Getrennt und alleingelassen

Auf die besonderen Probleme von queeren Geflüchteten sind die Behörden nicht eingerichtet

  • Marina Mai
  • Lesedauer: 3 Min.

Queere Geflüchtete haben oft mit besonderen Schwierigkeiten zu kämpfen, doch für ihre Probleme die richtigen Ansprechpartner zu finden, ist gar nicht so einfach. »Viele Psychotherapeuten sind leider nicht geschult, mit der doppelten Diskriminierung umzugehen: mit der Fluchterfahrung, die dann auch oft eine Sprachmittlung für die Therapie notwendig macht, und mit der anderen sexuellen Orientierung«, sagt Stephan Jäkel von der Berliner Schwulenberatung zu »nd«. Ab Januar schafft die Schwulenberatung daher ein neues Angebot für schwule, lesbische und transsexuelle Geflüchtete. Speziell für sie wird es dann eine eigene psychotherapeutische Beratung geben. »Das ist leider notwendig, denn wir bekommen queere Geflüchtete nicht in niedergelassenen Psychotherapiepraxen unter«, so Jäkel.

In Treptow betreibt die Schwulenberatung bereits ein eigenes Wohnheim für queere Geflüchtete. Das ist nötig, weil die Betroffenen in normalen Gemeinschaftsunterkünften oft Diskriminierungen bis hin zu körperlichen Angriffen durch ihre Mitbewohner ausgesetzt sind. Jäkel zufolge sind dort derzeit 80 der 122 Plätze belegt, zu rund 80 Prozent mit schwulen Männern. »Wir haben es meist mit Bewohnern zu tun, die sich gleich nach der Einreise gegenüber den Behörden als homosexuell outen und dann zu uns geschickt werden«, sagt er. Menschen, die ihr Coming-out erst während des Aufenthaltes in Deutschland haben, würden dort kaum wohnen. »Oft möchten sie gern zusammen mit ihren Familien wohnen, oder sie haben sich in ihrer Wohnumgebung gut eingelebt und sehen keinen Anlass für einen Umzug.«

Die Schwulenberatung sowie der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) kritisieren immer wieder den Umgang der Behörden mit queeren Geflüchteten. So würden gleichgeschlechtlichen Partnern oft Unterkünfte in verschiedenen Bundesländern zugeteilt. Das Asylrecht untersagt ihnen dann für mindestens 18 Monate das Zusammenziehen. Gegenseitige Besuche sind zudem in Wohnheimen normalerweise nur tagsüber gestattet, während der Pandemie oft nicht einmal das.

Die Verteilung auf unterschiedliche Bundesländer kommt vor allem dann vor, wenn die Partner nicht verheiratet sind und zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach Deutschland einreisen. In vielen Herkunftsstaaten können gleichgeschlechtliche Partner allerdings gar nicht heiraten. Reist man gemeinsam ein, meldet sich gemeinsam bei den Behörden und weist auf die Familieneinheit hin, dann kommen beide Partner auch in dasselbe Bundesland und in dieselbe Einrichtung. Doch in der Praxis verlieren sich Partner öfter auf der Flucht. Dieser Fall ist gesetzlich aber nicht vorgesehen.

Die Verteilung der Flüchtlinge auf die Bundesländer nimmt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vor. Das Berliner Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten könnte allerdings unmittelbar nach der Einreise eine Umverteilung verhindern, wenn, so Sprecher Sascha Langenbach, »der Neuankömmling zu Beginn klipp und klar sagt, dass sein gleichgeschlechtlicher Partner bereits in Berlin lebt«. Gerade bei Menschen aus Staaten, in denen gleichgeschlechtliche Liebe verboten ist, geschehe das aber kaum.

Ein weiteres Problem ist die Beurkundung von Namens- und Personenstandsänderungen sowie neuen Aufenthaltstiteln von transsexuellen Geflüchteten. »Den Betroffenen wird trotz Vorlage des Gerichtsbeschlusses, der eine Änderung ihres Personenstandes und Vornamens feststellt, ein Termin zur Ausstellung von auf ihren richtigen Namen und Personenstand lautenden Aufenthaltsdokumenten zunächst verweigert«, kritisiert Stephan Jäkel. Die Corona-Pandemie mache es unmöglich, alle Anliegen zeitnah zu bearbeiten, sagt dazu eine Sprecherin des Landesamtes für Einwanderung auf nd-Anfrage. Bei allem Verständnis für die besonderen Schwierigkeiten durch Corona müsse das Landesamt aber »sicherstellen, dass der Rechtsanspruch auf Namensänderung, des Aufenthaltstitels und der Passersatzpapiere umgehend umgesetzt wird«, so Jäkel.

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