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+++ Kretschmann: »Niemand kann Öffnungsorgien erwarten« +++
Der Newsblog zur Coronakrise - Mittwoch, 10. Februar 2021: +++ Kommunen dringen auf Öffnung von Schulen und Kitas +++ Impfkommission warnt vor Lockerung von Corona-Schutzmaßnahmen +++
Stuttgart. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat die Erwartungen an schnelle Lockerungen der Corona-Regeln gedämpft. Wenn die landesweiten Inzidenzen über einen gewissen Zeitraum unter 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner sind, werde man vorsichtige Öffnungsschritte gehen, sagte er der »Badischen Zeitung« (Mittwoch). »Niemand kann aber erwarten, dass wir gleich eine Öffnungsorgie starten.« Dafür sei die Lage zu fragil. »Die Erfahrungen anderer Länder zeigen: Zu frühe Öffnungen führen zu Rückschlägen und damit zu noch härteren Maßnahmen.« Jeder müsse seine Kontakte einschränken.
Zur sinkenden Zustimmung zur Pandemie-Politik in der Bevölkerung sagte Kretschmann: »Wenn man den Kampf gegen das Virus mit einem Krieg vergleichen würde, müsste man sagen: Die Leute werden langsam kriegsmüde.« Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den die Ministerpräsidenten wollen am Mittwoch bei einem Krisen-Gipfel über das weitere Vorgehen im Kampf gegen die Coronakrise beraten.
+++ Kommunen dringen auf Öffnung von Schulen und Kitas +++
Berlin. Vor den neuen Bund-Länder-Beratungen zur Corona-Pandemie am Mittwochnachmittag dringen Vertreter von Kommunen auf eine rasche Öffnung von Schulen und Kitas. »Wir brauchen einen konkreten Plan, was wann wie gelockert wird, und das möglichst bundeseinheitlich«, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, dem SWR. Dabei müssten Kitas und Schulen »ganz vorne« stehen, insbesondere die Grundschulen.
»Die Nerven der Eltern liegen blank. Da muss etwas geschehen«, mahnte Landsberg. Dies bedeute allerdings nicht, dass alle direkt wieder normal zur Schule gehen sollten. »Man kann das ja geschickt machen. Man kann die Klassen kleiner machen. Man kann das aufteilen zwischen Präsenz- und Online-Unterricht«, sagte der Verbandsvertreter.
Zudem müsse es viel mehr Schnelltests geben, nicht nur für Schülerinnen und Schüler, sondern auch für die Lehrkräfte, forderte Landsberg weiter. »Das würde zusätzliche Sicherheit geben und genau auf diese Sicherheit warten die Menschen.« Der Gemeindebund drängte außerdem auf eine Wiederöffnung der Friseursalons als »ein Hoffnungssignal« für die Bevölkerung.
+++ Impfkommission warnt vor Lockerung Schutzmaßnahmen +++
Berlin. Der Leiter der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut (Stiko), Thomas Mertens, hält Lockerungen der geltenden Corona-Schutzmaßnahmen zum jetzigen Zeitpunkt für problematisch. Nach Lockerungen bestehe die Gefahr, dass die Zahl der Neuinfektionen wieder steige, sagte Mertens am Mittwoch den Sendern RTL und n-tv. »Das würde relativ schnell gehen«, warnte er davor, die Gefahr zu unterschätzen.
Sollte es zu einem solchen Wiederanstieg der Infektionszahlen kommen, bestehe auch die Gefahr neuer Mutationen des Coronavirus, sagte Mertens zudem. Diese könnten am ehesten verhindert werden, wenn man die Infektionszahlen möglichst niedrig halte. »Ohne Vermehrung keine neuen Mutanten«, sagte der Stiko-Chef. Aus virologischer Sicht seien Lockerungen daher zum jetzigen Zeitpunkt abzulehnen.
Mertens äußerte sich vor neuen Beratungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder am Mittwochnachmittag. Dabei dürfte eine Verlängerung des derzeitigen Lockdowns beschlossen werden, wichtige Details sind aber noch offen.
+++ Serbien kommt mit Impfungen schneller voran als die EU +++
Belgrad. Serbien ist nicht in der Europäischen Union und meilenweit von Deutschlands Wirtschaftskraft entfernt. Doch bei den Corona-Impfungen geht es in dem Balkanland deutlich schneller voran als hierzulande und in den anderen EU-Ländern. Das Nicht-EU-Land Großbritannien ist das einzige Land in Europa, in dem der Anteil der Geimpften derzeit höher liegt als in Serbien. Zum Rezept der Regierung in Belgrad gehört, dass sie sich auch aus China und Russland mit Corona-Impfdosen beliefern lässt.
Seit dem 24. Dezember wurden landesweit bereits mehr als 544.000 Impfdosen verabreicht. Bis Sonntag wurde ein Anteil von 8,0 Impfdosen pro 100 Einwohner erreicht. In Deutschland betrug diese Quote hingegen nur 3,9 Prozent, wie die wissenschaftliche Website »Our World in Data« auflistet.
Während die EU mit westlichen Firmen wie Astrazeneca wegen verzögerter Vakzin-Lieferungen streitet, stehen für die Menschen in Serbien auch Impfdosen aus anderen Weltregionen bereit. Wer einen Impftermin vereinbart, kann derzeit zwischen dem Mittel von Biontech/Pfizer, dem russischen Vakzin Sputnik V und dem Impfstoff des chinesischen Herstellers Sinopharm wählen. Die Impfdosen aus der Volksrepublik machen den Löwenanteil aus, nachdem Serbien Mitte Januar eine Million Dosen von Sinopharm erhalten hatte.
In dem für seine zermürbende Bürokratie bekannten Serbien waren die zügigen Impfungen für manchen eine Überraschung. In der Belgrader Messehalle dauert es bis zur Impfung oft nur 15 Minuten. »Alle wussten genau, was sie taten, es gab genug Personal und alle waren nett«, sagt die 38-jährige Snezana Krivokapic nach Erhalt ihrer Spritze.
Neben den eine Million Impfdosen aus China hat Serbien 40.000 Dosen Sputnik V und 30.000 Dosen des deutschen Unternehmens Biontech erhalten. Vucic kündigte kürzlich an, vor März bekomme Serbien eine Million weitere Impfdosen von »Freunden«.
Schon zu Beginn der Pandemie hatte China deutlich mehr als die EU geholfen, als das Balkanland dringend Masken und andere Schutzausrüstung brauchte. Die Beziehungen der beiden Länder sind in den vergangenen Jahren ohnehin immer enger geworden. Für Peking ist das Balkanland ein interessanter Partner, um seinen wirtschaftlichen Einfluss in Europa zu vergrößern.
Innerhalb der EU ist Ungarn das einzige Land, das auch Corona-Impfstoffe aus China und Russland zugelassen hat. Von dem Sinopharm-Vakzin orderte das Land nach eigenen Angaben fünf Millionen Dosen. Regierungschef Viktor Orban lobte kürzlich Serbiens »inspirierendes Beispiel« bei der Impfstoff-Beschaffung. Das Nachbarland sei ein »Labor« um zu testen, wie es mit dem Sinopharm-Vakzin läuft. Agenturen/nd
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