Kaum Konsequenzen

Umweltschützer fordern zwei Jahre nach »Zoe«-Unglück, dass Container-Schiffen die küstennahe Fahrt bei Sturm verboten wird

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Bei ruhiger See hatte das fast 400 Meter lange Containerschiff »Zoe«, eines der größten seiner Art, am 30. Dezember 2018 in der Portugiesischen Hafenstadt Sines in Richtung Deutschland abgelegt. Bremerhaven war das Ziel, knapp 8100 Container sollte der Frachter dorthin bringen. Problemlos verlief die Reise bis zum Neujahrstag, doch in der Nacht zum 2. Januar 2019 geriet das Schiff in der Nordsee auf küstennaher Route in einen Sturm. So heftig war er, dass die Zoe ins »Rollen« kam, wie Seeleute sagen, und dabei 342 Container verlor. Zumindest einer von ihnen enthielt Gefahrgut: Dibenzoylperoxid, eine explosive, hautreizende und gewässerschädigende Chemikalie zur Kunststoffproduktion. Weitere Container trieben im Meer, gefährdeten die Schifffahrt, wurden an deutsche und niederländische Inseln gespült, nur ein Teil der Behälter konnte geborgen werden.

Den zweiten Jahrestag des Unglücks hat die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste veranlasst, erneut auf die Gefahren hinzuweisen, die bei ähnlichen Ereignissen drohen. Die Organisation fordert: Es müsse eine international geltende Regelung gefunden werden, die es großen Containerschiffen untersagt, bei Sturm zu dicht an den Küsten entlang zu fahren. Es sei wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, dass sich ein Vorfall wie der Containerverlust der Zoe wiederhole, zitiert der NDR den Vorsitzenden der Schutzgemeinschaft, Gerd-Christian Wagner. Er betont, die Verantwortlichen der Bundesregierung und der Küstenländer müssten jetzt schnell handeln.

Ein solches Handeln lässt offensichtlich auf sich warten. Geredet und geschrieben wurde viel seit der Havarie des Frachters. Doch was ist konkret geschehen? Die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) analysierte das Unglück gründlich, stellte unter anderem fest, dass die Sicherung der Ladung zwar den gesetzlichen Vorschriften entsprach, den Folgen des Sturmes beim »Rollen« jedoch nicht stand gehalten hatte. Empfehlungen wurden laut, wie ähnliche Vorfälle künftig vermieiden werden könnten. Neigungssensoren an Containern sollten zwecks frühzeitiger Warnung eingebaut werden, riet die BSU, und Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) schlug vor, an Gefahrgutbehältern Peilsender anzubringen.

Von der konkreten Umsetzung solcher und anderer Vorschläge zum Vermeiden gefährlicher Havarien und deren Folgen in Küstennähe ist kaum etwas zu hören. Aus dem für Seeschifffahrt zuständigen Verkehrsministerium des Bundes gibt es zumeist nur Auskünfte, diese oder jene Empfehlung werde geprüft, werde diskutiert, werde ausgewertet. Auch seien Absprachen mit der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) erforderlich, ist zu hören.

Dass auch zwei Jahre nach der Havarie nicht mehr greifbare Konsequenzen aus jenem Unglück gezogen worden sind, bemängeln sowohl Umweltschutz-Organisationen als auch Kommunen, die durch das Geschehen direkt betroffen wurden. So etwa auf der zu Niedersachsen gehörenden Ostfriesischen Insel Borkum. Dort waren, wie auch an niederländischen Inseln, mehrere Tonnen Plastikmüll aus Zoe-Containern an den Strand getrieben.

Ein Verbot küstennahen Verkehrs von Containerfrachtern bei Sturm wird seitens der Insulaner besonders dringend verlangt. Sie wollen sich mit dieser Forderungen an das Bundesverkehrsministerium wenden. Borkums Bürgermeister Jürgen Tönjes Akkermann (parteilos) betont: Man erwarte »endlich eine Reaktion« aus Berlin.

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