- Kommentare
- Volker Härtig
Rückkehr der Betonköpfe
Meine Sicht: Martin Kröger zur Berufung Härtigs als Vorstand der Wohnraumversorgung
Diese Personalie ist für viele Menschen, die sich für bezahlbare Mieten in der Hauptstadt einsetzen, ein Affront. Mit der Berufung von Volker Härtig zum »Anwalt für Mieter« belastet die Berliner SPD offenbar mit voller Absicht die zarten Beziehungen von Rot-Rot-Grün zur mietenpolitischen Bewegung in der Stadt. Die Botschaft, die mit der Ernennung einhergeht, kann deshalb nicht anders als eine Kampfansage verstanden werden: Die SPD setzt auf den wichtigen koordinierenden Posten des Vorstands der Wohnraumversorgung Berlin nach eigenem Bekunden zwar einen »ausgewiesenen Fachmann«, der jedoch bei den Initiativen einen zweifelhaften Ruf genießt. Dass sich Härtig als Stadtplaner in der Bau- und Wohnungspolitik auskennt, steht außer Frage. Der Punkt ist aber, dass er sich in den vergangenen Jahren häufig gegen eine mieterfreundliche Politik positioniert hat. Sei es in der Frage einer Nachfolgregelung für die Mieten des einstigen sogenannten sozialen Wohnungsbaus, die Rot-Rot-Grün bis heute nicht abgeschlossen hat. Sei es als Mahner vor den Folgen des Mietendeckels oder mit seinem befremdlichen Vorstoß als SPD-Politiker gegen die damalige Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke), eine Umfrage zu deren Abwahl zu initiieren. Immerhin der Senatorin eines Koalitionspartner von SPD und Grünen.
Die Nominierung Härtigs untermauert unterdessen die Stoßrichtung der Berliner SPD: Zurück zum Beton, zurück zum Mantra des bauen, bauen, bauen. Wohin diese unsoziale Politik seinerzeit führte, haben viele in der Stadt indes noch nicht vergessen: Denn diese Politik hatte als Ergebnis die rasant steigenden Mieten zur Folge. Bis heute haben die Spitzengenossen offenbar nicht verwunden, dass sie 2016 das Stadtentwicklungsressort verloren, und es anschließend in zwei Ressorts zwischen Linkspartei und Grünen aufgeteilt wurde. Für die Zukunft einer mieterfreundlichen Politik in Berlin ist die Berufung Härtigs an die Schaltzentrale in der Dachorganisation der Wohnungsbaugesellschaften auch deshalb ein rückwärtsgerichtetes Signal. Statt Kooperation mit der Mieterbewegung sollen wieder die Betonköpfe walten.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.