Für Anleger die bessere Lösung?

AbgeltungsSteuer steht auf der Kippe

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.

Die pauschale Abgeltungsteuer ist ein einfaches Instrument. Sie spart Bürokratie und Verwaltungsaufwand beim Sparer. Insofern ist sie möglicherweise für die deutschen Steuerzahler die bessere Lösung. Anderseits stellt sich die Gerechtigkeitsfrage: Werden Zinsen und andere Kapitalerträge - statt wie jetzt pauschal mit 25 Prozent - künftig wieder mit der ganz normalen Einkommensteuer belastet, müssten wohl die meisten Sparer und Anleger höhere Zahlungen an das Finanzamt leisten.

Wie funktioniert diese Steuer?

Fast ihr ganzes Leben hat die Oma von Florian X. auf ein Sparbuch einbezahlt. Nach ihrem Tod vererbt sie ihrem Enkel 50 000 Euro. Florian muss keinen Cent einzahlen, damit sich Omas Erbe vermehrt: Auch wenn die Bank nur noch 1 Prozent Zinsen zahlt, sind das immerhin 500 Euro jährlich. Dieses Geld ist Florians »Kapitalertrag« - und dafür muss er unter Umständen Abgeltungsteuer zahlen. Außerdem werden gegebenenfalls Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer fällig. Mit diesem Beispiel wirbt der Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe für seine Beratungstätigkeit. Schließlich ist das Thema »Abgeltungsteuer« komplex. Aber wie funktioniert sie?

Nicht allein Reiche sind von der Abgeltungssteuer betroffen. Dies zeigt ein Blick auf die gängigsten Kapitalerträge:

  • Zinsen, zum Beispiel vom Sparbuch oder Girokonto sowie Tagesgeldzinsen.
  • Dividenden, zum Beispiel aus Genossenschaftsanteilen und Aktien.
  • Erträge aus sogenannten Zertifikaten, zum Beispiel auf Rohstoffe, Währungen oder Fonds.
  • Wertzuwächse beim Verkauf von Aktien oder Investmentanteilen (wenn eine Aktie günstig gekauft und teuer verkauft wird, gilt die Gewinnspanne als Wertzuwachs = Kapitalertrag).

Bankgebühren beim Kauf oder Transaktionskosten beim Verkauf von Aktien und anderen Wertpapieren können vom Gewinn abgezogen werden. Das verringert die zu zahlende Steuer. Kapitalerträge aus zertifizierten Altersvorsorgeverträgen (sogenannte Riester- und Rürup-Rente), darauf weist das Bundesfinanzministerium besonders hin, werden in der Ansparphase nicht besteuert. Es fällt also keine Abgeltungsteuer an.

Für die nach Abzug der Kosten verbliebenen Kapitalerträge müssen Sparer und Anleger seit dem Jahr 2009 eine Abgeltungsteuer in Höhe von 25 Prozent zahlen. Bis dahin zahlten sie die oft deutlich höhere Kapitalertragsteuer. »Ein Steuergeschenk für Reiche«, titelten damals viele Medien. Die damalige schwarz-rote Bundesregierung unter Merkel verteidigte ihre Reform mit dem Hinweis, die niedrigere Abgeltungsteuer solle das Ausweichen von Anlegern und Investoren in sogenannte Steueroasen stoppen. Der damalige Finanzminister und spätere Kanzlerkandidat Peer Steinbrück (SPD) rechtfertigte seine Pläne gewohnt salopp: »Besser 25 Prozent von X als nix.«

Zwei Dinge haben sich geändert, seit die Abgeltungsteuer in Kraft ist:

Erstens müssen Steuerzahler wie Florian X. einheitlich 25 Prozent Steuern auf Kapitalerträge zahlen.

Zweitens sind Anleger grundsätzlich nicht mehr zur Abgabe der Anlage KAP beim Finanzamt verpflichtet, wenn schon Abgeltungsteuer einbehalten wurde (was Sparkassen und Banken üblicherweise tun). Die Anlage KAP ist nur noch in Sonderfällen auszufüllen, etwa für Auslandskonten.

Tatsächlich würden in unserem Beispiel keine Steuern fällig. Dafür sorgt der »Sparerpauschbetrag«: Im Jahr 2021 liegt der Sparerpauschbetrag für Alleinstehende wie im vergangenen Jahr bei 801 Euro, für Verheiratete bei 1602 Euro. Florian X. dürfte als Single also seine Kapitalerträge aus Omas Ersparten über 500 Euro steuerfrei behalten. Der Sparerpauschbetrag muss allerdings beantragt werden, entweder über eine Nichtveranlagungsbescheinigung beim zuständigen Finanzamt oder über einen Freistellungsauftrag bei der eigenen Bank/Sparkasse. Dieser gilt für ein Jahr und verlängert sich automatisch (daher dürften die meisten nd-Leser*nnen bereits einen Freistellungsauftrag besitzen).

Was wäre wenn ...?

In ihrem Koalitionsvertrag für die bald endende Legislaturperiode haben Union und SPD festgeschrieben, die Abgeltungsteuer teilweise, nämlich auf Zinserträge, abzuschaffen. Für größere Vermögen würde das teuer: Ohne Abgeltungsteuer wäre die normale Einkommensteuer von bis zu 45 Prozent plus Solidaritätszuschlag fällig.

Unverändert bleiben sollen die Regelungen für Wertpapiere. Bei Dividenden läuft es anders als bei Zinseinkünften, da der Gewinn bereits auf Unternehmensebene besteuert wurde. Fällig würden nach einer Abschaffung der Abgeltungsteuer dann Körperschaftsteuer und kommunale Gewerbesteuer, alles in allem etwa 30 Prozent.

Die höheren Einnahmen für den Fiskus gegenüber der jetzigen Abgeltungsteuer könnten jedoch durch den höheren Verwaltungsaufwand aufgefressen werden. Außerdem könnte eine höhere Besteuerung ausländische Anleger und Investoren abschrecken.

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