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Absturz am Schicksalsberg
Eisenbichler 6., Geiger 16.: Beim dritten Springen in Innsbruck zerplatzen alle Träume vom Gesamtsieg
Es ist nicht einmal zwei Jahre her, als sich Markus Eisenbichler in Innsbruck zum Weltmeister vor Karl Geiger gekrönt hat. Tags darauf gewannen die beiden noch zusammen Team-Gold. »Ich schaue mir das Video häufiger zur Selbstmotivation an«, hat Markus Eisenbichler erzählt: »Es war traumhaft mit Karl und mir.«
Am Sonntag haben die beiden deutschen Skisprung-Hoffnungsträger an gleicher Stelle auf der dritten Station der 69. Vierschanzentournee einen Alptraum erlebt. Markus Eisenbichler wurde Sechster, Oberstdorf-Sieger Karl Geiger stürzte am Schicksalsberg auf Platz 16 ab - damit dürfte der Traum vom ersten deutschen Tournee-Gesamtsieg seit Sven Hannawalds Triumph vor 19 Jahren ausgeträumt sein.
»Das Ding ist durch. Das ist so frustrierend. Ich könnte überall reintreten, so emotional kenne ich mich gar nicht. Die letzten Jahre war bei der Tournee das Springen in Innsbruck immer der Genickbruch für die Deutschen bei der Tournee, da kriegt man das Kotzen«, kommentierte ein restlos frustrierter Karl Geiger. Der beim Tournee-Auftakt von Oberstdorf noch siegreiche Skiflug-Weltmeister geht als Vierter mit 24,7 Punkten Rückstand in der Gesamtwertung - das sind umgerechnet mehr als fast 14 Meter - auf den Polen Kamil Stoch in das Finalspringen in Bischofshofen.
Kaum denkbar, dass sich »König Kamil« das noch nehmen lässt. Schließlich behielt er in Innsbruck als einziger der Topfavoriten die Nerven und feierte am Bergisel seinen Triumph vor dem Slowenen Anze Lanisek und seinem in der Gesamtwertung nun zweitplatzierten Landsmann Dawid Kubacki.
»Kamil hat gezeigt, wer der Chef im Ring ist. Es ist kaum vorstellbar, dass er sich diesen Vorsprung noch nehmen lässt«, kommentierte Stefan Horngacher. Der Bundestrainer weiß genau, was er sagt: Schließlich hatte er Stoch 2017 und 2018 als polnischer Cheftrainer zum Gesamtsieg bei der Vierschanzentournee geführt. »König Kamil« ist seit dem Schreck von Oberstdorf, als die gesamte polnische Mannschaft wegen eines Corona-Falls im Team zuerst für das Auftaktspringen gesperrt und dann in letzter Minute doch zugelassen wurde, im Flow: »Dass wir überhaupt noch starten konnten, war ein Wunder. Alles was jetzt noch kommt, ist Zugabe.«
Karl Geiger öffnete ihm mit einem völlig missglückten Sprung im ersten Durchgang mit seinem Absturz auf 117 Meter die Tür zum dritten Gesamtsieg. »Karl ist auch nur ein Mensch. Manchmal schafft er außergewöhnliche Dinge, manchmal funktioniert es halt nicht. Es fehlte die Lockerheit und dann will man es erzwingen«, so Stefan Horngacher. Ähnlich ging es dem norwegischen Halbzeit-Spitzenreiter Halvor Egner Granerud. So lagen Granerud und Geiger nach dem ersten Durchgang auf den Plätzen 29 und 30. Damit eröffneten die beiden besten Flieger bei Tourneehalbzeit den Finaldurchgang - ein absolutes Novum in der Geschichte des Skisprung-Grand-Slams. Geiger schlug nach seinem ordentlichen 128,5-Meter-Flug im zweiten Durchgang gegen die Werbebande und rief wütend »Warum nicht gleich so?«.
Am Ende verbesserte er sich noch um 14 Positionen auf Rang 16. Auch Markus Eisenbichler schob sich von Platz 15 noch deutlich nach vorn und übte sich mit Blick auf das Tourneefinale am Dreikönigstag in Zweckoptimismus: »Bischofshofen ist eine Fliegerschanze - da ist immer alles möglich. Karl zweifelt halt momentan an sich selbst, weil es auch letztes Jahr für ihn in Innsbruck so beschissen gelaufen ist.«
Tatsächlich hat Innsbruck seinen Ruf als Schicksalsberg für die deutschen Skispringer bei der der Vierschanzentournee wieder einmal bestätigt: Severin Freund (2016) und Richard Freitag (2018) mussten ihre Hoffnungen auf den Tournee-Gesamtsieg jeweils nach Stürzen begraben. Eisenbichler (2019) und Geiger (2020) nach schwächeren Sprüngen bei schwierigen Windbedingungen. Für beide hat sich dieses Trauma nun wiederholt.
Auch das deutsche Mannschaftsresultat war in Innsbruck bis auf den 13. Platz von Martin Hamann enttäuschend. Ex-Weltmeister Severin Freund (36) scheiterte genauso im ersten Durchgang wie Pius Paschke (37.) und Constantin Schmid (39.). Die letzteren beiden hatten Mitte Dezember noch Teamsilber bei der Skiflug-WM gewonnen. Aber bei der Tournee platzten ihre Träume genau wie die der Weltmeister Markus Eisenbichler und Karl Geiger.
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