Weihnachten allein im Hotel
Nico Kurz scheidet bei der Darts-WM aus - und muss trotzdem in London bleiben
Weihnachten im Hotel, gefangen im Corona-Hotspot London: Am Tag nach dem historischen Erfolg bei der Darts-WM gegen seinen Kumpel Nico Kurz sehnte sich Gabriel Clemens nach seiner Familie. »Ich bin das erste Mal seit 37 Jahren Heiligabend nicht bei meinen Eltern«, sagte er wehmütig: »Das war immer Tradition und ist schon ein komisches Gefühl.« Aber immerhin sei seine Freundin Lisa mit ihm mitgereist, »ich bin froh, dass so zumindest ein Teil der Familie bei mir ist«, sagte er. Das Weihnachtsfest werde er mit der Familie nachholen, an Heiligabend »etwas essen und einen Film gucken«. Allerdings wird es beim Weihnachtsessen zwangsweise Abstriche geben, denn statt Wild kommt nun englische Küche auf den Teller. »Kulinarisch sind die Engländer nicht so toll«, sagte Clemens mit einem Lächeln.
Nach dem 3:1-Zweitrundensieg im ersten deutschen Duell der WM-Geschichte im legendären Ally Pally hielt sich die Euphorie bei Clemens den Umständen bedingt in Grenzen. »Wir können nicht raus, nicht viel machen und bekommen vom Weihnachtsflair in der Stadt nichts mit«, sagte er - außer dass im Hotel »den ganzen Tag ›Last Christmas‹ läuft«.
Nico Kurz mit bestem WM-Finish
Ähnlich geht es Kurz, mit dem Clemens nach dem hochklassigen Schlagabtausch am Vorabend gemeinsam frühstückte. »Nico ist auch hier im Hotel, sitzt in England fest und kommt nicht heim«, erzählte Clemens, »er ist mit dem Auto hier und muss abwarten, ob der Eurotunnel geöffnet wird oder die Fähre fährt.« Für den hochtalentierten Kurz war die Niederlage im Duell der beiden gelernten Industriemechaniker deshalb doppelt bitter. Zwar legte der 23-Jährige aus Hessen erneut eine Talentprobe ab und sorgte mit einem 161er-Finish für den bisherigen Bestwert bei der WM - doch nun heißt es: Geduld beweisen. Denn Deutschland stellte aufgrund der neu entdeckten und mutierten Virusvariante seit Montag sämtlichen Reiseverkehr aus Großbritannien zunächst bis zum 31. Dezember ein. Das Fährterminal im englischen Dover ist geschlossen, der Eurotunnel ebenfalls gesperrt, Zug- und Luftverkehr unterbrochen.
Für Clemens geht es sportlich nach den Feiertagen weiter, am 28. Dezember wartet sein verspätetes Weihnachtsgeschenk: Die deutsche Nummer eins darf Titelverteidiger Peter Wright zum Wurf bitten und versuchen, als erster Deutscher im Alexandra Palace ein WM-Achtelfinale zu erreichen. »Was gibt es Schöneres, als gegen den amtierenden Weltmeister zu spielen?«, fragte die Nummer 31 der Weltrangliste vor dem Duell mit dem schottischen Paradiesvogel. Wright, bekannt für seine ausgefallenen Outfits und Frisuren, hatte sein Auftaktmatch verkleidet als grüne Filmfigur »Grinch« bestritten - und für viele Lacher gesorgt. Und wie wahrscheinlich ist eine Überraschung? »Er ist klarer Favorit«, stellte Clemens klar, aber »wenn ich meine Chancen bekomme, dann muss ich sie nutzen und kann ihm dann schon einen harten Kampf liefern«.SID/nd
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