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Impfen: Ja! Pflicht: Nein!

Daniel Lücking hält die Impfpflicht-Debatte für verfrüht

  • Daniel Lücking
  • Lesedauer: 2 Min.

Kommt es zu einem größeren Krankheitsausbruch, bricht auch die Debatte um eine Impfpflicht erneut aus. Selbstverständlich ist die Dimension, die angesichts der Corona-Pandemie hinzugekommen ist, größer denn je. Nie zuvor wurde so weitreichend in Grundrechte eingegriffen, nie zuvor war ein Krankheitsausbruch mit so vielen Einschränkungen im Alltag verbunden. Nie zuvor waren die Infektions- und Todeszahlen einer Erkrankung deutschlandweit so präsent wie im Fall von Corona.

Nie zuvor auch gab es so lautstarke Bewegungen wie die »Corona-Leugner« und »Maskengegner«, kurz »Covidioten«, die ein Alltagsrisiko abstreiten und sich in jeder Hinsicht jeder noch so sinnvollen Einschränkung verweigern. Die Impfung wirkt für manche nach mittlerweile neun Monaten Restriktionen wie eine Erlösung und rückt das Ende der Pandemie gefühlt in greifbare Nähe. Lasse ich mich impfen? Ja. Will ich eine Impfpflicht? Auf keinen Fall. Wie passt das zusammen?

Das wohl wirkmächtigste Argument gegen eine Corona-Impfpflicht ist die Verfügbarkeit des Impfstoffes. Täglich wurden im Jahr 2020 deutschlandweit rund 1900 Kinder geboren. Diesen rund 695 000 Kindern pro Jahr stellt das Gesundheitssystem bislang problemlos eine Palette an Impfungen zur Verfügung, die die ständige Impfkommission empfiehlt. Um 83 Millionen Menschen im Land spontan durchzuimpfen, wird etwa die 120-fache Kapazität benötigt.

Schon jetzt ist klar: Ohne eine Priorisierung nach schutzbedürftigen Gruppen wird das nicht gehen. Damit wird eine Impfpflicht schon aus logischen und logistischen Gründen nicht umsetzbar sein. Zu welchem Zeitpunkt eine Pflicht umgesetzt sein soll, müsste ebenso definiert werden wie Sanktionen gegen die Menschen, die sich einer Impfung verweigern. Aber wer kontrolliert mit welchen Mitteln die Impfpflicht bei 83 Millionen Menschen, wenn schon bei 20 000 neuen Fällen pro Tag die Gesundheitsämter bei der Kontaktverfolgung scheitern? Sowohl das Personal für eine solche Impfpflicht-Kontrolle als auch die anfallenden Daten würden einem repressiven Überwachungsstaat Tür und Tor öffnen.

Lesen Sie auch die Gegenposition von Christian Klemm:
»Freiwilligkeit kostet Leben«

Experten gehen davon aus, dass etwa zwei Drittel der Bevölkerung eine Immunisierung benötigen, damit die Ausbreitung von Corona gestoppt wird. Berufsgruppen im Gesundheitssektor, Risikogruppen und häufig Reisende werden sich wohl in großen Zahlen freiwillig impfen lassen. Ob das bereits für eine Herdenimmunität ausreicht und welche Rolle Corona danach überhaupt noch spielt, werden die Fallzahlen im kommenden Jahr zeigen.

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