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+++ Fast tausend Corona-Tote binnen eines Tages +++

Der Newsblog zur Coronakrise - Mittwoch, 16. Dezember 2020: Triage-Berichte aus Sachsen / 440 Impfzentren in Deutschland

  • Lesedauer: 8 Min.

Zittau. Das Oberlausitzer Bergland-Klinikum im sächsischen Zittau prüft Berichte zu einer möglichen Triage bei Corona-Patienten. Triage kann grob gesagt bedeuten, dass Mediziner bei knappen Ressourcen entscheiden müssen, wem sie zuerst helfen. Derzeit könne noch nichts zu den Aussagen gesagt werden, die der Ärztliche Direktor der Klinik in einem Online-Bürgerforum am Dienstagabend gemacht haben soll, sagte eine Sprecherin des Gesundheitszentrums des Landkreises Görlitz, zu der das Krankenhaus gehört, der Deutschen Presse-Agentur.

Ein Reporter des Deutschlandfunks hatte getwittert, dass der Ärztliche Direktor Mathias Mengel in dem Forum gesagt habe, im Klinikum Zittau haben schon mehrfach triagiert werden müssen, weil nicht genug Beatmungsbetten zur Verfügung stünden. Dem Nachrichtenportal t-online erklärte der Mediziner: »Wir waren in den vergangenen Tagen schon mehrere Male in der Situation, dass wir entscheiden mussten, wer Sauerstoff bekommt und wer nicht.«

Es werde versucht, die Patienten, für die es keine Versorgung gibt, in eine andere Klinik zu verlegen, sagte Mengel demnach. »Aber wir sind im Epizentrum, manche Häuser nehmen gar nicht mehr auf.« Die Entscheidung könne auch bedeuten, dass es für einen nicht verlegungsfähigen Patienten dann keine entsprechende Hilfe mehr gebe. Der Landkreis Görlitz, in dem die Klinik liegt, gehört zu den absoluten Corona-Hotspots in Deutschland. Nach Angaben des sächsischen Sozialministerium lag die Sieben-Tages-Inzidenz dort am Dienstag bei über 500.

+++ IMK: Keine tiefe Rezession durch verschärfte Maßnahmen +++

Düsseldorf. Die jüngst beschlossenen schärferen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie werden nach Einschätzung des Düsseldorfer Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) keine tiefe Rezession in Deutschland auslösen. Das liege vor allem an einer recht stabilen Entwicklung der Industrie, betonten die Konjunkturforscher der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung in ihrer am Mittwoch veröffentlichten Prognose. »Die wirtschaftliche Grunddynamik ist stark genug, und die Stützungspolitik von Regierung und Europäischer Zentralbank wirkt«, sagte IMK-Direktor Sebastian Dullien laut Mitteilung.

Nach einer Stagnation zum Jahresende und im ersten Quartal 2021 werde die deutsche Wirtschaft ab dem Frühjahr 2021 wieder auf Wachstumskurs gehen, heißt es in der Konjunkturprognose. Voraussetzung sei aber, dass die Impfstoffe gegen Covid-19 tatsächlich so wirksam und so schnell verfügbar sind wie derzeit erwartet. Im Jahresdurchschnitt 2021 werde das deutsche Bruttoinlandsprodukt um 4,9 Prozent zulegen, nach einem Rückgang um 5,0 Prozent in diesem Jahr. Diese Prognose setze zudem voraus, dass bei den Brexit-Verhandlungen eine Einigung gefunden werde, die allzu drastische Auswirkungen verhindere.

+++ Corona-Tests für Reiserückkehrer nicht mehr kostenlos +++

Berlin. Corona-Tests für Reiserückkehrer aus Risikogebieten mit hohen Infektionszahlen im Ausland sind seit diesem Mittwoch nicht mehr kostenlos. Dieser im Sommer eingeführte Anspruch ist am Dienstag ausgelaufen, wie eine kürzlich verkündete Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums festlegt. Bisher konnten sich solche Urlauber gratis testen lassen, um eine bei der Rückkehr nach Deutschland verpflichtende Quarantäne zu verkürzen.

+++ Neuer Höchststand bei Corona-Toten +++

Damit werden die Regelungen weiter verschärft. Wer eine »vermeidbare Reise« in Risikogebiete macht, bekommt für die Zeit der Quarantäne auch schon keine Verdienstausfallentschädigung mehr. Ausgenommen sind »außergewöhnliche Umstände«, etwa die Geburt eigener Kinder oder der Tod naher Angehöriger. Welche Länder für deutsche Urlauber als Risikogebiete gelten, ist auf einer Liste des bundeseigenen Robert Koch-Instituts (RKI) angegeben.

Berlin. Das Robert Koch-Institut (RKI) meldet einen neuen Höchststand bei Corona-Toten. Binnen 24 Stunden seien in Deutschland 952 Todesfälle von Menschen verzeichnet worden, die an oder mit dem Coronavirus gestorben sind, teilte das RKI am Mittwochmorgen in Berlin mit. Damit wurde der bisherige Höchststand von 598 Todesfällen vom vergangenen Freitag deutlich übertroffen. Insgesamt sind in Deutschland seit Beginn der Pandemie im Frühjahr 23.427 Menschen im Zusammenhang mit dem Virus gestorben.

Laut RKI werden als Corona-Todesfälle diejenigen gezählt, bei denen die Infektion mit dem Virus ursächlich für den Tod war oder durch Vorerkrankungen wahrscheinlich ist, dass der Tod im direkten Zusammenhang mit Covid-19 steht. Deswegen ist von Menschen die Rede, die »an oder mit« dem Virus gestorben sind. Die Zahl der registrierten Neuinfektionen stieg in den vergangenen 24 Stunden vor Inkrafttreten eines bundesweiten Lockdowns um 27.728.

Wie aus dem am Abend veröffentlichten Lagebericht des RKI hervorgeht, waren am Dienstag 4.735 Covid-19-Patienten in intensivmedizinischer Behandlung. Die hohen bundesweiten Fallzahlen werden laut RKI durch zumeist diffuse Geschehen verursacht. Dabei stellt das Institut zahlreiche Häufungen insbesondere in Privathaushalten und Alten- und Pflegeheimen fest, aber auch in beruflichen Zusammenhängen sowie in Gemeinschaftseinrichtungen. Auch gingen Infektionen von religiösen Veranstaltungen aus. Für einen großen Teil der Fälle könne das Infektionsumfeld nicht ermittelt werden. Das RKI betont, dass es die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch einschätzt.

Die Sieben-Tage-Inzidenz, die die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche angibt, liegt den RKI-Angaben vom Mittwochmorgen zufolge bei 179,8. Ziel der Politik ist es, die Zahl durch die bis zum 10. Januar geltenden harten Kontaktbeschränkungen unter 50 zu drücken. Nur dann sind die Gesundheitsämter in der Lage Infektionsketten nachzuverfolgen.

Während die Sieben-Tage-Inzidenz in den jüngeren Altersgruppen laut RKI-Lagebericht stagniert oder leicht abnimmt, nimmt sie in der älteren Bevölkerung weiter zu. Da ältere Personen häufiger von schweren Erkrankungsverläufen von Covid-19 betroffen sind, steigt auch die Zahl an schweren Fällen und Todesfällen.

Seit Mitte September nimmt laut RKI die Zahl der Corona-Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen kontinuierlich und deutlich zu. Dort seien Ausbrüche zudem in der Regel folgenschwer: 98 Prozent dieser Fälle seien Ausbrüchen mit fünf oder mehr Covid-19-Infizierten zugeordnet.

+++ Corona-Zahlen in Israel übersteigen Grenze +++

Die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus hat in Israel eine von der Regierung gesetzte Grenze überstiegen. Damit drohen in dem Mittelmeerstaat neue Restriktionen. Wie das Gesundheitsministerium am Mittwoch mitteilte, wurden binnen 24 Stunden 2862 neue Fälle gemeldet. Die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte angekündigt, neue Verschärfungen zu erlassen, wenn die Zahl der Neuinfektionen die Marke von 2500 übersteigt. Sollte dies die Neuinfektionen binnen drei Wochen nicht deutlich senken, würde ein neuer Teil-Lockdown verhängt, hieß es. Die Regierung will am 27. Dezember mit einer Impfkampagne beginnen. Berichten zufolge könnte dies aber auch vorgezogen werden.

Zum Vergleich: In Deutschland leben etwa neunmal so viele Menschen wie in Israel. Dort wurden am Mittwoch 27 728 Neuinfektionen neue Corona-Infektionen binnen 24 Stunden gemeldet.

+++ Bundesweit bis zu 440 Corona-Impfzentren +++

Messehallen, Sportzentren, Hotels: Für einen baldigen Start von Corona-Impfungen sind in ganz Deutschland regionale Zentren eingerichtet worden, über die Impfungen zunächst gebündelt anlaufen sollen. Bis zu 440 Standorte sollen dafür genutzt werden können, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei den Landesregierungen ergab. Zehntausende Ärztinnen, Ärzte und weitere Helfer haben sich für Einsätze gemeldet, die Personalrekrutierung läuft demnach aber teils noch. Die Kapazitäten sollen so ausgelegt werden, dass in den Ländern jeweils mehrere Tausend Impfungen am Tag möglich wären.

Allein in Bayern sollen 99 Impfzentren in Betrieb gehen und bis zu 30 000 Impfungen am Tag vornehmen können, wie das Gesundheitsministerium erläuterte. Ebenfalls bis zu 30 000 tägliche Impfungen peilt Hessen mit 28 Impfzentren an. In Berlin sollen bis zu 20 000 Impfungen am Tag möglich werden, die über sechs Zentren laufen. In Hamburg sollen täglich bis zu 7000 Impfungen machbar sein - in einer Messehalle, in der sieben Zentren je nach Bedarf an- und abgeschaltet werden können. Rheinland-Pfalz plant bis zu 7200 tägliche Impfungen über 31 Zentren.

Bund und Länder hatten vereinbart, mit den Impfzentren bis Mitte Dezember weitgehend einsatzbereit zu sein. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte am Dienstagabend in der ARD, dies sei auch gelungen, Impfzentren und Impfstrukturen stünden nun bereit.

Spahn setzt auf eine Zulassung des ersten Impfstoffes kurz vor Weihnachten. Danach könnte man seinen Angaben zufolge innerhalb von zwei bis vier Tagen mit ersten Impfungen beginnen - aber in kleinerem Umfang, da vorerst nur begrenzte Impfstoffmengen verfügbar sind. Auch die Impfzentren dürften daher anfangs noch nicht unter Volllast fahren.

Für Einsätze in Impfzentren, die für einige Monate in Betrieb sein sollen, ist extra Personal nötig. Dafür stehen bundesweit Tausende Freiwillige bereit, vielerorts sind Einstellungen aber noch nicht abgeschlossen. Gesucht werden generell auch Dolmetscher, Reinigungs- und Sicherheitskräfte. Einige Länder machten auf Anfrage keine Angaben zur Personalplanung.

Angesichts des bald erwarteten Impfstarts gegen das Coronavirus in Deutschland rechnet Gesundheitsminister Spahn mit einer Normalisierung der Lage in einigen Monaten. »Ab dem Sommer können wir Zug um Zug in die Normalität zurückkehren«, sagte der CDU-Politiker dem Sender RTL/ntv am Mittwoch.

+++ Homeoffice-Pauschale und länger steuerfreie Corona-Zahlungen - Bundestag entscheidet über Jahressteuergesetz +++

Mehrere steuerrechtliche Regelungen in Verbindung mit der Corona-Pandemie und ihren Folgen stehen am Mittwochabend im Bundestag zur Abstimmung. Dazu gehören im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2020 eine Pauschale für Arbeiten im Homeoffice und die Verlängerung steuerfreier Sonderzahlungen. Verbessert werden Rahmenbedingungen für ehrenamtliches Engagement.

Homeoffice-Pauschale

Um Mehrbelastungen durch das Arbeiten zu Hause auszugleichen, sollen Arbeitnehmer 2020 und 2021 bis zu fünf Euro pro Tag von der Steuer absetzen können. Maximal soll dies für 120 Tage gelten, also insgesamt bis zu 600 Euro. Allerdings wird die Pauschale mit dem ohnehin geltenden Arbeitnehmerfreibetrag verrechnet, also erst bei dessen Überschreiten wirksam. Draufzahlen dürfte der Staat nicht, da im Gegenzug die Pendlerpauschale für die Homeoffice-Tage entfällt.

Corona-Sonderzahlungen

Die Steuerbefreiung für Sonderzahlungen wegen besonderer Belastungen in der Corona-Krise wird bis Juni 2021 verlängert. Dies betrifft unter anderem die Bonuszahlungen für Pflegerinnen und Pfleger. Die Befreiung gilt unverändert für Zahlungen bis zu insgesamt 1500 Euro.

Kurzarbeit

Analog zur Verlängerung von Sonderregelungen zur Kurzarbeit wird auch die Steuerbefreiung von Zuschüssen der Arbeitgeber zum Kurzarbeitergeld um ein Jahr verlängert. Sie gilt damit bis Ende 2021.

Alleinerziehende

Der sogenannte steuerliche Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird dauerhaft auf 4008 Euro verdoppelt. Die bereits geltende Erhöhung im Rahmen der Corona-Hilfen war bisher bis Ende 2021 befristet. Damit werden fast eine Million Menschen besser gestellt, vorwiegend Frauen. Agenturen/nd

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