working zu setzen.« Das ist ein anderer Begriff für mobiles Arbeiten jenseits des Firmenbüros. Es muss nicht daheim, sondern kann auch auf Reisen, auf einer Parkbank oder am Strand stattfinden. 37 Prozent sagen: »Wir planen, unsere Büroflächen aufgrund des erhöhten Homeoffice-Angebots in Zukunft zu reduzieren.«
Wie viele Menschen sollen von den neuen Rechten Gebrauch machen?
Wenn das Gesetz kommt, dann stellen - nach einer Schätzung im Gesetzentwurf - rund 210 000 Personen jährlich einen Antrag. Denn rund 2,1 Millionen Arbeitnehmer, die bisher nicht mobil arbeiten, würden nach Schätzungen des Bundesarbeitsministeriums dies regelmäßig tun wollen - und zehn Prozent das pro Jahr beantragen. Doch erst einmal wird unter Beobachtern mit Spannung erwartet, ob der Entwurf in der Koalition tatsächlich zum Gesetz wird. dpa/nd
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