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Polizei agiert wie im Kalten Krieg
Andreas Fritsche über Verhaftungen bei der Ehrung von Karl und Rosa
So mancher Ostdeutsche hat sein altes FDJ-Hemd zusammen mit anderen Andenken aufgehoben und zeigt es ab und zu mal seinen Kindern und Enkeln. Folgt man der Logik der Polizei vom Sonntag, ist man damit ein gefährlicher Verfassungsfeind - und man begeht eine Straftat, wenn man aus Spaß mit FDJ-Hemd zu einem Klassentreffen kommt.
Im Kopf der Berliner Polizei herrscht offenbar noch der Kalte Krieg. Die Beamten erweisen sich als arg verspätete Erfüllungsgehilfen einer antikommunistischen Politik der Ära von Kanzler Konrad Adenauer (CDU). Zu dessen Zeiten wurde 1954 die FDJ in der Bundesrepublik verboten. Dass sich damit heute auch in Ostberlin das rabiate Vorgehen gegen FDJ-Fahnen rechtfertigen lässt - so geschehen am Sonntag bei der Liebknecht-Luxemburg-Demonstration - ist höchstwahrscheinlich ein Irrtum, mindestens aber bewegt sich die Polizei hier in einer rechtlichen Grauzone.
Verwerflich ist der erfolgte Zugriff aus zwei Gründen: Erstens mussten Teilnehmer der Demonstration den Eindruck gewinnen, die Polizei hätte dies nicht gewagt, wenn es zeitgleich wie all die Jahre zuvor das stille Gedenken gegeben hätte und viel mehr Linke zur Ehrung von Karl und Rosa auf der Straße gewesen wären. Die Beamten hätten demnach die coronabedingte Angreifbarkeit der Demonstration ausgenutzt.
Zweitens führte das Vorgehen dazu, dass sich ein Marschblock fest zusammenschloss, in dem die Demonstranten sonst bestimmt die Abstandsregeln eingehalten hätten. Dass es dann per Durchsage so dargestellt wurde, als sei es eine Gnade, angesichts von Corona überhaupt demonstrieren zu dürfen, ist ein Unding. Denn Demonstrationen sind keine Gnade, sondern ein Recht - verbrieft in dem Grundgesetz, das hier angeblich vor der FDJ geschützt werden musste.
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