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Landtagswahl wird wegen Coronakrise um Monate verschoben
Bestehender Stabilitätspakt zwischen Rot-Rot-Grün und CDU wird verlängert
Erfurt. Die ursprünglich für April geplante Thüringer Landtagswahl wird angesichts dramatisch hoher Infektionszahlen vertagt. Statt am 25. April soll das Thüringer Parlament nun zusammen mit dem Bundestag am 26. September gewählt werden, entschieden die Spitzen von Linke, SPD, Grünen und CDU am Donnerstag in Erfurt nach mehrstündigen Verhandlungen. Das sei unter den Bedingungen der Pandemie der frühestmögliche Termin, um eine für Bürger und Parteien sichere Wahl zu organisieren, sagte die Partei- und Fraktionsvorsitzende der Linken, Susanne Hennig-Wellsow. »Wir wollen nicht riskieren, dass sich jemand von seinem ureigenen demokratischen Recht als Souverän abgehalten sieht, weil er gesundheitliche Risiken befürchtet«, sagte sie. Am 26. September werden auch der Landtag in Mecklenburg-Vorpommern und das Berliner Abgeordnetenhaus gewählt.
Derzeit regiert Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) in Thüringen mit einer rot-rot-grünen Minderheitsregierung, die auf Stimmen der oppositionellen CDU angewiesen ist. Der seit März 2020 bestehende Stabilitätspakt, der bei wichtigen Gesetzen und Entscheidungen im Landtag für die nötigen Mehrheiten sorgen soll, wird nach Angaben der Fraktionen verlängert. Details sollen nach Angaben von CDU-Fraktionschef Mario Voigt bis Ende Januar stehen. »Wir haben uns als verlässlicher Partner erwiesen«, so Voigt. Wesentlicher Bestandteil der Vereinbarung sei die Aufstellung eines Landeshaushaltes 2022, heißt es im Protokoll der Gespräche von Rot-Rot-Grün mit der CDU.
Der Linken sei wichtig, »dass es im Landtag keine Mehrheiten mit der AfD gibt«, so Hennig-Wellsow. SPD-Landeschef Georg Maier bezeichnete die Vertagung der Wahl als Gebot der Vernunft. Der SPD sei es jedoch nicht leicht gefallen, sie bis in den September zu verschieben. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Astrid Rothe-Beinlich, sagte, sie sei froh, dass angesichts der Pandemie eine Einigung zwischen den vier Parteien erzielt werden konnte. Es seien mehrere Termine diskutiert worden.
Um Ende April wählen zu können, hätte sich der Landtag in Erfurt im Februar mit Zwei-Drittel-Mehrheit auflösen müssen - und damit wahrscheinlich mitten in einer schwierigen Phase der Pandemiebekämpfung, in der Entscheidungen zum Infektionsschutz zu treffen sind. Thüringen hatte am Donnerstag bundesweit mit 310 den höchsten Sieben-Tages-Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner - noch vor Sachsen.
Der neue Wahltermin am 26. September bedeutet auch, dass die Vorbereitungen weitgehend in die Sommerferien fallen werden. Bei einer Auflösung des Landtages wären noch 70 Tage Zeit bis zur Wahl. Linke, SPD, Grüne und die CDU vereinbarten nun, nach weiteren Wegen zur Neuwahl zu suchen. Im Gespräch ist derzeit eine Verfassungsänderung, um die Frist auf 100 Tage zu erhöhen. Auch eine Verkürzung der aktuellen Wahlperiode wird nicht ausgeschlossen.
Die vier Parteien in Thüringen hatten sich nach der Regierungskrise im vergangenen Jahr auf vorgezogene Neuwahlen verständigt, um im Landtag für eindeutige Mehrheiten zu sorgen. Das Modell einer Zusammenarbeit von Regierungsfraktionen mit der oppositionellen CDU hat dafür gesorgt, dass Corona-Hilfspakete und der Landesetat 2021 beschlossen werden konnten. Rot-Rot-Grün fehlen vier Stimmen im Landtag. dpa/nd
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