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Strafe für Feindeslisten

Gesetzesvorschlag des Justizministeriums trifft bei Linken auf scharfe Kritik

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 3 Min.

Ob bei Nordkreuz, dem NSU 2.0 oder in Querdenken-Chatgruppen: Die Anfertigung von Feindeslisten ist in der extrem rechten Szene keine Seltenheit. Neonazis sammeln häufig Daten von Journalisten, Aktivisten, Politikern oder Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen. Das Ziel ist in der Regel, die betreffenden Personen als Zielscheibe zu markieren - und Einschüchterung. Rechtsterroristische Gruppen legen aber auch interne Listen von politischen Gegnern an, die im Falle eines »Tag X« umgebracht werden sollten.

Nach Plänen der Bundesregierung soll die Verbreitung solcher Daten nun ein eigener Straftatbestand werden. Das Bundesjustizministerium hat einen entsprechenden Vorschlag für eine gesetzliche Neuregelung erstellt. Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) will einen Paragrafen 126a im Strafgesetzbuch einführen. Das Vorhaben ist Teil eines Anfang Dezember vom Kabinett verabschiedeten 89-Punkte-Plans zur Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus. Die Debatte dazu läuft seit 2019.

Zum Teil seien die Veröffentlichungen mit »ausdrücklichen oder subtilen Drohungen oder Hinweisen verbunden«, schreibt das Ministerium in einer Stellungnahme. Die Existenz solcher Listen führe zu einer »erheblichen Verunsicherung in der Bevölkerung und bei den Betroffenen«. Eine solche »gefährdende Veröffentlichung personenbezogener Daten« soll den Plänen zufolge künftig mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe verfolgt werden. Wenn es um nicht öffentlich zugängliche Daten geht, soll eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe drohen.

Relevant sei dafür der Kontext: Wer solche Daten in einer Art und Weise verbreite, »die geeignet ist, diese Person oder eine ihr nahestehende Person der Gefahr eines gegen sie gerichteten Verbrechens oder einer sonstigen rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert auszusetzen«, müsse mit einer Strafe rechnen. Nicht die destruktive Absicht ist somit zentral, sondern der eher vage Begriff der »Eignung«.

In den Formulierungen zeigt sich, dass es in dem Entwurf nicht nur um Feindeslisten, sondern allgemein um die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten geht. Dies könnte in der Praxis auch ganz andere Gruppen treffen: 2019 hatte das Bundeskriminalamt diese Erweiterung gefordert, um auch »Outings« verfolgen zu können - de facto die zentrale Arbeit von Antifaschisten, die damit die Öffentlichkeit über wichtige Personen und Entwicklungen in der rechten Szene aufklären. Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte damals die Wünsche des BKA unterstützt. In einem ursprünglichen Gesetzentwurf fehlte noch der Aspekt der personenbezogenen Daten. Die Union hatte sich darüber beschwert, die SPD hat nun offenbar nachgegeben und den Tatbestand angepasst.

Der Entwurf wirft damit Fragen auf: Hat die Regelung auch Auswirkungen auf die Berichterstattung? Was ist mit internen Feindeslisten von rechtsterroristischen Gruppen, die nicht veröffentlicht werden? Wird der Umstand berücksichtigt, dass vermehrt Daten von Drohschreiben und Feindeslisten aus Sicherheitsbehörden stammen? Und inwiefern könnte das Gesetz gegen Antifaschisten zum Einsatz kommen?

Angesichts dieser problematischen Aspekte trifft das Vorhaben auch unter Linken auf Ablehnung - selbst bei Betroffenen. »Ich stehe auf mehreren Feindeslisten von Nazis und lehne den Gesetzesentwurf ab«, erklärte etwa Katharina König-Preuss (Linke). Der Gesetzentwurf habe »keinen Mehrwert für Betroffene, sondern wird zu Ermittlungen gegen antifaschistische Recherche führen«, ist die Abgeordnete des Thüringer Landtags überzeugt. Diese sei es jedoch, die durch Aufklärung wirklichen Schutz gebe.

Die Linke-Bundestagsabgeordnete Martina Renner wies zudem auf eine mangelnde Durchsetzung der aktuellen Rechtssprechung hin: »Der Gesetzentwurf reagiert vermeintlich auf die Bedrohung durch Dossiers potenzieller Anschlagsopfer, zum Beispiel von Nordkreuz.« Die Strafbarkeit sei längst mit den Tatbeständen der illegalen Datenabfrage, der Bedrohung sowie der Vorbereitung von Straftaten gegeben. »Seit vier Jahren gibt es aber keine Anklage - das ist das Problem«, sagt Renner.

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