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Sozial-ökologisches Bündnis will Wahlkampf aufmischen
Fridays for Future, Unteilbar und Verdi planen gemeinsame Kampagne und dezentrale Aktionen
Im Wahlkampfjahr 2021 könnte eine starke sozial-ökologische Allianz für Furore sorgen. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, das Klimastreikbündnis Fridays for Future (FFF) sowie das Bündnis Unteilbar planen derzeit eine gemeinsame Kampagne, mit der sie in die gesellschaftliche Debatte eingreifen wollen. »Ob Klimakrise, Coronakrise oder die rassistischen Zustände an den europäischen Außengrenzen - wir können diese Krisen nur gemeinsam und solidarisch lösen«, erklärte Maximilian Reimers von FFF gegenüber »nd«. Diese Überzeugung verbinde die Bündnispartner und sei der Ausgangspunkt für den Wunsch, nun aktiv zu werden.
Für den Zusammenschluss scheint es dabei um grundlegende Weichenstellungen zu gehen. »Wir wollen gemeinsam zeigen, dass es eine Alternative gibt zum Umgang mit den dringendsten Krisen unserer Zeit«, fügte Katharina Stierl von FFF hinzu. Dies bedeute, »eine Politik zu machen, die nicht unsere Zukunft bedroht, Menschen zurücklässt und soziale Ungleichheiten während der Corona-Pandemie verschärft, wie es aktuell leider der Fall ist«.
Der Prozess der gemeinsamen Kampagnenarbeit werde dabei von einer breiten Basis von Unterstützern getragen, betonte Reimers. Wie das genau aussieht, plane man derzeit aber noch. »Ich kann mir vorstellen, dass vor Ort wohl dann auch lokale Bündnisse zwischen ausblutenden Innenstädten und Klimagruppen geschlossen werden«, sagte der Aktivist. Man wolle breite und zivile Allianzen, um für eine sozial-ökologische Wende Druck zu machen.
Zu weiteren Einzelheiten wollten sich Fridays for Future und Unteilbar gegenüber »nd« noch nicht äußern, man werde aber in naher Zukunft mehr verraten, erklärten beide Bündnispartner. Etwas konkreter wurde der Verdi-Chef Frank Werneke am Montagabend gegenüber Journalisten. Die Gewerkschaft wolle sich als Partner dafür einsetzen, dass die richtigen Lehren aus der aktuellen Krise gezogen werden, sagte der Vorsitzende. Wichtige Themen seien dabei die Herauslösung des Gesundheitssystems aus der ökonomischen Logik, die Aussetzung der Schuldenbremse sowie der Ausbau der öffentlichen Daseinsvorsorge. Dafür habe man die Zusammenarbeit mit anderen gesellschaftlichen Kräften gesucht. »Mit Blick auf die Bundestagswahl sind das FFF und Unteilbar«, so Werneke. Auch er hoffe auf möglichst dezentrale politische Aktionen durch die lokalen Ortsbündnisse.
Als ein Beispiel für eine verbindende Forderung stellte Werneke das Thema der CO2-Bepreisung vor. Man strebe so einen Bonus für Menschen mit geringen Einkommen an, um einen Ausgleich für höhere CO2-Preise zu schaffen. Aktuell müssten Verbraucher mit geringem Einkommen hohe finanzielle Lasten tragen, während besser verdienende Personen mit großem ökologischen Fußabdruck nur vergleichsweise wenig zahlten. Dies sei ungerecht. Außerdem betonte Werneke, dass der Abbau der coronabedingten Staatsverschuldung nicht bedeuten dürfe, dass an den sozialen Sicherungssystemen gespart werde. Linke Wirtschaftsexperten befürchten eine verstärkte Austeritätspolitik, wenn nach Abklingen der Corona-Pandemie die Rechnung der massiv erhöhten Staatsschulden präsentiert wird. Auch eine Wirtschaftskrise wird von manchen für möglich gehalten.
Angesichts solcher Szenarien wäre ein starker Zusammenhalt innerhalb eines sozial-ökologischen Bündnisses unabdingbar. Zumindest sind sich alle drei Partner nicht fremd. Verdi gehört seit Beginn zum Unteilbar-Bündnis, das 2018 als Reaktion auf die Wahlerfolge der AfD in die Öffentlichkeit trat und seitdem mit Demonstrationen für eine freie, solidarische und antirassistische Gesellschaft kämpft. Auch Fridays for Future unterzeichnete den Aufruf. Ein Teil der Klimastreikbewegung hat wiederum im vergangenen Jahr die Tarifverhandlungen von Verdi für den öffentlichen Personennahverkehr unterstützt. Vor allem der linke Flügel der Umweltaktivisten versucht mittlerweile, Verbindungen zu Beschäftigten zu vertiefen, um größeren ökonomischen Druck entfalten zu können.
Gleichzeitig gibt es aber auch immer wieder die Kritik von Umweltschützern am DGB oder einigen seiner Teilgewerkschaften. Der Vorwurf lautet verkürzt, dass die Gewerkschaften es im Zweifelsfall eben doch nicht so ernst mit dem Klima nehmen würden. »Die noch bestehenden Gegensätze, die wir haben, werden wir nicht durch Grabenkämpfe beseitigen können«, sagte dazu Katharina Stierl von FFF. Es sei dagegen an der Zeit, Kräfte zu sammeln und sich gegenseitig zu ergänzen. »Wie das gelingen kann, haben wir im letzten Jahr anlässlich der Tarifrunde im öffentlichen Nahverkehr gemeinsam mit Verdi gezeigt - in einem Bündnis mit Beschäftigten und Umweltorganisationen haben wir für bessere Arbeitsbedingungen und einen massiven Ausbau des ÖPNVs gestreikt.«
Fridays for Future besteht nach eigenen Angaben aus über 500 Ortsgruppen, Verdi hatte im Jahr 2019 rund 1,96 Millionen Mitglieder. Unteilbar konnte wiederum viele Tausende Menschen mobilisieren, Hunderte Organisationen und Personen haben den Aufruf unterzeichnet. Gemeinsam könnten also beachtliche Ressourcen für einen gesellschaftlichen Wandel mobilisiert werden.
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