+++ Umfrage: Neue Impfverordnung erlaubt Einzelfallentscheidungen +++

Der Newsblog zur Coronakrise - Montag, 8. Februar 2021: +++ Spahn gegen Langfrist-Plan für Lockerungen +++ Grünen-Politiker: Brauchen besseres Monitoring +++ Ethikrats-Vorsitzende gegen freie Wahl von Impfstoff +++

  • Lesedauer: 6 Min.

Berlin. Mit der am Montag inkraftgetretenen Impfverordnung können Menschen mit seltenen Erkrankungen früher gegen Covid-19 geimpft werden als bislang vorgesehen. Es gehe um besondere Einzelfälle, deren Umstände nicht von der bisherigen Impfverordnung erfasst sind, erläuterte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Montag in Berlin. Die Bundesländer sollen nach seinen Angaben dafür entsprechende Stellen schaffen, an die sich Betroffene wenden können.

Spahn betonte aber auch, dass generell die festgelegte Priorisierung gilt und appellierte, nicht zu versuchen, diese Reihenfolge durch Einzelfallentscheidungen zu umgehen. Wenn sich bei den Stellen der Länder mehrere Millionen Menschen melden, »werden die Stellen das nicht leisten können«, sagte der Minister.

Die Impfverordnung wurde nach Zulassung des Corona-Impfstoffs von Astra-Zeneca angepasst. Das Vakzin ist für 18- bis 64-Jährige zugelassen. Spahn zufolge sollen mit dem Impfstoff nun vor allem vor allem Pflegekräfte und Mitarbeiter im Gesundheitssystem geimpft werden. Für Ältere, die bei den Impfungen ebenfalls früher an der Reihe sind, stünde damit nun mehr Impfstoff der anderen Hersteller zur Verfügung, sagte Spahn. Beide Gruppen könnten damit schneller geimpft werden.

Zudem empfahl Spahn, eine Systematik zu entwickeln, wie mit übrig gebliebenen Impfdosen verfahren werden soll, wenn etwa Impflinge nicht erschienen sind. Alles sei besser als wegwerfen, sagte er mit Blick auf die geringe Haltbarkeit. So könnten weitere Mitarbeiter aus dem Gesundheitswesen oder von Rettungsdiensten, Feuerwehr oder Polizei damit geimpft werden. Einzelne Absprachen lehnte er mit Blick auf Kritik am Vorgehen in Halle ab, wo Berichten zufolge Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) solch eine Impfung bekommen hat, obwohl er laut Priorisierung noch nicht an der Reihe gewesen wäre.

+++ Umfrage: Kein Vertrauen in Merkels Impfversprechen +++

Berlin. Eine große Mehrheit der Bevölkerung glaubt nicht daran, dass die Bundesregierung wie versprochen jedem Impfwilligen bis zum 21. September eine Corona-Impfung anbieten kann. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur erwartet nur etwa jeder Vierte (26 Prozent), dass das Ziel eingehalten wird. 57 Prozent rechnen dagegen nicht damit. 17 Prozent machten keine Angaben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat mehrfach angekündigt, bis zum 21. September allen Erwachsenen in Deutschland, die geimpft werden wollen, ein Angebot machen zu wollen. Die Skepsis überwiegt selbst in ihren eigenen Reihen. 47 Prozent der Wähler von CDU und CSU glauben nicht an ein Impfangebot für alle bis zum Ende des Sommer. Dagegen rechnen nur 38 Prozent damit, dass das Ziel erreicht wird.

Bei allen anderen im Bundestag vertretenen Parteien ist das Vertrauen in das Impfversprechen noch geringer. Von den Grünen-Wählern glauben immerhin noch 37 Prozent daran, dahinter folgen die Anhänger der SPD (32 Prozent), FDP (27 Prozent), der Linken (22 Prozent) und der AfD (12 Prozent).

+++ Spahn gegen Langfrist-Plan für Lockerungen +++

Berlin. Vor dem nächsten Corona-Treffen von Bund und Ländern hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) für eine Fortsetzung des Corona-Lockdowns und für ein weiter schrittweises Vorgehen der Regierung geworben. »Alle wünschen sich einen Sechs-Monats-Plan, aber den kann es halt in dieser Dynamik, in dieser Pandemie nicht geben«, sagte Spahn am Sonntag in der ARD-Sendung »Anne Will«.

Es gehe nur »Zug um Zug« - und dabei stünden noch einige harte und schwere Wochen bevor. Es werde weiterhin notwendig sein, die konkreten Maßnahmen, die konkrete Strategie immer wieder anzupassen. »Ich weiß, alle haben eine Sehnsucht nach irgendetwas, das dann hält für sechs oder zwölf Monate. Aber das geht nicht. Das Virus ist zu dynamisch. Die Lage verändert sich zu sehr«, sagte Spahn.

»Wir werden immer wieder anpassen müssen an die Erkenntnisse, an die Entwicklung«, so der Minister. »Wir werden immer wieder überprüfen müssen, nach jeder Maßnahme, die wir ergreifen, nach jedem Schritt, den wir gehen auch nach zwei, drei Wochen: Was sind die Folgen, müssen wir nachsteuern?«

+++ 4535 Neuinfektionen und 158 Todesfälle +++

Berlin. Die deutschen Gesundheitsämter haben dem Robert Koch-Institut (RKI) 4535 Corona-Neuinfektionen binnen eines Tages gemeldet. Außerdem wurden 158 neue Todesfälle innerhalb von 24 Stunden verzeichnet, wie aus Zahlen des RKI vom Montag hervorgeht. Vor genau einer Woche hatte das RKI 5608 Neuinfektionen und 175 neue Todesfälle binnen 24 Stunden verzeichnet.

Die erfassten Fallzahlen sind an Montagen in der Regel niedriger, unter anderem weil am Wochenende weniger getestet wird. Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner (Sieben-Tage-Inzidenz) lag laut RKI am Montagmorgen bei 76. Ihr bisheriger Höchststand war am 22. Dezember mit 197,6 erreicht worden. Die meisten Bundesländer verzeichnen laut RKI weiterhin sinkende Sieben-Tages-Inzidenzen.

Die Gesamtzahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, stieg auf 61.675. Die Zahl der Genesenen gab das RKI mit etwa 2.041300 an. Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag laut RKI-Lagebericht vom Sonntagabend bei 0,94 (Vortag 0,95). Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 94 weitere Menschen anstecken. Der Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab.

+++ Grünen-Politiker: Brauchen besseres Monitoring +++

Berlin. Mehrere Grünen-Politiker fordern vor den nächsten Beratungen von Bund und Ländern zur Corona-Pandemie eine bessere Datengrundlage zur Wirksamkeit der Lockdown-Maßnahmen. »Es findet kein systematisches, wissenschaftliches Monitoring zur Wirksamkeit einzelner Eindämmungsmaßnahmen statt. Diese Versäumnisse machen einen längeren, allgemeineren Lockdown nötig«, heißt es in einem Papier der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Maria Klein-Schmeink, des forschungspolitischen Sprechers Kai Gehring und der Sprecherin für Pflegepolitik, Kordula Schulz-Asche.

»Für eine differenzierte und verantwortungsvolle Öffnung müssen diese Forschungsfragen schleunigst adressiert werden«, heißt es weiter. Aus Sicht von Kai Gehring hat die Bundesregierung es versäumt, »die Virus-Übertragung in speziellen Umfeldern wie dem öffentlichen Nahverkehr oder der Schule gezielt und systematisch erforschen zu lassen.«

+++ Ethikrats-Vorsitzende gegen freie Wahl von Impfstoff +++

Berlin. Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Alena Buyx, hat sich gegen eine freie Wahlmöglichkeit des Corona-Impfstoffs ausgesprochen. »Jetzt ist eher nicht die Zeit, Extrawünsche zu äußern«, sagte Buyx der »Rheinischen Post«. Derzeit bestehe noch eine große Knappheit und eine enorme organisatorische Herausforderung. Sobald die Impfstoff-Knappheit aber überstanden sei, solle sich jeder seine Vakzin aussuchen dürfen, so Buyx weiter.

Mit dem Impfstoff des britisch-schwedischen Herstellers Astrazeneca, der dieses Wochenende erstmals in Deutschland ausgeliefert wurde, sind in der EU mittlerweile drei Impfstoffe verfügbar. Während die Mittel von Moderna und Biontech eine Wirksamkeit von 94 und 95 Prozent haben, sind es bei Astrazeneca nach einer neuen Studie nach der ersten Impfung nur 76 Prozent - und bis zu 82 Prozent nach der zweiten. Agenturen/nd

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