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Friedrich Merz: Vertrauen verspielt

Friedrich Merz agiert während der Koalitionsverhandlungen denkbar ungeschickt, meint Stefan Otto

Aufbruch sieht anders aus: Der Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (2. v.l) während der Koalitionsverhandlungen von Union und SPD.
Aufbruch sieht anders aus: Der Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (2. v.l) während der Koalitionsverhandlungen von Union und SPD.

Schon jetzt zeichnet sich ab, dass Friedrich Merz es als Kanzler schwer haben wird, eine Mehrheit im Land zufriedenzustellen. Dabei war das Scheitern der heillos zerstrittenen Ampel-Koalition eigentlich eine Steilvorlagen für ihn. Vermutlich hätte es gereicht, einfach nur Ruhe in die Regierungsgeschäfte zu übernehmen. Aber immer wieder irritiert der CDU-Chef mit markigen Worten und einer Sprunghaftigkeit im Handeln: Noch im Wahlkampf suchte er eine Mehrheit mit der AfD in Asylfragen und scheiterte letztlich bei einer Abstimmung im Bundestag. Und die Koalition startet mit der Hypothek eines Wortbruchs zur gigantischen Schuldenaufnahme. Wie eine Drohung erscheint zudem seine Ankündigung, dass die Zeiten des Paradieses vorbei seien, in der jeder Wunsch möglich sei. Welches Paradies? – fragt sich die überforderte Lehrkraft oder die Amazon-Mitarbeiterin. Welche Wünsche wurden erfüllt? – die Bürgermeister und Landräte, die seit Jahren über klamme Haushalte klagen.

Merz tat sich bislang damit hervor, die Ampel-Regierung großspurig zu kritisieren und ihr, wo es nur ging, Knüppel in die Beine zu werfen – wie bei der Klage gegen die Umwidmung von Coronamitteln für den Klimafonds, was dem Dreier-Bündnis letztlich zum Verhängnis wurde. Aber jetzt, während der Koalitionsverhandlungen, zeichnet sich ab, wie schwer dem CDU-Vorsitzenden fällt, Politik progressiv zu gestalten. Der angekündigte Politikwechsel ist nur eine Worthülse. Inhaltlich scheinen bei den Verhandlungen die Sozialdemokraten oft die besseren Argumente zu haben, was bereits zu Unmutsäußerungen an der Parteibasis führt.

Während die Gespräche in die heiße Phase gehen, ist noch nicht abzusehen, wie es der neuen Regierung gelingen kann, Zuversicht zu vermitteln. Selbst wenn Geld für Investitionen keine Rolle spielen soll, hat so gut wie niemand im Land das Gefühl, dass es besser wird. Zugeben ist das auch schwer angesichts einer Welt, die langsam aber sicher aus den Fugen gerät. Aber gerade deshalb braucht es jemanden, der Verlässlichkeit und Vertrauen ausstrahlt. Aber das hat Friedrich Merz bei einer Mehrheit der Bevölkerung schon vor dem Amtsantritt verspielt.

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