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Hotspot Portugal macht Grenzen dicht
Flugverkehr bis auf Hilfsflüge à la Bundeswehr wird eingestellt
Die Lage ist ernst: Der Botschafter Portugals spricht auf dem windigen Vorfeld des niedersächsischen Fliegerhorts vom Geist der europäischen Solidarität. Kurz darauf startet am Mittwoch der Luftwaffen-Airbus A400M mit 26 Bundeswehrsoldaten und mehreren Dutzend Beatmungs- sowie Infusionsgeräten aus Wunstorf nach Lissabon - die Hauptstadt des im Corona-Kampf strauchelnden Hochrisikolands. Portugal sei Deutschland sehr dankbar für die Unterstützung in dieser extrem dramatischen und schwierigen Phase der Pandemie, sagt Botschafter Francisco Ribeiro de Menezes.
Die dramatische Coronavirus-Lage zwang Portugal am Monatswechsel dazu, die Notbremse zu ziehen. Nach dem verordneten Lockdown Mitte Januar wurden auch die Landesgrenzen zu Spanien für zwei Wochen geschlossen. Nur wenige Übergänge sind für den Warenverkehr und dringende Angelegenheiten noch geöffnet, einige weitere für Grenzgänger jeweils zwei Stunden am Morgen und Abend. Der internationale Flugverkehr ist praktisch eingestellt - Hilfsflüge wie von der Bundeswehr selbstredend ausgenommen.
Die Lage hatte sich vergangene Woche drastisch verschärft. Das Land mit zehn Millionen Einwohnern muss seither täglich etwa 300 Tote verkraften. Umgerechnet wären das in Deutschland etwa 2500. Im Januar stellte Portugal einen traurigen Rekord auf. 5576 Covid-Tote wurden verzeichnet. Das ist fast die Hälfte aller Todesfälle, die bisher in Portugal während der Pandemie zu verzeichnen sind.
Den Großraum Lissabon trifft es besonders hart. Hier wird die Hälfte aller Infektionen verzeichnet. Ist die aggressivere britische Variante im ganzen Land nur für etwa 20 Prozent aller Neuinfektionen verantwortlich, sind es der Hauptstadt mehr als 50 Prozent. Lissabon kann weltweit als führender Hotspot gesehen werden. Am späten Dienstag wies das Land mit 765 weiter die höchste Sieben-Tage-Inzidenz weltweit pro 100 000 Einwohner aus. Die Inzidenz lag in Lissabon bei fast 2000. Deutschland verzeichnete derweil 90 und Berlin 81.
Das Gesundheitssystem ist längst überlastet, alle gut 850 Betten der Intensivstationen auf dem Festland sind belegt. Patienten werden auf portugiesische Inseln und nach Österreich ausgeflogen. Vor einigen Hospitälern gibt es Krankenwagenschlangen, da Notaufnahmen überlastet sind. Es fehlen Beatmungsgeräte, sogar der Sauerstoffvorrat ist knapp, pensionierte Ärzte und Medizinstudenten werden mobilisiert, um den Kollaps abzuwenden. Auch Kühllaster wurden an Hospitälern platziert, da auch Leichenhallen überlastet sind.
Positiv ist, dass die Zahl der Neuinfektionen seit fünf Tagen in Folge sinkt. Am Dienstag waren es noch 5540, weit entfernt vom Rekord mit 16 432 vom 28. Januar. Der Lockdown zeigt Wirkung, obwohl zwischenzeitlich am 24. Januar sogar Präsidentschaftswahlen stattfanden. Die Experten glauben, der Höhepunkt sei überschritten, doch die Zahl der Toten könne derweil noch weiter steigen. rast
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