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Transidentität ist ein Fremdwort
Für transidente Menschen ist es nicht einfach, eine medizinische Behandlung zur Geschlechtsangleichung zu beginnen. Im Gefängnis verschärft sich die Situation
Die Deckenlampe im Warteraum der Justizvollzugsanstalt Köln surrt. Das weiße Licht macht den Raum kühl, die Stimmung ist es sowieso. Wer Gefangene besuchen möchte, muss zunächst in einem Häuschen vor dem Eingang der JVA in Köln-Ossendorf warten. Die knackenden Lautsprecher rufen auf, wer eintreten darf, um Ausweis und einen Laufzettel abzugeben, ausnahmslos all seine Sachen in ein Schließfach zu schließen und sich dann dem Sicherheitscheck zu unterziehen. Vom anschließenden Warteraum geht es schlussendlich in den Besuchsraum.
Dort stehen die Stühle coronabedingt mit großem Abstand zueinander. Dazwischen ein gut 1,50 Meter breiter Tisch und eine Plexiglasschreibe. Zusammen mit der Maske im Gesicht ist Alexia Metge kaum zu verstehen. Wie denn ihr Alltag im Gefängnis aussehe, rufe ich über das laute Gespräch des einzigen anderen Besuchers hinweg.
Am 1. Januar 1981 wurde es Trans*-Personen mit dem sogenannten Transsexuellengesetz (TSG) erstmals möglich, ihren Namen und Geschlechtseintrag korrigieren zu lassen. 20 Jahre später erntet das Gesetz massive Kritik: Es sei in seiner jetzigen Form nicht mehr zeitgemäß. Denn wer seinen Namen oder Geschlechtseintrag ändern möchte, muss dieses beim zuständigen Amtsgericht beantragen. Es folgt ein gerichtliches Verfahren, mit einer Anhörung sowie zwei obligatorischen Begutachtungen durch offizielle Sachverständige. Die Kosten für diese Gutachten, die sich auf gut 2000 Euro belaufen können, liegen bei der antragstellenden Person.
Insbesondere die obligatorische Begutachtung, bei denen Trans*-Personen von fremden Menschen über ihr Leben ausgefragt werden, wird immer wieder als nicht tragbare Demütigung kritisiert. Neben Fragen zu Kindheit und Aufwachsen, Schulbildung und beruflichem Werdegang werden Berichten zufolge auch frühere Beziehungen und sexuelle Kontakte erfragt. Auch das Auftreten einer Person wird von den Gutachter*innen festgehalten: Welche Kleidung oder Frisur trägt sie? Welche Körperhaltung und Stimmlage hat sie sich antrainiert? Und vor allem: Passt dies zu dem gewünschten Geschlecht? Bei der Frage, wie glaubhaft der Wunsch nach Änderung von Name und Geschlecht ist, wird somit auch auf längst überholte Geschlechterstereotype und Rollenbilder zurückgegriffen.
Zumindest einige Absätze aus dem TSG wurden nach Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts bereits gestrichen. So mussten Ehen zunächst geschieden werden, bevor eine Person ihren Geschlechtseintrag ändern lassen können. Dies wurde 2008 als unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt und aus dem TSG gestrichen. Seit 2011 dürfen zudem eine geschlechtsangleichende Operation sowie eine Sterilisation keine Bedingungen mehr für die Änderungen der Daten sein. Durchaus fraglich ist, ob die Anforderungen, die das TSG an transidente Menschen stellt, jemals zeitgemäß waren.
Im Juni vergangenen Jahres haben die Grünen einen Gesetzentwurf »zur Aufhebung des Transsexuellengesetzes und Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes« vorgelegt. Er sieht vor, die gerichtlichen Verfahren durch bürokratiearme Verwaltungsakte zu ersetzen. Die Begutachtung transidenter Menschen würde wegfallen, zudem hätten sie einen rechtlichen Anspruch auf medizinische Leistungen. Bei einer ersten Anhörung im Innenausschuss des Bundestages im November 2020 zeigte sich Einigkeit über die Abschaffung des TSG. Das Selbstbestimmungsgesetz bedeute die »Entpathologisierung von Transgeschlechtlichkeit«, betonte Kalle Hümpfner vom Bundesverband Trans*. bbe
»Das Justizvollzugsgesetz gibt für transidente, intersexuelle und queere Menschen nichts her«, erklärt Metge. 2015 outete sie sich als Frau, seit Juni 2018 sitzt sie wegen Steuerhinterziehung in Haft - zunächst im Frauengefängnis Willich, seit Oktober letzten Jahres in der Frauenabteilung der JVA Köln.
Als transidente Frau im Strafvollzug berichtet Metge von etlichen Schwierigkeiten und vor allem Diskriminierung: bei der Unterbringung, dem Duschen und dem Umschluss, also dem gegenseitigen Besuchen von Mitinhaftierten in deren oder der eigenen Zelle. So wurde Metge in den ersten zwei Monaten ihrer Haft weitestgehend isoliert, berichtet sie. »Der Umschluss konnte erst durch Einschalten von Anwalt und Justizvollzugsbeauftragen des Landes NRW realisiert werden.« Aber auch die nächsten Monate gestalteten sich schwierig: »Die Sozialarbeiterin sagte beim ersten Gespräch zu mir, ›Transsexualität ist eine Modeerscheinung‹. So waren die Fronten natürlich klar.« Andere in der JVA hätten sie immer als Herr Metge angesprochen. »Es gab in Willich nur vier Personen im Vollzug, die mich voll und ganz akzeptierten«, erzählt sie.
Welchen täglichen Druck sie erleiden muss, sieht man der Insassin Metge auf den ersten Blick nicht an. Sie schlafe nur drei bis vier Stunden pro Nacht und habe in den vergangenen Monaten 15 Kilo abgenommen. Dennoch sitzt an diesem Dezembermorgen eine willensstarke Frau im Besuchsraum, die in aller Ruhe von ihrem Leben in Haft erzählt und davon, was ihr verwehrt wird, sie aber weiter einfordern möchte. Selbst als der Streit des anderen Besuchers in Gewalt überschlägt, dieser der Insassin die Schläfe blutig schlägt und sich der Raum mit Wächtern füllt, bleibt Metge ruhig. Nur einmal im Monat für 45 Minuten ist Besuchszeit. Das sei kostbare Zeit, die ihr sehr viel Kraft gebe, sagt sie, als sich der Trubel gelegt hat.
»Hier im Haus hat sich noch niemand mit mir beschäftigt, Transidentität ist ein Fremdwort, was für die Justiz nicht greifbar ist.« Metge erklärt sich das mit Unwissenheit, Intoleranz und stellenweise der Geschlechterhistorie. Sie ist zum Zeitpunkt des Besuchs die einzige Transfrau in der Frauenabteilung der JVA Köln - aber nicht die erste.
Solidarität: ein Zufallsprodukt
Bei einem gemeinsamen Spaziergang durch Berlin erzählt Franziska Ludwig, die sich aber nur als »Franzi« vorstellt, von ihren Erfahrungen: »In Köln-Ossendorf wollte mal ein Arzt ein Gutachten über mich machen. Das ist aber ein derartig rattiger Knast, dass der arme Mann einfach keine Chance hatte.« Sie saß insgesamt achteinhalb Jahre in den verschiedensten Gefängnissen - als Mann wie als Frau. Von den bundesrepublikanischen Gefängnissen seien manche richtige »Löcher« gewesen, berichtet Franzi in ihrer direkten Art. »Für den Haftalltag lässt sich die Justiz wirklich eine Menge einfallen. Einmal wurde ich an die Erde gefesselt.« Franzi zeigt auf eine Narbe an ihrer Oberlippe und erzählt: »Das ist in der Forensik passiert. Die berühmte ›Bonnies Ranch‹, die Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik, die immer mehr zum Psychiatriegefängnis umgebaut wurde. Da war ich auf einer Männerstation, und ein anderer hat mich wohl als schwul oder pervers verortet und ist mir mit gestreckter Faust entgegengerannt.«
Franzi und Alexia Metge berichten von wenig Solidarität unter Mitgefangenen. Die sei »fast nicht vorhanden«, erklärt Franzi. »Ein Zufallsprodukt, nämlich wenn Insassinnen ihr Gewissen entdecken.« Sie selbst erklärt sich das mit psychologischen Feinheiten, die anfangen würden, wenn Frauen eingesperrt sind. »Sprich sie zicken sich an, dass dir fast schwindlig wird. Das Problem ist, du bist in einem geschlossenen Space und kannst da nicht einfach weg. Dann werden sich eben Blitzableiter gesucht - das ist übrigens geschlechtsunabhängig - und ja, die Transe ist natürlich immer ein ganz willkommenes Objekt, das man gut mobben kann.«
Auch Metge meint: »Solidarität gibt es im Gefängnis gleich null.« Dennoch nennt sie Ausnahmen, sowohl bei Mitgefangenen als auch dem Personal: »Durch eine Mitinsassin in Willich habe ich Kontakt zu einer Soligruppe bekommen, die sich sehr für die Belange von Inhaftierten einsetzt.« Ansonsten hält sie nicht viel von ihren Mitinsassinnen, wie aus ihren Briefen immer mal hervorgeht.
»Im Knast zu sein ist eine wahnsinnig psychisch belastende Situation und natürlich entstehen da Konflikte zwischen den Leuten«, erklärt Paul, der seinen richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Er ist Teil der trans*Ratgeber-Gruppe in Berlin und hat bereits von einigen Einzelschicksalen Gefangener gehört. »Wie wir bisher berichtet bekommen haben, geht die meiste physische und psychische Gewalt eher von den Leuten aus, die da arbeiten.« Und dann die Isolation: Nicht selten würde das Gefängnispersonal Trans*-Personen von den anderen Gefangenen isolieren, berichtet Paul. Natürlich könne dies auch Schutz vor massiver Bedrohung durch Mitgefangene bedeuten, »wir haben aber auch von Leuten gehört, die isoliert wurden, bevor irgendwas passiert ist. Mit der Begründung, sie könnten nicht so rumlaufen, das bringe Unordnung und Unsicherheit rein.« Dass das Trans*-Sein ein Risiko für die Sicherheit und Ordnung der Anstalt sein soll, findet er äußerst haarsträubend.
Dass die Situation von Trans* im Strafvollzug problematisch sein kann, weiß Tessa Ganserer. Sie ist die erste offen transidente Abgeordnete im Bayerischen Landtag und setzt sich besonders für die Belange von homo- und bisexuellen, queeren, inter- und transgeschlechtlichen Menschen ein. »Wenn Trans*-Personen den Strafvollzug antreten müssen, dann sieht man wie unter einem Brennglas, mit welchen Problemen Trans*-Personen generell in unserer Gesellschaft zu kämpfen haben«, sagt Ganserer im Gespräch mit »nd«. Das fange schon bei der Anerkennung als Mann oder Frau an: »Nach den Strafvollzugsgesetzen der Länder sind Menschen getrenntgeschlechtlich unterzubringen. Entscheidend ist das im Personenstandsregister eingetragene Geschlecht. In der Praxis ist es aber so, dass Inhaftierte ohne geschlechtsangleichende Operation oft in falschen Anstalten untergebracht werden.«
Die Politikerin spielt damit auf Vorfälle wie den von Diano O. an. Die Transfrau kam 2019 in das Männergefängnis München-Stadelheim, obwohl sie offiziell als Frau anerkannt war. Lediglich die geschlechtsanpassende Operation fehlte. Die Vorstellung, eine Transfrau im Männerknast zu sein, beschreibt Ganserer als »Horror«, bei dem die Diskriminierung vorprogrammiert sei.
2011 hatte das Bundesverfassungsgericht den Zwang zur Operation für den Geschlechtseintrag als verfassungswidrig erklärt und deutlich gemacht, dass für offizielle staatliche Akzeptanz körperliche Merkmale irrelevant sein müssen. Im Strafvollzug werde sich dennoch »viel zu oft daran orientiert, was Menschen in der Hose beziehungsweise unter dem Rock haben. Das ist hanebüchen«, findet Ganserer. Sie weiß auch über die problematische medizinische Versorgung für Trans*-Personen im Knast: »In zwei Fällen in Bayern weiß ich, dass Inhaftierten die Fortführung ihrer Hormontherapie verwehrt wurde. Physisch und psychisch hat es aber verheerende Auswirkungen, eine solche Therapie abzusetzen. Das ist körper- und menschenrechtsverletzend.«
»Nicht so notwendig«
Von solchen Schwierigkeiten berichtet auch Alexia Metge. Überhaupt sei die medizinische Versorgung im Gefängnis schlecht: Im November hatte sie einen Nabelbruch. Zehn Tage und ein Schreiben des Anwalts seien vergangen, bevor es jemanden annähernd interessiert habe. Unter Schmerzen sei der Bruch bis dahin schließlich verheilt gewesen, berichtet Metge. Doch schwerer wiegt für sie die Versorgung, wenn es um ihre Transidentität geht. Seit Beginn ihrer Haft kämpft sie darum, auch endlich die geschlechtsangleichende Operation durchführen zu können. »Dem medizinischen Dienst in Willich war es - aufgrund von Unwissenheit oder Intoleranz - einfach nicht möglich, die notwendigen medizinischen Leistungen zu genehmigen oder umzusetzen.« In Köln habe man einmal ihr Gynokadin-Gel zur Hormonbehandlung nicht rechtzeitig bestellt, »wobei gesagt wurde, ich solle mal die Füße stillhalten«, schreibt Metge in einem ihrer Briefe. »Sei ja nicht so notwendig.« Metge bekommt ihre Hormone weiter, auch wenn es ein leidiges Thema bleibt. Anders als zuvor in Willich, habe sie in Köln bisher nicht mal regelmäßigen Zugang zu einem Endokrinologen. Jener Arzt, der den Hormonspiegel kontrolliert und notwendige Anpassungen der Therapie erkennen könnte. Sie behandele sich quasi selbst, bestätigt Metge. In Köln fange sie »von vorne an«.
Angelika Linnartz, Leiterin der Frauenabteilung der JVA, erklärt, dass man eine Vorstellung beim Endokrinologen keinesfalls verweigert habe. »Der Hormonstatus von Frau Metge wird im Übrigen durch die hiesigen Ärzte überwacht und ist als stabil und gut eingestellt zu bezeichnen«, heißt es auf nd-Anfrage. Eine verzögerte Lieferung der Hormoncreme sei daher »medizinisch als absolut unbedenklich zu bewerten«. Die Insassin Metge sei in Köln zudem mit dem Wissen aufgenommen worden, dass eine OP unter den Bedingungen des geschlossenen Vollzuges nicht realisierbar sei, so Linnartz.
Tessa Ganserer betont, dass es generell schwer sei für transidente Menschen eine medizinische Behandlung zu beginnen - auch außerhalb des Gefängnisses. »Die Begutachtungsrichtlinien der Krankenkassen schreiben als allererstes eine Psychotherapie vor und für eine Hormonersatztherapie sehen die Leitlinien wirklich schikanöse ›Alltagstests‹ vor.« Damit jemand überhaupt Anspruch auf medizinische Leistungen bekommt, erwarten Krankenkassen, dass die Person ihre Transsexualität zwölf Monate unter Beweis stellt. »Das wird in den Leitlinien wohlfeil als ›Erproben‹ bezeichnet. Aber als Frau in dieser Gesellschaft zwölf Monate lang jeden Tag mit Bart auf die Straße gehen zu müssen, ist kein Alltagstest, sondern ein Spießrutenlauf«, kritisiert Ganserer.
Justizvollzugsanstalten müssen selbst für die Kosten der medizinischen Versorgung aufkommen, diese liegt nicht mehr in der Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Kosten einer Transition belaufen sich auf 6000 bis 15 000 Euro - nur für die geschlechtsangleichende Operation. Dazu kommen Ausgaben für Hormone, Stimmtraining und Bart-Epilation. Paul vom Trans*-Ratgeber ist kein einziger Fall bekannt, bei dem eine Trans*-Person die Operation während einer Haftstrafe hat durchführen lassen können. Vielmehr würden OPs, aber auch Hormonbehandlungen mit sehr unterschiedlichen Gründen nicht genehmigt. »Beispielsweise wurde Testosteron verweigert mit der Argumentation, die Person würde dann ja total das Monster und gefährlich.« Begründungen fernab von jeglicher medizinischen Realität, betont er.
In der JVA Köln sei man mit Alexia Metge durchaus im Gespräch über Möglichkeiten der Epilation und Logopädie. »Hier ist jedoch auch zu berücksichtigen, welche Maßnahmen im Rahmen einer freiheitsentziehenden Maßnahme tatsächlich umsetzbar sind und inwieweit deren Finanzierung gesichert ist«, sagt Linnartz. Bis dahin werde sie jeden Tag an ihr altes Leben als Mann erinnert, schreibt Alexia Metge. »Sei es morgens, wenn ich mich rasieren muss, an meiner noch männlichen Stimme oder unter der Dusche durch mein noch vorhandenes Geschlecht.« Sie kämpft trotz aller Widrigkeiten darum, ihre Transition fortführen zu können.
Die JVA Köln greife auf einen »hohen Erfahrungsschatz« bezüglich Trans*-Gefangener zurück und biete zudem Fortbildungen für Mitarbeiter*innen an, so Linnartz.
Weiterbildung gegen Intoleranz
Alexia Metge, aber auch Tessa Ganserer aus Bayern und Franzi in Berlin hingegen bemängeln vor allem Unwissenheit beim Personal. Sie meinen, das Thema komme in der Ausbildung zu wenig vor. »Es ist ja auch ein relativ kleiner Teil der Bevölkerung transident, das Thema somit nicht alltäglich. Aber die Ausbildung des Personals müsste dringend verbessert werden«, meint Ganserer. JVA-Angestellte müssten nicht nur über Rechte von Trans*-Personen geschult werden, sondern auch sensibilisierend auf alle Mitinsass*innen eingehen können.
Geschultes Personal ist auch deswegen wichtig, weil die Gefangenen selbst nur begrenzt an Informationen rund um Transgeschlechtlichkeit kommen: Sie haben keinen Zugang zum Internet, Informationsbroschüren muss die Gefängnisleitung zwar zur Verfügung stellen, tut es aber nicht in jedem Fall. 2018 hat die trans*Ratgeber-Gruppe zum ersten Mal ihre Broschüre für Trans*-Menschen in Haft herausgegeben. »Es ist uns ein Anliegen, nicht selbst irgendwelche Forderungen zu stellen, sondern ein Sprachrohr für die Leute drinnen zu sein«, erklärt Gruppenmitglied Paul. Er meint, es fehle insgesamt an Aufklärung über Transsexualität, nicht nur in Gefängnissen. »Wir leben in einer transfeindlichen Gesellschaft, und da kann man schlecht erwarten, dass der Knast besser ist.«
Von außerhalb an Informationen innerhalb des Gefängnisses zu kommen, ist ebenfalls nicht leicht: Zwischen dem ersten Kontakt zu Metge bis zum Besuch im Dezember vergehen fünf Monate und einige Anträge für Skype-Telefonate sowie Zu- und Absagen für Gespräche. Zeitweise scheint im System der JVA der Hinweis vermerkt worden zu sein, »mit Frau Berghöfer dürfen keine Termine ausgemacht werden«. Ein anderer Artikel über sie und die Haftsituation in Willich sei »eingeschlagen wie eine Bombe«, erzählt Metge. In der Folge sei für sie eine Art Presseverbot ausgesprochen worden sein.
Auf Nachfrage bei der JVA Köln heißt es, dass man zwar ein Interview genehmigt hätte, jedoch nur in Form eines Präsenzbesuches. Skype-Gespräche seien zur Aufrechterhaltung der Kontaktmöglichkeiten zwischen den Gefangenen und ihren Familienangehörigen und Freunden vorgesehen. »Das ist Unsinn«, sagt Tito von der Anti-Knast-Gruppe »Solidarity 1803«. Er heißt eigentlich anders, möchte aber anonym bleiben. Er ist für Metge so etwas wie der verlängerte Arm außerhalb des Gefängnisses, besorgt Kontaktlinsen und trifft den Anwalt. »Nur Alexia kann bestimmen, mit wem sie spricht oder nicht«, eine Einschränkung habe es noch nie gegeben.
Dass Medien ihren vollen Namen im Zusammenhang mit ihrer Haftstrafe veröffentlichen, findet Metge nicht schlimm. Im Gegenteil: Die gelernte Maschinenbaumechanikerin möchte sich nach dem Vollzug weiter für transidente Personen und ihre Rechte einsetzen. Es gebe im Grunde keine Präzedenzfälle, was rechtliche Streits und Forderungen von Trans*-Personen angeht. Metge möchte deswegen auch Vorbild sein.
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