• Politik
  • Politischer Aschermittwoch

Abrechnung ohne großes Publikum

Originalität am politischen Aschermittwoch kaum erkennbar

  • Daniel Lücking
  • Lesedauer: 3 Min.

Reichlich Politik und ein bisschen Polemik – oder ist es umgekehrt? Die Grenzen beim politischen Aschermittwoch sind fließend. Gepfefferte Angriffe, gerne auch mal auf Stammtischniveau, sind das Konzept, das einerseits der Selbstvergewisserung des eigenen politischen Lagers, andererseits der Verunsicherung des politischen Gegners dienen soll. Oder ist es nur der Versuch, die am Aschermittwoch beginnende Fastenzeit mit einem weiteren Trinkgelage noch etwas hinauszuzögern?

So richtig funktionieren will diese Tradition in Pandemiezeiten nicht. Weil das Zusammenhocken auf Bierbänken ausfallen muss, bemühten sich die Parteien , einen zünftigen Rahmen herzustellen. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat auf einer Eckbank in einer kneipenartigen Kulisse platzgenommen, die SPD präsentiert Olaf Scholz an Brauhausatmosphäre. Für die FDP, die eigens an dem traditionsreichen Ort der CSU-Veranstaltung in Passau eingekehrt ist, spricht Christian Lindner vor einer Fensterfront mit Aussicht auf die Stadt – ein Setting, das insgesamt wirkt, als stehe er in einer leeren Büroetage. Immerhin hat Lindner ein Bier in der Hand und verurteilt sogleich Markus Söder, der offensichtlich nur bei einem Glas Cola Light einsam in die Kamera monologisierte. »DAS kommt dabei raus, wenn ein evangelischer Franke Bayern erklären will. Prost, lieber Markus«, startet Lindner und nimmt einen kurzen Schluck aus dem Bierglas, das ihm sogleich von einer Assistentin abgenommen wird.

Teil der Tradition ist das journalistische Publikum, das sich gewöhnlich mit den Inhalten der Reden befasst. Auf Twitter gehen Kritiken auf das Kneipensetting von Markus Söder ein. Hinter ihm ein Livebild mit Blick auf Passau, durch dass dann auch mal ein Demonstrant mit einem Schild »Markus wir brauchen Dich« läuft. Auf dem Boden vor einem urigen Kachelofen steht der kleine runde Roboter aus »Star Wars«, R2D2. »Ist so ein bisschen wie ein Wimmelbild. Immer wieder neue Details zum Entdecken. Gibt’s das auch für die verschiedenen Jahreszeiten?«, will Miriam Hollstein (Funke-Mediengruppe) wissen. Unternehmerin Sina Trinkwalder wiederum meint: »Immerhin ist es gelebtes Zeichen der Nachhaltigkeit. Nirgendwo sonst hätte Peter Steiners Theaterstadel-Kulisse Verwendung gefunden«. Vernichtend fällt die Kritik des Journalisten Tibor Martini aus: »Es gibt nichts Traurigeres als Markus Söder, wie er in einer Pseudokneipe auf einer einsamen Eckbank sitzt und eine Stunde lang über Brezen hinweg Selbstgespräche mit der Kamera führt.«

Zum Inhalt: Während es die Linke mit Fakten, vielen prominenten Gesichtern und Trinkgrüßen nach Passau probiert, verfällt Lindner auf Stammtischparolen und leitet aus dem Biontech-Impfstofferfolg seine Kritik an Grünen und CDU/CSU ab. Die einen verweigerten Gentechnik und seien zu ökologisch ausgerichtet, die anderen seien gegen Einwanderung. Lindner fordert eine Willkommenskultur, natürlich in erster Linie für die, die wirtschaftlichen Nutzen bringen. Na, Prost Mahlzeit.

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