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Rettungsschiff »Ocean Viking« startet zu neuem Einsatz im Mittelmeer
Nach 5-monatiger Blockade: SOS Méditerranée bereit zum Auslaufen
Berlin. Die private Seenotrettungsorganisation SOS Méditerranée bereitet einen neuen Rettungseinsatz mit ihrem Schiff »Ocean Viking« auf dem Mittelmeer vor. »Wir sind froh und erleichtert, dass wir nach fünf Monaten Blockade wieder Menschen vor dem Ertrinken retten können«, sagte die Politik-Referentin der Organisation, Jana Ciernioch, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Schiff werde voraussichtlich an diesem Wochenende vom Hafen Marseille auslaufen. Ziel seien die internationalen Gewässer vor der libyschen Küste. Die »Ocean Viking« werde dann, soweit bekannt, das einzige private Rettungsschiff im Mittelmeer sein.
Der Rettungseinsatz an der zentralen Mittelmeerroute sei dringend notwendig. »Die Menschen fliehen weiterhin über das Mittelmeer, auch im Winter«, sagte Ciernioch. Dabei könnte die instabile Lage in Libyen eine Rolle spielen. Die »Ocean Viking« war im Sommer von den italienischen Behörden festgesetzt worden. »Wir lagen jetzt fünf Monate in Sizilien im Hafen an der Kette, während im gleichen Zeitraum fast 500 Menschen ertrunken sind - Menschen, die eventuell hätten gerettet werden können.«
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Ein Rettungseinsatz im Winter während der Corona-Pandemie bedeute große Herausforderungen. Es gebe strenge Corona-Regeln an Bord. Die Crew und das medizinische Team müssten sich darauf einstellen, dass die Menschen in den Schlauchbooten an schwerer Unterkühlung leiden. Wind und Wellen machten die Überfahrt in den Schlauchbooten im Winter noch gefährlicher als sonst. »Aber die große Frage ist: Werden wir die Geretteten an sicheren Häfen an Land bringen dürfen?« Im Frühjahr 2020 hatten Italien und Malta ihre Häfen für private Rettungsschiffe geschlossen.
Auch nach sechs Monaten deutscher EU-Ratspräsidentschaft gebe es immer keine Lösung für die humanitäre Krise im Mittelmeer, beklagte Ciernioch. Ein solidarisches Aufnahme- und Verteilsystem für die geretteten Menschen sei dringend notwendig, ebenso eine europäisch organisierte Rettungsmission. Nun richte sich der Blick auf Portugal, das jetzt den EU-Vorsitz innehat. »Im Rahmen des EU-Migrationspaktes muss auch das Thema Seenotrettung auf den Tisch kommen«, forderte Ciernioch. »Wir brauchen 2021 eine Lösung.«
Auch in der Corona-Pandemie dürften die Menschenrechte, insbesondere das Recht auf Leben, und die Pflicht zur Seenotrettung, nicht hinten anstehen. Im vergangenen Jahr sind nach UN-Angaben mindestens 1.152 Menschen bei der Fahrt über das Mittelmeer ums Leben gekommen, davon 779 auf der zentralen Route. Es muss aber mit einer hohen Dunkelziffer gerechnet werden. SOS Méditerranée ist Mitglied in dem von der evangelischen Kirche initiierten Bündnis United4Resue, das die erweiterte Notfallausrüstung auf der »Ocean Viking« mitfinanziert hat. Dies war von den italienischen Behörden gefordert worden. epd/nd
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