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Pandemierat jetzt
Linkspartei legt Gesetzentwurf für Mitbestimmung in der Coronakrise vor.
Als die Coronakrise begann, war die Bereitschaft groß, auf die Maßnahmen der Ministerpräsident*innenkonferenz zu vertrauen. »Im März 2020 galt es zu handeln. Das haben wir auch unterstützt«, sagt der Bundestagsabgeordnete und Justiziar der Linksfraktion Friedrich Straetmanns. »Aber das war kein Freibrief für die Regierung für die gesamte Dauer der Pandemie.« Statt eines Freibriefs will die Linksfraktion einen Pandemierat im Infektionsschutzgesetz verankern.
Monat um Monat gerät die Bundesregierung in der Pandemie weiter unter Druck. Entscheidungen und Aussagen, die zunächst galten, wurden schon bald wieder revidiert. So wurden Masken zunächst als unnötig und nicht wirksam erachtet. Nach einigen Tagen der auch öffentlich geführten Diskussion, sind Alltagsmasken plötzlich das Mittel der Wahl. Mit zunehmender Verfügbarkeit medizinischer Masken werden diese zum Alltagsgegenstand. Ein Weg, den nun auch die FFP2-Masken nehmen. Die Entscheidungen der Regierenden sind von Kritik und Gegenmeinung begleitet, spalten einen Teil der Gesellschaft zusehends ab.
»Es reicht nicht aus bei diesem Thema einfach nur zu kritisieren, sondern wir müssen auch deutlich machen: Wie könnte es gehen«, sagt Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau, die am Gesetzentwurf mehrere Abgeordneten der Linksfraktion mitgewirkt hat. »Dass das Infektionsschutzgesetz auf diese Krise nicht ausgelegt war, merken wir ja beinahe täglich. Deshalb unser Gesetzentwurf.«
Der Linksfraktion geht es bei einem Pandemierat vor allem darum, mehr Informationen in den Bundestag zu bringen. Bislang wird das Parlament durch die Bundesregierung nur mündlich unterrichtet. »Wir können eine Maßnahme nur dann beurteilen, wenn uns diese Informationen vorliegen«, begründet Straetmanns die Forderung nach der schriftlichen Information, die auch die Entscheidungsgrundlagen wie medizinische Daten enthalten sollen, nach denen die Regierenden bislang Beschlüsse fassen.
Straetmanns will dabei die Arbeit der Ministerien und die Verordnungen nicht verzögern. »Aber da, wo es sinnvoll ist, da sollte der Bundestag die Maßnahmen an sich ziehen können, und in Gesetzesform bringen können. Ich denke an Dinge wie die Impfreihenfolge und die verordneten Beschränkungen.«
Die Kritik an der Bundesregierung ist dieser Tage deutlich spürbar. Die Zahl der Toten erreichte in dieser Woche erneut Höchstwerte seit Beginn der Pandemie. Das Robert Koch Institut vermeldete 1244 Tote am Donnertag und am Freitag 1113 Todesfälle. Die kürzlich beschlossenen Maßnahmen stehen schon wenige Tage später zur Disposition. Die Impfungen laufen schleppend an.
»Mittlerweile gibt es aber keinen Grund mehr, demokratische Gepflogenheiten oder gar das Grundgesetz außer Kraft zu setzen und mit Gremien zu agieren, die in keiner Weise legitimiert sind«, sagt Petra Pau. Vor allem für weitreichende Maßnahmen und Beschlüsse will Pau im Pandemierat auch Bürger*innen beteiligen. Die Regelungen für das Weihnachtsfest wären ebenso ein Thema für den Pandemierat gewesen, wie aktuell die Impfreihenfolge. »Nach dem holperigen Start der Impfungen denke ich, eine Akzeptanz für die Vorgehensweise ist eher durch ein Gesetz zu erlangen als durch die unterschiedlichen Vorgehensweisen in den einzelnen Bundesländern«, sagt Pau.
Auch Friedrich Straetmanns sieht für den Pandemierat eine Reihe von Themen: »Das Gesundheitssystem muss auf den Prüfstand, gerade jetzt, wo die Mängel deutlich werden. Welche Bereiche müssen wieder in die Hände der Kommunen? Was passiert mit den Gewinnen, die es auch in der Krise gibt?«
Die Linksfraktion hofft nun auf Unterstützung und eine breite Debatte, die über die Fraktionsgrenzen des Bundestags hinweg geführt wird. Gesetze sollen vor allen Dingen dort entstehen, wo die Verordnungen bislang wenig effektiv sind. »Die Frage nach Homeoffice ist auch eine Frage des Arbeitsschutzes. All das hat tiefgehende Auswirkungen und sollte in einem Pandemierat aus Bürger*innen und Wissenschaftler*innen besprochen werden, um letztlich in Gesetzesform gegossen zu werden«, fordert Pau. »Sonst fällt es am Ende der Pandemie wieder aus dem Fokus der Aufmerksamkeit.«
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