Fortschritt trotz Kirche

Julia Trippo über legalisierte Abtreibungen in Argentinien

  • Julia Tripp
  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist eine historische Entscheidung: Der argentinische Senat erlaubt Schwangerschaftsabbrüche. Das Thema polarisierte die überwiegend römisch-katholische Bevölkerung. Deutlich wurde auch, dass die Kirche und der argentinische Staat nicht klar genug getrennt sind.

Denn die argentinische katholische Kirche hatte sich zunehmend eingemischt. Der Bischof Oscar Ojea, Präsident der örtlichen Bischofskonferenz und Abtreibungsgegner, appellierte an die Abgeordneten; ein Nein zu dem Gesetz würde auch von Medizin und Recht unterstützt. Und selbst der aus Argentinien stammende Papst Franziskus sprach sich öffentlich gegen die Legalisierung aus. Das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche verglich Abtreibungen sogar mit Auftragsmorden. Ein Schwangerschaftsabbruch sei »wie jemanden zu beseitigen«.

Doch der Kirche steht es nicht zu, sich derart aggressiv in öffentliche und politische Diskussionen einzumischen. Und ihre Macht schwindet, wenngleich 92 Prozent der Argentinier*innen sich mit dem katholischen Glauben identifizieren. Vor zwei Jahren war ein ähnlicher Gesetzestext zu Abbrüchen vom Senat unter dem Druck der katholischen Kirche abgelehnt worden. Daraufhin kam es zu einem Massenaustritt, bei dem rund 5000 Katholik*innen aus Protest ihre Mitgliedschaft in der Kirche beendeten.

Damit beweist Argentinien als tief katholisches Land auch, dass es mit Frauenrechten nicht so enden muss wie beispielsweise in Polen. Denn grundlegend gilt: Schwangerschaftsabbrüche wird es so lange geben, wie es ungewollte Schwangerschaften gibt. Wenn das nationale Recht sie verbietet, werden sie trotzdem stattfinden, illegal und für Betroffene unsicher. Nach über 15 Jahren Kampf und trotz lauter Kirche ist den Argentinier*innen nun Großes gelungen.

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