Die Befreiung der Alten Dame

Mit Hertha BSC ist nach der Rückkehr von Trainer Pal Dardai wieder zu rechnen

Eine Überraschung war es nicht wirklich, die Hertha BSC am Montagnachmittag verkündete. Dass Pal Dardai nach der Entlassung von Bruno Labbadia die Profifußballer des Berliner Bundesligisten wieder als Trainer übernehmen wird, darüber bestand seit Sonntag Einigkeit in der Medienlandschaft. Etwas erstaunlicher ist, dass der 44-Jährige einen Vertrag bis zum Sommer 2022 unterschrieben hat. Denn dem in seinen Plänen so hochambitionierten Klub wurden schon Namen wie Ralf Rangnick zugeschrieben. Entweder hatte der Ungar keine Lust, in der Abstiegsangst nur den Retter zu spielen, und hat gut verhandelt. Oder ihm wird jetzt eine Wertschätzung zuteil, die ihm sein »Herzensverein« nicht immer entgegengebracht hat. Vielleicht auch beides.

Das Handeln des Vereins erklärte Geschäftsführer Carsten Schmidt: »Pal lebt Hertha BSC, und wir sind absolut überzeugt davon, dass er mit seiner klaren Art der Mannschaft den nötigen neuen Impuls geben wird.« Der ist bitter nötig: In den letzten acht Spielen gelang nur ein Sieg, ein 3:0 gegen desolate Schalker. Bei den Niederlagen gegen Freiburg, Bielefeld, Hoffenheim und Bremen machten die Berliner keinen besseren Eindruck als der Tabellenletzte aus Gelsenkirchen. Neben der geschäftsmäßig formulierten Überzeugung von der eigenen Entscheidung zeigte Schmidt auch deren nachvollziehbare Vorteile auf, indem er Dardai als »eingefleischten Herthaner« bezeichnete, der »hier jeden kennt und keine Eingewöhnungszeit braucht«. Die vom Geschäftsführer vermittelte Wertschätzung basiert auf Erfahrungswerten: »Pal Dardai hat bereits nachgewiesen, dass er eine Mannschaft in einer für Hertha BSC herausfordernden Situation führen und stabilisieren kann.«

Als Dardai im Februar 2015 die Profimannschaft von Hertha BSC zum ersten Mal übernommen hatte, lag sie auf dem vorletzten Tabellenplatz. Dem geglückten Klassenerhalt folgten mit zwei Europapokalteilnahmen die besten Jahre des Berliner Bundesligisten in der letzten Dekade. Die erneute Beförderung Dardais vom Nachwuchstrainer zum Chefcoach entbehrt deshalb nicht einer gewissen Ironie. Die entscheidende Personalie dabei ist nicht dessen Vorgänger Labbadia, sondern Michael Preetz. Vom langjährigen Manager wurde der Ungar im Sommer 2019 vom Trainerstuhl vertrieben - um Hertha BSC erfolgreicher zu machen. Das Ergebnis ist bekannt: vier Trainer, ständiger Abstiegskampf.

»Was wäre, wenn Hertha jedes Jahr 100 Millionen Euro in die Mannschaft gesteckt hätte?« Mit diesen Worten hatte Dardai damals seine Enttäuschung über sein Aus und die damit verbundene fehlende Wertschätzung seiner Arbeit formuliert. Seitdem hat Hertha BSC dank Investor Lars Windhorst weit mehr als 100 Millionen Euro für Spieler ausgegeben - und sich nicht verbessert. Deshalb ist für all jene, die es mit der Hertha halten, nicht nur die Rückkehr Dardais eine gute Nachricht. Die noch bessere ist, dass Michael Preetz nicht mehr da ist. Nach fast zwölf Jahren musste er am Sonntag die sportliche Verantwortung beim Berliner Bundesligisten abgeben.

Diese Entscheidung des Vereins hatte der Präsident kommentiert: »Michael Preetz hat den Verein in diesen Jahren sportlich in der Bundesliga etabliert.« Wirklich glaubwürdig sind die Worte von Werner Gegenbauer angesichts dieser Bilanz nicht: zwei Abstiege, einige folgenreiche Fehlentscheidungen auf der Trainerposition, zahlreiche millionenschwere Fehleinkäufe auf dem Transfermarkt und keine sportliche Weiterentwicklung. Aber was soll er auch sagen: Gegenbauer steht wie Preetz für diese Zeit bei Hertha BSC. Als Präsident hatte er sogar einmal seine Wiederwahl an das Bleiben des stets umstrittenen Managers geknüpft. Nun hat sich die Alte Dame aus dem Würgegriff des Duos befreit - und kann auf eine bessere Zukunft hoffen.

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