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Mehrere hundert Menschen demonstrieren gegen Kapitalismus
Der Newsblog zur Coronakrise - Mittwoch, 30. Dezember 2020: +++ Wohnungslosenhilfe fordert mehr Notunterkünfte +++ Großbritannien lässt Impfstoff von Astrazeneca zu +++ Ermittlungen gegen Ärzte wegen falscher Atteste +++
Berlin. Mehrere hundert Menschen aus der linken Szene haben in Berlin-Mitte gegen Kapitalismus demonstriert. Die Demonstranten zogen am Mittwochnachmittag vom Nettelbeckplatz in Wedding Richtung Rosa-Luxemburg-Platz. Auf Transparenten stand: »Ihr redet von Gesundheit, doch ihr meint Profite« oder »Corona ist das Virus - Kapitalismus die Pandemie«. Die Polizei sprach von rund 300 Teilnehmern, während Reporter vor Ort die Zahl der Demonstranten auf etwa 500 schätzten.
Für den Mittwoch waren in Berlin mehrere Demonstrationen angemeldet. So versammelten sich am Rosa-Luxemburg-Platz nach Angaben der Polizei mehrere Dutzend Menschen, um gegen die »Querdenker« zu protestieren, die seit Monaten gegen staatliche Beschränkungen in der Corona-Krise mobilisieren. Eine zunächst ebenfalls für Mittwoch geplante »Querdenken«-Demonstration war bereits vergangene Woche verboten worden.
+++ RKI-Chef mahnt: Trotz Impfungen Verhaltensregeln einhalten +++
Berlin. Nach dem Start von Covid-19-Impfungen in Deutschland hat das Robert Koch-Institut (RKI) vor Nachlässigkeit beim Einhalten der Verhaltensregeln gewarnt. »Trotz der Impfung müssen wir uns in den nächsten Monaten alle weiterhin an die AHA+L-Regeln halten und unsere Kontakte einschränken«, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler am Mittwoch in Berlin. Die AHA+L-Regeln stehen für Abstand halten, Hygiene, Alltagsmasken und Lüften. Er rief dazu auf, nicht zu verreisen, möglichst wenige Menschen zu treffen - und wenn, dann nur dieselben Menschen und im Freien. »Lassen Sie uns dem Virus gemeinsam den Wind aus den Segeln nehmen.«
Es werde noch Monate dauern, bis so viele Menschen geimpft sind, dass auch die Zirkulation des Virus in der Bevölkerung reduziert werde, sagte Wieler. Einerseits müsse der Impfstoff in ausreichender Menge verfügbar sein, andererseits dauere es, das Mittel zu verabreichen. Auch nach der Impfung der ersten Gruppen seien nicht alle geschützt, kein Impfstoff sei perfekt, betonte der RKI-Chef. Es sei zudem unklar, in welchem Umfang die Impfung Ansteckungen verhindern könne.
+++ Erstmals mehr als 1.000 Corona-Tote binnen eines Tages +++
Erstmals seit Pandemiebeginn im Frühjahr meldet das Robert Koch-Institut (RKI) mehr als 1.000 Corona-Tote binnen 24 Stunden. Wie das RKI am Mittwochmorgen in Berlin mitteilte, starben den Meldungen der Gesundheitsämter zufolge weitere 1.129 Menschen im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion. Die Gesamtzahl der Todesfälle in Deutschland stieg auf 32.107. Zudem wurden 22.459 Neuinfektionen gemeldet.
Die Zahlen sind allerdings rund um den Jahreswechsel weniger aussagekräftig, weil an und nach Feiertagen und Wochenenden weniger Meldungen der Gesundheitsämter beim RKI eingehen und zudem weniger Menschen auf das Virus getestet werden. Laut RKI werden als Corona-Todesfälle diejenigen gezählt, bei denen die Infektion mit dem Virus ursächlich für den Tod war oder durch Vorerkrankungen wahrscheinlich ist, dass der Tod im direkten Zusammenhang mit Covid-19 steht. Deswegen ist von Menschen die Rede, die »an oder mit« dem Virus gestorben sind.
+++ Frachtflieger bringen Impfstoff-Dosen nach Italien +++
Rom. In Italien sind am Mittwoch mehrere Großtransporte des Corona-Impfstoffes der Unternehmen Pfizer und Biontech für eine breit angelegte Impfkampagne eingetroffen. Die erwarteten Frachtflieger seien am Morgen etwa in Rom und Mailand gelandet, berichtete die italienische Nachrichtenagentur Ansa. Insgesamt würden aktuell an mehreren Flughäfen im ganzen Land etwa 470.000 Dosen des Impfstoffs erwartet. Von den Flughäfen werden die Behälter mit den Fläschchen nach Angaben von Ansa an rund 200 Standorte in die Regionen verteilt. Italien hatte am Sonntag mit den Impfungen von Pfizer-Biontech gegen das Coronavirus begonnen. Dafür war bereits eine kleinere Menge der Impfdosen in die EU-Länder ausgeliefert worden. Bisher starben in dem 60-Millionen-Einwohner-Land nach offiziellen Angaben mehr als 73.000 Menschen im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Die Gesundheitsbehörden registrierten am Dienstag über 11.000 Neuinfektionen mit Sars-CoV-2 binnen eines Tages.
+++ Wohnungslosenhilfe fordert mehr Notunterkünfte +++
Düsseldorf. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe fordert wegen der Corona-Pandemie mehr kommunale Notunterkünfte für Obdachlose. »Wir befürchten, dass für wohnungslose Menschen der Corona-Winter noch gefährlicher wird«, sagte Geschäftsführerin Werena Rosenke der Düsseldorfer »Rheinischen Post«. Derzeit falle das Angebot an Unterkünften oft knapper aus, um die Abstandsvorschriften einhalten zu können. Blieben die Sammelunterkünfte hingegen bei der üblichen Belegung, erhöhe sich das Infektionsrisiko.
»Benötigt werden Unterkünfte, in denen man sich auch tagsüber aufhalten kann«, betonte Rosenke. Befristungen des Aufenthaltes auf einen oder wenige Tage pro Monat müssten beendet werden. Die Geschäftsführerin forderte zudem mehr finanzielle Unterstützung für Corona-Tests. »In den meisten Fällen müssen die Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe die Kosten für Testungen selbst finanzieren - weder Bund, Länder noch Kommunen beteiligen sich ausreichend an den Kosten«, kritisierte Rosenke. »Dies bringt viele Einrichtungen schnell an ihre finanziellen Grenzen.« Wohnungslosen Menschen müsse auch ein niedrigschwelliger Zugang zu Impfungen ermöglicht werden.
+++ Ermittlungen gegen Ärzte wegen falscher Atteste +++
Berlin. Das Landeskriminalamt in Berlin ermittelt in dutzenden Fällen gegen Ärzte wegen falscher Corona-Atteste. Derzeit werden knapp 100 Ermittlungsverfahren wegen Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse geführt, teilte die Polizei auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Einige der Verfahren seien an Staatsanwaltschaften in anderen Bundesländern abgegeben worden, da die Mediziner, die die Bescheinigungen ausstellten, nicht in Berlin praktizierten. Der Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse ist eine Straftat, wie ein Sprecher unterstrich. Eine solche liege vor, wenn etwa Blanko-Atteste von Medizinern, die im Internet kostenlos heruntergeladen und selbst mit Namen, Adresse und eigener Diagnose versehen werden können, ausgedruckt und bei einer Kontrolle vorgelegt werden.
+++ Großbritannien lässt Impfstoff von Astrazeneca zu +++
Oxford. Großbritannien hat den Corona-Impfstoff der Universität Oxford und des Pharmakonzerns Astrazeneca zugelassen. Die britische Aufsichtsbehörde für Arzneimittel habe dem Vakzin eine Zulassung erteilt, gab das britische Gesundheitsministerium am Mittwoch bekannt. Das Mittel hatte in Studien eine geringere Wirksamkeit aufgewiesen als der bereits zugelassene Impfstoff von Biontech und Pfizer, kann allerdings bei Kühlschranktemperaturen gelagert werden und ist deutlich günstiger. In Großbritannien sollen bereits am 4. Januar die ersten Impfungen stattfinden, wie Gesundheitsminister Matt Hancock mitteilte. Es sei »brilliant, das Jahr 2020 mit einem solchen Moment der Hoffnung zu beenden«, so Hancock.
Das Vakzin soll nach den ersten Studiendaten im Mittel einen 70-prozentigen Schutz vor Covid-19 bieten. Bei spezieller Dosierung könnte die Wirksamkeit dem Konzern zufolge womöglich noch deutlich höher liegen. Zeitweise waren Zweifel am Studiendesign und der hohen Wirksamkeit des Impfstoffs aufgekommen. Der schwedisch-britische Konzern hatte daher zusätzliche Untersuchungen durchgeführt. Anders als die Vakzine der Mainzer Firma Biontech und des Pharmakonzerns Pfizer sowie der US-Firma Moderna gehört das britisch-schwedische Präparat nicht zu den mRNA-Impfstoffen.
+++ US-Kongressmitglied an Corona gestorben +++
Washington. In den USA ist am Dienstag erstmals ein Mitglied des Kongresses an einer Infektion mit dem Coronavirus gestorben. Der 41-jährige republikanische Abgeordnete Luke Letlow hätte eigentlich am Sonntag vereidigt werden sollen, erklärte der Gouverneur des US-Bundesstaates Louisiana, John Bel Edwards, im Kurzbotschaftendienst Twitter. Letlow hatte im fünften Wahlbezirk von Louisiana die Kongresswahl gewonnen. Er hinterlässt eine Ehefrau und zwei kleine Kinder. Letlow hatte am 18. Dezember seine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus öffentlich gemacht und sich in häusliche Quarantäne begeben. Drei Tage später wurde er in ein Krankenhaus eingeliefert. Agenturen/nd
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