Mit Pflege-Mindestlohn droht Altersarmut

Pflegehilfskraft mit Branchenmindestlohn müsste 53 Jahre lang arbeiten, um eine Rente auf Grundsicherungsniveau zu bekommen

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Mit dem Branchenmindestlohn schaffen es ungelernte oder gering qualifizierte Pflegekräfte im Berufsleben nicht, sich eine Rente in Höhe der Grundsicherung von aktuell 832 Euro zu erarbeiten. Aus der Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, geht hervor, dass eine Pflegehilfskraft 53 Jahre mit 35 Wochenstunden arbeiten müsste, um bei dem ab April gültigen Mindestlohn von 11,80 Euro die Stunde (Westdeutschland) eine Rente auf Grundsicherungsniveau zu erreichen. Über die Berechnungen hatte zuerst das »Redaktionsnetzwerk Deutschland« berichtet.

Bei einer Pflegehilfskraft mit mindestens einjähriger Ausbildung (Mindest-Stundenlohn 12,50 Euro) seien bei einer 35-Stunden-Woche 50 Arbeitsjahre notwendig, hieß es in der Antwort weiter. Examinierte Pflegefachkräfte, für die ab Juli bundesweit ein Stundenlohn von mindestens 15 Euro gilt, müssen den Berechnungen zufolge 42 Jahre tätig sein, um eine Rente auf Höhe der Grundsicherung zu erreichen.

Das Bundesarbeitsministerium betonte, es handele sich um fiktive Berechnungen, die kein realistisches Bild über die tatsächliche Alterssicherung von Pflegekräften vermittelten. Um ein realistisches Bild zu erhalten, müssten mindestens drei weitere Faktoren berücksichtigt werden: die gesamten Alterseinkünfte des Haushalts, in dem die Pflegekraft lebt, Lohnerhöhungen im Verlauf des Berufslebens und dass insbesondere Pflegefachkräfte mehr als den Mindestlohn verdienten.

Arbeitgeber werden unruhig
Private Pflegeanbieter wollen bessere Löhne gerichtlich vereiteln

Die Linksfraktion ließ auch ausrechnen, inwiefern der von der Gewerkschaft Verdi mit dem neuen Pflege-Arbeitgeberverband BVAP ausgehandelten Tarifvertrag die Arbeitsjahre bis zum Erreichen einer Rente auf dem Niveau der Grundsicherung den Angaben nach bei allen Beschäftigten reduzieren würde. Pflegehilfskräfte bräuchten mit dem dort vereinbarten Stundenlohn von zunächst 12,40 Euro noch 51 Jahre, Pflegekräfte mit mindestens einjähriger Ausbildung (Stundenlohn 13,10 Euro) 48 Jahre und Pflegefachkräfte (Stundenlohn 16,10 Euro) 39 Jahre.

Hunderte Klagen auf Auszahlung von Corona-Pflegebonus
Pflegekräfte fühlen sich bei der Pandemie-Prämie ungleich behandelt

Wenn die kirchlichen Arbeitgeber zustimmen, will Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) diesen Tarifvertrag auf die gesamte Branche erstrecken. Die Linken-Pflegeexpertin Pia Zimmermann kritisierte die privaten Heimbetreiber, deren Verbände das ablehnen. »Mit der aus Sozialabgaben finanzierten Pflege älterer Menschen Gewinne machen, aber ihren Beschäftigten mit aller Kraft einen flächendeckenden Tarifvertrag verweigern wollen. Diese Haltung der privaten Pflegeunternehmen zeigt einmal mehr: Pflege muss in die öffentliche Hand«, forderte Zimmermann. epd/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.