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Salvini reibt sich die Hände

Rückzug von Italia Viva stürzt Italiens Regierung in eine schwere Krise

  • Wolf H. Wagner, Florenz
  • Lesedauer: 4 Min.

Nach dem spektakulären Rücktritt der Ministerinnen Teresa Bellanova und Elena Bonetti sowie des Staatssekretärs Ivan Scalfarotto befindet sich die Regierung von Giuseppe Conte in einer ernsten Krise. Um seine Politik durchsetzen zu können, zählte Conte bisher auf die Unterstützung der Kleinstpartei Italia Viva (Iv), einer Abspaltung von der Demokratischen Partei (Pd).

Die kleine Parlamentariergruppe unter Führung des einstigen »Verschrotters« Matteo Renzi, der als Ministerpräsident von 2014 bis 2016 einen Umbau Italiens versprochen hatte, ist in beiden Kammern des Parlaments das Zünglein an der Waage. Mit dem Rückzug von Iv aus der Regierung verliert diese die parlamentarische Mehrheit.

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Im Abgeordnetenhaus stehen derzeit nur noch 306 Mandatsträger hinter Conte (für eine Mehrheit sind 316 nötig). Im Senat, in dem die Conte-Regierung ohnehin nur über eine Stimme mehr als die Opposition hatte, büßt seine Koalition 18 Sitze ein. Bei jedem Gesetzesvorschlag könnte der Premier nun um neue Mehrheiten ringen. Flüssig regieren lässt sich so jedoch nicht.

Renzis Entscheidung ist in erster Linie eine Provokation. Seit Wochen schwelt ein persönlicher Dissens zwischen dem Ex-Regierungschef der Demokraten und dem Vorsteher der jetzigen Koalition. Vor allem der Führungsstil Giuseppe Contes - der sich mit der Entwicklung der Coronakrise inzwischen zum beliebtesten Politiker Italiens entwickelt hat - ist Renzi ein Dorn im Auge. Der Iv-Chef kritisiert, dass die Regierung vieles per Dekret - und damit am Parlament vorbei - entscheidet. Insbesondere bei der Verteilung der nun angekommenen EU-Hilfsmittel wegen der Coronakrise möchte Renzi gern ein Wort mitreden.

Doch eigentlich hat sich der einst als Reformer angetretene florentinische Politiker zunehmend selbst diskreditiert. Politiker der Fünf-Sterne-Bewegung wie auch der Pd bezeichnen die politische Attacke vom Mittwoch als »unverantwortlich«. Pd-Sekretär Nicola Zingaretti erklärte, »angesichts von täglich 500 Coronatoten sei es völlig unethisch, jetzt eine Regierungskrise vom Zaun zu brechen«.

Die Pd, aber auch die anderen an der Regierung beteiligten Parteien befürchten Neuwahlen im Juni. Danach dürfte es dauern, bis eine Administration auf die Beine gestellt ist, die die gesundheitspolitischen, wirtschaftlichen und sozialen Probleme infolge der Covid-Pandemie angeht.

Selbst die zurückgetretenen Ministerinnen der Renzi-Partei drängen nicht auf Neuwahlen. Es scheint eher so, als wolle Iv pokern, um in einem umgebauten Kabinett mehr Einfluss zugestanden zu bekommen.

Dieses Machtspiel könnte jedoch für das »lebende Italien« Renzis am Ende das politische Aus bedeuten. Nach Umfragen, die erst zu Beginn dieser Woche abgehalten wurden, würde die derzeitige Regierungskoalition bei Neuwahlen keine parlamentarische Mehrheit erlangen.

Unter den Parteien läge immer noch die zwar geschwächte rechtsextreme Lega mit 23,2 Prozent vorn, gefolgt von der sozialdemokratischen Pd mit 19,4 Prozent. Als drittstärkste Kraft werden die neofaschistischen Fratelli d’Italia (FdI) mit 17,2 Prozent der Wählerstimmen gehandelt. M5S kann mit 14,7 Prozent nur noch auf die Hälfte des Wählerzuspruchs bei den letzten regulären Parlamentswahlen rechnen. Und schon abgeschlagen liegt Silvio Berlusconis Forza Italia (FI) bei 9,7 Prozent. Der Urheber der jetzigen Krise, Renzis Iv, käme mit nur drei Prozent in der Wählergunst noch nicht einmal im Parlament vor.

Angesichts dieser Prognosen fordert Lega-Chef Matteo Salvini schon jetzt frohlockend den sofortigen Rücktritt Contes. Die Lage im politischen Rom könnte in den folgenden Stunden und Tagen noch unübersichtlicher werden.

Giuseppe Conte zeigt indes bislang noch keine Absichten zurückzutreten. Eher will der Premier neue Mehrheiten im Parlament suchen, um seine Regierung fortsetzen zu können. Dafür annoncierte er schon die Bereitschaft, mit moderaten Mitte-Rechts-Politikern zusammenzuarbeiten. Dies stößt jedoch bislang auf harte Ablehnung aus den Reihen der Demokraten: »Nachdem in Washington Joe Biden gewonnen hat, werden wir hier nicht mit den Verbündeten von Trump zusammenarbeiten«, erklärte Zingaretti.

Sollte sich die politische Krise weiter zuspitzen, könnte Staatspräsident Sergio Mattarella im Interesse Italiens jedoch auch eine technische Regierung einsetzen. Dies geschah zuletzt 2011, als Mario Monti sein Kabinett gegen die expandierende Finanzkrise führte. Doch die Option auf Neuwahlen steht zunächst weiter im Raum.

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