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Weltweit am längsten in Todeszelle sitzender Häftling darf wieder hoffen
Japans Oberster Gerichtshof lässt Revision von Prozess gegen den 84-Jährigen zu
Tokio. Der Häftling, der weltweit am längsten in der Todeszelle sitzt, bekommt einen neuen Prozess: Japans Oberster Gerichtshof bestätigte am Mittwoch die von einem Gericht im Jahr 2014 verfügte Revision des Mordprozesses gegen den 84-jährigen Iwao Hakamada, wie einer seiner Anwälte mitteilte.
Hakamada wurde 1968 wegen der Ermordung seines Chefs und dessen Familie zum Tode verurteilt. Der frühere Boxer legte nach wochenlangen Polizeiverhören ein Geständnis ab, widerrief es aber später. Er sagte aus, er sei in den brutalen Verhören zu dem Geständnis gezwungen worden. Zudem gab er an, die Beweise seien gefälscht worden. Dennoch wurde das Todesurteil 1980 vom Obersten Gerichtshof bestätigt.
2014 ordnete dann ein Bezirksgericht überraschend an, dass Hakamada einen neuen Prozess bekommen müsse. Bis zur Wiederaufnahme des Prozesses wurde er freigelassen. Vier Jahre später hob ein Berufungsgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Urteil aber wieder auf. Hakamadas Unterstützer schalteten daraufhin Japans höchstes Gericht ein, der Todeskandidat konnte zunächst weiter in Freiheit bleiben.
Der Anwalt des 84-Jährigen zeigte sich am Mittwoch glücklich über die Entscheidung. »Meine Hände zittern immer noch, nachdem ich das gehört habe. Ich bin sehr, sehr froh,« schrieb Yoshiyuki Todate in seinem Blog.
Hakamada gilt als der Häftling, der weltweit am längsten in einer Todeszelle saß. Die zumeist in Einzelhaft verbrachten fast fünf Jahrzehnte im Todestrakt haben ihm psychisch schwer zugesetzt. In einem AFP-Interview sagte der frühere Boxer, er habe das Gefühl, jeden Tag einen neuen Kampf durchstehen zu müssen. Japan ist neben den Vereinigten Staaten die einzige große demokratische Industrienation, in der Todesurteile noch vollstreckt werden. AFP/nd
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