Mehr Mut zur Selbstkritik

Claudia Krieg fordert mehr Handlungswillen in Verwaltungen

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist selten, dass Politiker*innen eingestehen, dass ihr Handeln nicht exakt dem Notwendigen, das zu tun sei, entspreche. Man kann Sozialsenatorin Elke Breitenbach kaum vorwerfen, dass sie sich nicht ausreichend für die Belange obdachloser Menschen in Berlin engagiert. Aber die Pandemie ist schneller als Ideen und Vorhaben, schneller als die üblichen Prozesse wie Absprachen zwischen einzelnen Akteuren, Erfüllung von formalen Vorgaben, Klärung von Zuständigkeiten. Unkomplizierte Kooperationen gibt es selten mit einer Verwaltung, die mitunter erstickt wirkt von ihrer eigenen Bürokratie und selten von sich aus zu kreativen Handlungen bereit ist. Es ist deshalb gut, sich einzugestehen, dass es in der aktuellen Lage nötig ist, schnell und entgegenkommend zu wirken. Es geht um Menschenleben, viele wissen das zwar, aber begreifen es vielleicht auch erst jetzt wirklich.

Die gesamtstädtische Steuerung zur Unterbringung von obdachlosen Menschen in Berlin, in die viel Hoffnung gesetzt wird, um Obdachlosigkeit nicht nur zu bremsen, sondern auch zu reduzieren, ist noch nicht einmal in der Pilotphase, da schließen nun plötzlich Notübernachtungen. Es ist richtig: viele Menschen auf der Straße brauchen mehr als nur ein Einzelzimmer, aber ist das angesichts des Ansteckungsrisikos in den Unterkünften, in denen zum Teil mehrere Hundert Menschen in Mehrbettzimmern schlafen, nicht zu vernachlässigen? Oder muss in jedem Fall erst eine qualitativ gute und bedarfsgerechte Unterbringung gewährleistet sein - was aber dauern kann?

Wenn die Plätze zur Verfügung stehen, sollte man denjenigen, die es wollen und denen nichts mehr fehlt als ein selbstständiges Leben außerhalb von Gemeinschaftsunterkünften, spätestens jetzt die Chance dazu geben. Auf die Verwaltung kann man da nicht warten. So können sich Menschen eigenverantwortlich darum kümmern, sich nicht anzustecken. Und es hindert niemanden daran, langfristige, gute Lösungen gegen Obdach- und Wohnungslosigkeit zu entwickeln.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -