Löchriger Rettungsschirm

Spitzenverband der Krankenhausträger fordert von der Bundesregierung weiter Unterstützung

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 4 Min.

Am 27. Januar 2020 wurde der erste Fall einer neuartigen Lungenerkrankung in Deutschland gemeldet, die heute als Covid-19 bekannt ist. Am 28. Januar folgten die nächsten vier Fälle. Corona breitet sich aus, hieß es damals - mit noch unabsehbaren Folgen auch für die Krankenhäuser. Mit diesem Hinweis auf den Beginn der aktuellen Pandemie leitete Hauptgeschäftsführer Georg Baum am Dienstag eine Pressekonferenz in Berlin ein, auf der die Krankenhausgesellschaft (DKG) eine vorläufige Bilanz des ersten Jahres zog. Aus Sicht der Organisation hat sich das Kliniksystem in Deutschland bewährt. »Es gab jederzeit freie Intensivkapazitäten, dank der Kooperation der Krankenhäuser. Nur in Einzelfällen mussten Patienten verlegt werden.« Damit seien Deutschland härteren Lockdown-Maßnahmen erspart geblieben.

In der Woche bis zum 19. Januar dieses Jahres wurden knapp 6000 Covid-19-Patienten neu stationär aufgenommen. Diese Zahl ist damit nach einem Pik von fast 12 000 Patienten in der Woche vor Weihnachten wieder am Sinken - wobei jetzt gerade die höchste Aufnahmezahl der ersten Krankheitswelle im Frühjahr 2020 erreicht ist. Die aktuell sinkenden Inzidenzen, also die Zahl der Menschen, die sich je 100 000 Einwohner mit Sars-CoV-2 angesteckt haben, geben aus Sicht der Krankenhäuser Hoffnung.

Allerdings sei es für eine Entwarnung zu früh. Von der Zahl der jeweils aktuell mit Sars-CoV-2-Infizierten sind etwa sieben Prozent so schwer erkrankt, dass sie stationär aufgenommen werden müssen. Von den Krankenhauspatienten wiederum benötigt ein Fünftel intensivmedizinischen Behandlung. Insgesamt wurden seit März 2020 etwa 150 000 Menschen mit Covid-19 in deutschen Krankenhäusern versorgt - von 1,9 Millionen Infizierten. 28 000 Patienten brauchten die Intensivmedizin. Anfang Januar lagen in diesen Abteilungen 5700 Coronapatienten, jetzt sind es noch 4600. Aus Sicht von Baum ist die abnehmende Zahl auch eine Wirkung der Lockdown-Maßnahmen. Für die Beschäftigten in den Krankenhäusern sind allerdings die Monate unter dauernder Belastung noch nicht vorbei.

Die Versorgung der Patientengruppe erfolge in insgesamt 1300 Krankenhäusern, eben nicht nur bei den großen Maximalversorgern wie etwa Universitätskliniken, sondern zu zwei Dritteln auch in mittleren, etwa in den Kreiskrankenhäusern. Auch psychiatrische Kliniken hatten Infektionen zu verzeichnen, so Baum, und hätten dann entsprechend abgetrennte Abteilungen eingerichtet. Diese würden nicht nur selten erwähnt, sie gehörten auch zu den Einrichtungen, die vom Krankenhausschutzschirm nicht bedacht wurden. Im Rahmen dieser staatlichen Ausgleichszahlungen sind 2020 etwa 9,2 Milliarden Euro Steuergelder an die Krankenhäuser geflossen, allerdings änderten sich die Bedingungen dafür mehrmals. Nach einer kurzen Phase zu Anfang der Pandemie, als der Ausgleich für jedes frei gehaltene Bett 500 Euro pro Tag betrug, die alle Häuser in Anspruch nehmen konnten, wurde im Laufe des vergangenen Jahres mehrfach unterschiedlich differenziert. Im Sommer wurden dann zwischen 290 und 760 Euro je Bett erstattet, im Herbst gab es für sechs Wochen gar keinen Ausgleich. Seit November gilt ein Wert zwischen 324 und 684 Euro, wobei hier sehr strenge Kriterien angelegt werden: Unter dem Strich haben nur maximal die Hälfte der Krankenhäuser Anspruch auf Ausgleichszahlungen, während aber alle Kliniken Erlösausfälle und Mehrkosten verzeichnen, erläutert Gerald Gaß, der ab April DKG-Hauptgeschäftsführer sein wird. Er weist auch darauf hin, das die Hälfte der Kliniken trotz Rettungsschirm für 2020 ein Defizit erwarten.

Deshalb fordert die DKG - zunächst befristet bis Mitte des Jahres - eine sofortige Liquiditätshilfe für alle Krankenhäuser zum Ausgleich für die fehlenden Erlöse in der Pandemie. Diese sollte durch die absehbaren Einsparungen der Krankenkassen finanziert werden. Die Forderung dürfte absehbar für Konflikte mit den gesetzlichen Versicherern sorgen. Die DKG geht davon aus, dass 2020 zehn Prozent weniger stationäre Behandlungen erfolgten, im Vergleich mit dem Vorjahr. Das entspricht 1,9 Millionen Patienten. Andererseits verpflichten sich alle Krankenhäuser für 2021 zu einem Ganzjahresausgleich untereinander, bei dem Gelder dorthin fließen sollen, wo auch Leistungen erbracht wurden.

Nach der Häufung von Infektionen mit einem mutierten Coronavirus im Berliner Humboldt-Klinikum fordert auch die DKG Konsequenzen. Dazu gehöre eine verbesserte Teststrategie in den Krankenhäusern. Überall dort, wo es auch nur die Vermutung einer Mutation gebe, müsse es den Krankenhäusern freigestellt sein, die erforderlichen Tests zu machen. Die Schließung eines ganzen Krankenhauses müsse die Ausnahme bleiben.

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