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Hype um neue Social-Media-App
Datenschützer: Clubhouse verbreitet sich mit fragwürdigen Methoden
Berlin. Ein neuer Unterhaltungszug rollt durch das Netz: Die Audio-Social-Media-App »Clubhouse«. Doch die Methoden, mit denen sich die App gerade rasant verbreitet, sind äußerst fragwürdig. Clubhouse ist eine Audio-App, bei der die Anwender Gesprächen wie bei einem Live-Podcast zuhören oder sich aktiv an Diskussionen beteiligen können. Im Gegensatz zu Netzwerken wie Twitter kann man Beiträge nicht schriftlich kommentieren oder »Likes« vergeben.
Die Anwender der App können verschiedene Rollen einnehmen: Als Moderatoren können sie Audio-Chats starten und andere User auf die Bühne holen und ihren das Mikrophon übergeben. Sprecher beteiligen sich aktiv an der Diskussion. Die Masse der Anwenderinnen und Anwender beschränkt sich aber auf eine Zuhörer-Rolle. Diese können virtuell die Hand heben, um den Moderator auf sich aufmerksam zu machen, wenn sie etwas zu der Gesprächsrunde beitragen wollen.
Bereits im April 2020 löste die App zunächst in den USA in der Coronakrise einen Boom aus. Der Wagnis-Kapitalgeber Andreessen Horowitz, der auch früh in Silicon-Valley-Stars wie AirBnB, Facebook, Instagram, Lyft und Twitter investiert hatte, steckte im Mai 2020 zwölf Millionen Dollar in Clubhouse.
Und auch in Deutschland hat sich längst ein Hype um Clubhouse entwickelt. Im App-Store von Apple belegt die App aktuell Platz zwei der am häufigsten heruntergeladenen Gratis-Anwendungen und liegt damit vor Messengerdiensten wie Telegram und WhatsApp.
Zum Marketing-Konzept der Clubhouse-Macher gehört eine künstliche Verknappung. So sind nicht nur alle Nutzerinnen und Nutzer eines Android-Smartphones außen vor. Auch die meisten iPhone-Besitzer, die Clubhouse installiert haben, müssen noch warten, um die App überhaupt nutzen zu können. Denn sie benötigen eine Einladung von einem aktiven Clubhouse-Anwender.
Diese werden mittlerweile sogar auf Ebay verkauft - für bis zu 50 Euro für die »Clubhouse-Invite«. Für die virale Verbreitung setzt Clubhouse außerdem auf eine umstrittene Methode, die bereits Grundlage des rasanten Wachstums von WhatsApp war. Nachdem man die App installiert und die Einladung aktiviert hat, fordert die App Zugriff auf sämtliche Einträge im Kontakte-Adressbuch des verwendeten iPhones.
Diese Praxis wurde bei WhatsApp von Datenschützern in Europa heftig kritisiert, weil die Anwender eigentlich zuvor jeden einzelnen Kontakt um Erlaubnis fragen müssten, bevor die persönlichen Daten auf Server in den USA übertragen werden. Das dürfte aber kaum jemand machen.
Die Clubhouse-Mitglieder werden außerdem von den Machern des Dienstes als auch von den Moderatoren einzelner Gruppen aufgefordert, ihre Profile auf anderen Plattformen zu verknüpfen und dort die Inhalte der Gespräche zu kommentieren. Damit soll in Netzwerken wie Twitter, LinkedIn und Instagram der Wunsch geweckt werden, möglichst schnell an eine Einladung zu dem Netzwerk zu kommen. »Fear of missing out« (Angst, etwas zu verpassen) nennen Marketing-Experten diesen Ansatz.
Das fragwürdige Datenschutzkonzept von Clubhouse, das vermutlich auch gegen die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstößt, hinderte am Wochenende viele Influencer in Deutschland nicht daran, schnell auf den Clubhouse-Zug aufzuspringen. So versammelten sich über 1000 Menschen virtuell in einem Clubhouse-Raum, in dem die Digitalministerin im Bundeskanzleramt, Dorothee Bär (CSU), mit der Unternehmerin Tijen Onaran, der Journalistin Niddal Salah-Eldin und vielen anderen über das »Diversity Jahr 2021« diskutierten. dpa/nd
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