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Die Aufarbeitung geht weiter

Sebastian Bähr über das Urteil im Halle-Prozess

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Attentäter von Halle ist zur Höchststrafe verurteilt worden. Angesichts seiner menschenverachtenden Taten, seines fanatischen, extrem rechten Weltbildes und seiner fehlenden Reue entschied die Richterin angemessen. Ihr Urteil war auch notwendig - alles andere wäre für die Überlebenden wie für die Angehörigen der Opfer ein Hohn gewesen.

Welche Erkenntnisse bleiben darüber hinaus? Die prägende Rolle der Nebenklage im Prozess, der so entstandene Raum für die Anliegen und die Stimmen der Betroffenen wie auch der gerichtliche Umgang mit diesen waren vorbildlich. Die solidarischen Kundgebungen, die das Verfahren regelmäßig begleiteten, spendeten dazu Kraft und schufen Aufmerksamkeit.

Die Perspektive des Attentäters war nicht das Prägende. Zeitgleich zeigte der Prozess aber auch erneut Defizite bei den Ermittlungen. Solange Behörden veralteten Vorstellungen von rechtem Terror anhängen, werden sie diesen nicht effizient bekämpfen können.

Auch der vorhandene Wille ist dafür eine notwendige Voraussetzung. Viele Politiker stimmen in diesen Stunden in den Applaus für das Urteil mit ein. CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff bezeichnet es gar als Symbol, das zeige, wie wehrhaft der deutsche Staat sei. Doch wie nach den anderen grausamen rechtsterroristischen Anschlägen der letzten Jahre und Monate stellt sich die Frage, welche Lehren denn wirklich gezogen, welche Handlungen denn wirklich konkret angepasst werden.

Trotz aller schönen Worte muss hier der Blick nüchtern bleiben: Die Entnazifizierung von Sicherheitsbehörden und Armee stockt. Der Kampf gegen Antisemitismus, Rassismus und Frauenhass ist, wie richtigerweise betont wird, eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, wird momentan aber nur von einigen wenigen wahrgenommen. Beides muss sich dringend ändern.

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