Milliarden-Entschädigung für dänische Nerzbranche

Nach der Massentötung der Tiere zahlt die Regierung den Züchtern 2,5 Milliarden Euro. Gibt es sogar eine Überkompensation?

  • Andreas Knudsen, Kopenhagen
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Einigkeit über Parteigrenzen hinweg ist passé: Im November 2020 beschloss die dänische Regierung mit Zustimmung der Opposition, dass mehrere Millionen Nerze notgeschlachtet werden müssen, um die Ausbreitung einer neuen Corona-Mutation zu verhindern, und die Züchter für den umfangreichen staatlichen Eingriff zu entschädigen sind. Dann dauerte es aber fast drei Monate, bis die Verhandlungen zur Zusammensetzung und finanziellen Höhe der Zahlungen abgeschlossen wurden. Nur die regierenden Sozialdemokraten, die Volkssozialisten und die drei liberalen Parteien stimmten jetzt für die Vorlage.

Die Rot-grüne Einheitsliste und die ansonsten wirtschaftsfreundliche Konservative Partei waren nicht mit dem gefundenen Modell verstanden, wenngleich mit sehr unterschiedlichen Begründungen. Die wirtschaftspolitische Sprecherin der Rot-Grünen, Victoria Velásquez, bezeichnete die vereinbarte Summe als »Überkompensation« und um ein Drittel zu hoch. »Mit diesem Betrag können wir den Steuerzahlern nicht ruhig in die Augen sehen«, so Velásquez. Für den Konservativen Rasmus Jarlow hingegen ist die Absprache unzureichend, weil nach Meinung seiner Partei eine monatliche Gehaltszahlung von 3000 Euro brutto für die Periode bis zum Januar 2022, in der die Nerzzucht in Dänemark verboten ist, gerechtfertigt wäre.

Das Parlament beschloss nun Entschädigungszahlungen von insgesamt 2,5 Milliarden Euro. Das ist der bisher höchste Betrag, der im Lande bisher in einem solchen Fall vereinbart wurde. Dies macht deutlich, wie heftig eine gesamte Branche und ihre Dienstleistungsunternehmen getroffen wurden. Von der Gesamtsumme gehen rund 1,5 Milliarden Euro direkt an die betroffenen 1139 Nerzfarmen. Die Entschädigungen für die einzelnen Betriebe werden im Zuge einer individuellen Wirtschaftsprüfung festgelegt. Daher werden Monate vergehen, bis sie zur Auszahlung kommen. Ein »Tempozuschlag« für die schnelle Notschlachtung wird jedoch noch in diesem Monat gezahlt. Serviceunternehmen werden mit 500 Millionen Euro entschädigt, während die Schließung von Farmen durch die Besitzer mit etwa 400 Millionen Euro gestützt wird. Da die gesamte Pelzbranche aber nur eine Schuldenlast von etwa 1,2 Milliarden Euro hat, stellen die Zahlungen nach Ansicht der Einheitsliste eine Überkompensation für eine sterbende Branche dar. Die Partei macht sich für ein generelles Verbot der Pelztierzucht in Dänemark stark.

Laut Verfassung steht Betroffenen bei Enteignungen durch den Staat eine volle Erstattung zu, die üblicherweise auf Grundlage der Betriebsergebnisse der letzten drei bis fünf Jahre berechnet wird. Im Fall der Nerzzüchter werden jedoch zehn Jahre zugrunde gelegt. Begründet wird die Entscheidung damit, dass Pelzzucht langen zyklischen Schwankungen unterliegt. So hatte es goldene Zeiten um das Jahr 2010 herum gegeben, während die meisten Züchter in den vergangenen drei bis fünf Jahren Verluste verzeichnen mussten. Allerdings sind sich Rechtsexperten und Medienbeobachter einig darin, dass das gewählte Entschädigungsmodell wohl die Tatsache verdecken soll, dass die Anweisung zur landesweiten Notschlachtung ohne ausreichende rechtliche Grundlage gegeben wurde.

Finanzexperten und auch Branchenvertreter gehen davon aus, dass insbesondere ältere Züchter, die nun eine Pensionierung dem Neustart vorziehen, mit den Zahlungen gutgestellt sind, während Züchter am Anfang ihrer Laufbahn es schwer haben werden. Ihre Entschädigungen decken wahrscheinlich kaum mehr als die Investitionskosten beim Betriebsstart, so dass ihnen ohne staatliche Unterstützung nun eine mehrjährige Durststrecke droht. Die Regierung hat staatliche Zuschüsse bis 2030 in Aussicht gestellt, aber die Details müssen noch festgelegt werden.

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