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Bernies Einheizerin will in den US-Kongress
Die linke Beraterin und Rednerin Nina Turner will offenbar für einen US-Kongresswahlkreis kandidieren
Viele Anhänger von Bernie Sanders kennen Nina Turner als Eitanheizerin der Menge vor den Wahlkampfkundgebungen des demokratischen Sozialisten aus Vermont. Ihre energischen Auftritte begeisterten Tausende, die Redewendung »Hello Somebody« der Ko-Vorsitzenden der Sanders-Kampagne wurde zu ihrem Markenzeichen. Nun will die schwarze Frau offenbar für den 11. Wahlkreis in Ohio in Cleveland in das US-Repräsentantenhaus einziehen. Sie würde dort die linke »Squad« um Alexandria Ocasio-Cortez und andere Parteilinke bei den Demokraten verstärken. Ihre Kandidatur wurde aus Unterlagen bekannt, die für Turner bei der amerikanischen Wahlbehörde FEC eingereicht wurden.
In dem Wahlkreis in Ohio wird es im Frühjahr eine Nachwahl geben müssen, weil die Kongress-Abgeordnete Marcia Fudge im Kabinett von Joe Biden Ministerin für Wohnraum und urbane Entwicklung werden soll. Obwohl Turner in den letzten Monaten eher als lautstarke Agitatorin aufgefallen ist, hat sie Erfahrung in der parlamentarischen Arbeit.
Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
Nach ersten Politikjobs und einem erfolglosen Wahlkampf wurde die 43-jährige 2008 in den Stadtrat von Cleveland gewählt. Von 2008 bis 2014 war sie Senatorin im Staatsparlament von Ohio. Dort brachte sie unter anderem aus Protest gegen die vielen Auflagen für Schwangerschaftsabbrüche einen Gesetzesentwurf zu Männergesundheit ein, die für den Verkauf von Medikamenten gegen erektile Dysfunktion eine Impotenz-Bescheinigung einer Partnerin und eine verpflichtende ärztliche Beratung vorsah. Turner machte sich mit ihrer Unterstützung für halbprivate »Charter Schools« Feinde bei der lokalen Lehrergewerkschaft, änderte ihre Meinung aber später.
Als die grüne Präsidentschaftskandidatin Jill Stein sie 2016 fragte, ob sie ihre Vize-Präsidentschaftskandidatin werden würde, lehnte Turner mit dieser Begründung ab: »Die Demokratische Partei ist es wert um sie zu kämpfen«. Das tat sie als Mitglied einer »Einheits-Kommission«, die den Sanders- und Clinton-Flügel der Partei versöhnen sollte.
Nach Sanders erster Präsidentschaftskampagne wurde sie ab 2016 Präsidentin von Our Revolution – die Organisation, die aus dem Kampagnenapparat von Sanders entstanden war und anschließend progressive Demokraten im ganzen Land unterstützen wollte. Doch unter ihrer Führung sank das Spendenaufkommen deutlich, die Organisation konnte zudem kaum Wahlen zugunsten von Parteilinken etwa zu Staatsparlamenten oder dem US-Kongress entscheiden, Kritiker warfen ihr vor, die Organisation als Vehikel für eigene Ambitionen zu nutzen.
Turner sei »trotz ihrer `flaws` die beste Kandidatin für den Wahlkreis für die Linke«, meint Nick Tagliaferro vom linken Think Tank »Data For Progress«, der sich auf die Beobachtung progressiver Demokraten spezialisiert hat, gegenüber »nd«. »Wenn sie die Vorwahl gewinnt, wird sie uns für eine lange Zeit erhalten bleiben«, so der linke Analyst. Denn: Der zu 50 Prozent Schwarze Wahlkreis Ohio 11, der wie in den Vorjahren auch im November mit rund 80 Prozent für Joe Biden gestimmt hat, ist eine Demokratenhochburg.
Größere nationale Sichtbarkeit erlangte Turner in den letzten zwei Jahren auch mit Gastauftritten bei CNN. Dort zeigte sie sich als schwarze Frau, die kein Blatt vor den Mund nimmt - und begeistere so ihre Fans. Sie erklärte etwa, die progressive Bewegung müsse »zwei Drachen töten, den Neofaschismus und den Neoliberalismus«. Turner sei »eine sehr gute Rednerin, sie hat diesen Priester-Tonfall«, sagt Tagliaferro. Bei den Bernie Sanders-Kundgebungen für Bernie Sanders lief die bekennende Christin in dieser Hinsicht zu neuer Höchstform auf. Die Washington Post nannte sie Sanders »attack dog«.
Turner musste sich schon von klein auf unter schwierigen Bedingungen behaupten, half als größte Schwester sechs Geschwister und eine kranke Mutter zu versorgen, holte später ein Studium nach. Aktuell ist sie auch Lehrbeauftragte für Geschichte an einem Community College. Zuletzt hat sie einen Podcast gestartet und eine Beraterfirma für progressive Politik und PR gegründet.
Turner habe es schon bei ihren Abgeordneten-Wahlkämpfen in Ohio geschafft, sich gegen die »politische Maschine« des lokalen Demokraten-Establishments durchzusetzen, meint Tagliaferro mit Blick auf ihre Durchsetzungskraft und andere Kandidaten für den Wahlkreis von Marcia Fudge. »Und sie wird wegen ihrer landesweiten Bekanntheit eine Menge Geld zur Verfügung haben«.
Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter zeigten sich viele Anhänger aus dem ganzen Land enthusiastisch nach Bekanntwerden der FEC-Informationen und fragten, wo sie Spenden könnten oder posteten »Lets Go«-Memes. Turner selbst hatte sich in den letzten Tagen ausweichend zu einer möglichen Kandidatur in »Ohio 11« geäußert und ihren Eintritt auch bis jetzt noch nicht offen erklärt.
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