Wollen statt Müssen

Meine Sicht: Claudia Krieg über vermeintlichen Fortschritt in Gleichstellungsfragen.

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Fortschritt bei der Gleichstellung verläuft nicht geradlinig, schreibt Gleichstellungssenatorin Dilek Kalayci (SPD) im Vorwort zum kürzlich erschienenen Gender-Datenreport.

Ja, so ein Fortschritt, der bricht mal aus nach rechts oder links, dreht mal eine kleine Schleife und kann vielleicht sogar - natürlich nur vorübergehend - für eine kleine Weile zum Rückschritt werden. Oder zum Stillstand.

Im Gesundheitsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses wurden am Montag Expert*innen zum sogenannten Gender Budgeting befragt: dazu, wie es denn mit der Gleichstellung der Geschlechter eigentlich in der Berliner Verwaltung so laufe. Wer den Anglizismus bis dahin - so wie die Autorin - nicht kannte, dem kann geholfen werden. Gender Budgeting bedeutet: Maßnahmen bei der Aufstellung von öffentlichen Haushalten einzusetzen und durchzuführen, die das Ziel einer tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter fördern und schließlich erreichen. Das heißt zum Beispiel, beim Angebot von Fortbildungen nicht nur darauf zu achten, dass sie paritätisch wahrgenommen werden, sondern auch darauf, wer welche Fortbildung überhaupt in Anspruch nehmen kann.

Raten Sie mal, wer da eher die teuren, karriereorientierten, mehrtägigen »Retreats« auf dem Land besucht? Richtig, es sind mehrheitlich keine Frauen. Als Verantwortliche*r ist es also nicht damit getan, Fortbildungen zu ermöglichen und sich dann zurückzulehnen. Eine Expertin jedenfalls bescheinigte der an der geschlechtergerechten Haushaltsplanung neben der Gleichstellungsverwaltung beteiligten Finanzverwaltung: »Sie kann Gender.« Gut. Was sie aber nicht kann, ist Tempo. Denn: Gender Budgeting gibt es in Berlin schon seit fast 20 Jahren. Nun lesen Sie im Beitrag zum seit elf Jahren erscheinenden Gender-Datenreport noch einmal nach, was dieser feststellt.

Es ist eben wie mit vielen Zielen: Man muss es schon wollen, nicht nur müssen. Das gilt auch für die Umsetzung von Gleichstellung. Und wenn der antifeministische Backlash vor dem Hintergrund rechter Diskursgewinne anhält, dann wird aus dem scheinbaren Fort- eher ein realer Rückschritt.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -