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Primat der Arbeit
Ulrike Wagener kritisiert den Lockdown des Privaten
Erst die Arbeit, dann das Vergnügen, heißt ein bekanntes deutsches Sprichwort. Doch in der Pandemie fällt der zweite Teil weitgehend aus. Private Treffen sind nur noch mit einer Person außerhalb des eigenen Haushalts möglich, Kultur- und Sportstätten sowie Gastronomie bleiben vorerst geschlossen. Glücklich die, deren liebstes Hobby schon immer Fernsehen, Lesen oder Spazierengehen war. Am Dienstag beschlossen die Regierungschef*innen nun, den Bewegungsradius der Menschen in Hotspots geografisch zu begrenzen.
Doch während es epidemiologisch kaum interessieren dürfte, ob ich 15 oder 500 Kilometer von Zuhause entfernt allein spazieren gehe, bleibt die Arbeitswelt unangetastet. Nach wie vor dürfen hier unbegrenzt viele Haushalte aufeinandertreffen. Reguliert wird das allein nach Gutdünken der Unternehmen. Nur 14 Prozent der Beschäftigten arbeiteten im »Lockdown«-Monat November überwiegend oder ausschließlich im Homeoffice. Trotzdem werden Infektionszahlen am Arbeitsplatz - außer in Gemeinschaftseinrichtungen wie Krankenhäusern, Pflegeheimen oder Kitas - laut einer Sprecherin des Robert-Koch-Instituts »nicht erfasst«. Auch das Arbeitsministerium und der Spitzenverband Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung können darüber keine Aussage treffen.
Parallel wird darüber debattiert, Schulen zu öffnen, damit Eltern arbeiten können. Und bis dahin wird von ihnen erwartet, gleichzeitig zu Hause zu arbeiten und auf die Kinder »aufzupassen« (ergo, sie zu bespaßen und zu unterrichten). Dass uns Daten darüber fehlen, in welchen Branchen ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht, verhindert auch, dass verstärkte Schutzmaßnahmen ergriffen werden - oder ein wirksamer dezentraler Lockdown in bestimmten Branchen verhängt wird.
Stattdessen bleibt uns der Lockdown des Privaten und die Behauptung, dort liege das höchste Infektionsrisiko. Richtig ist: Wir wissen es nicht.
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