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Schöne Schweizer Skiwelt
Wie die Eidgenossen Österreichs Dauerdominanz gebrochen haben.
Es gibt sie bei jedem Großereignis, die Superstars. Bei Titelkämpfen der alpinen Skiläufer sind es oft jene, die schon zuvor im Weltcup dominiert haben, manchmal gibt es auch Überraschungen. Dazu gehörte nicht, dass sich die Schweizerin Lara Gut-Behrami bei den Weltmeisterschaften in Cortina d’Ampezzo gerade zur Königin der Tofana gekürt hat. Mit zweimal Gold und einmal Bronze ist sie vor den beiden letzten Wettbewerben an diesem Wochenende die erfolgreichste Athletin. Sie war als Seriensiegerin im Super-G nach Italien gereist und hatte in diesem Winter auch im Riesenslalom zu alter Stärke zurückgefunden.
Die Tessinerin war eine von vielen Medaillenhoffnungen für die wiedererstarkte Großmacht Schweiz bei der WM. Corinne Suter, Michelle Gisin, Beat Feuz oder Marco Odermatt hatten im Vorfeld ebenfalls Rennen gewonnen. Und fast alle erfüllten in Italien auch die Erwartungen. Allerdings ist, wie schon bei den Titelkämpfen vor zwei Jahren in Are, auch jetzt auf die Frauen mehr Verlass gewesen als auf die Männer. Sechs der bislang neun Medaillen - so viele wie für keine andere Nation - gingen auf ihr Konto, darunter alle drei goldenen. Neben Gut-Behrami ist auch Suter Weltmeisterin geworden, in der Abfahrt. Die Männer gewannen dreimal Bronze durch Feuz in der Abfahrt und Loïc Meillard in der Kombination sowie im Parallelrennen. Österreich liegt im Medaillenspiegel zwar an der Spitze, aber nur weil die rot-weiß-rote Skination einmal mehr Gold gewann. »Es könnte schlimmer sein«, meint Swiss-Ski-Präsident Urs Lehmann mit einem Schmunzeln.
Der Erfolg hatte sich angekündigt: Mit elf Siegen im Weltcup feierten die Eidgenossen bisher fast doppelt so viele wie Österreich. Auch im Nationencup liegt die Schweiz vorn, sehr zum Leidwesen des Nachbarn. Als sich im vergangenen Jahr die Wachablösung nach 30-jähriger Dauerdominanz schon angedeutet hatte, zeigte sich Peter Schröcksnadel, Präsident des Österreichischen Skiverbandes, nach außen gelassen. Ein bisschen Konkurrenz sei gut fürs Geschäft, sagte er. Es wäre »ja fad«, wenn immer nur die Österreicher gewinnen würden. Aber wie sehr das an ihm nagte, zeigte eine interne Ansprache. Vor dieser Saison hat er den Athletinnen und Athleten den Auftrag gegeben, die Skiwelt bitteschön wieder zurechtzurücken.
Vor ein paar Jahren noch waren die Schweizer chancenlos im Duell mit Österreich - mit der Saison 2012/2013 als Tiefpunkt. Damals hatte es neben einer Handvoll Podestplätze nur einen Sieg durch Lara Gut gegeben, die damals noch nicht mit dem Schweizer Fußballnationalspieler Valon Behrami verheiratet war. Allein mit den Rücktritten von Didier Cuche und Didier Défago sowie den Verletzungen des Gesamtweltcupsiegers von 2010, Carlo Janka, war diese, so Lehmann, »famose Skikrise« nicht zu erklären. Es wurde schließlich »alles auf den Kopf gestellt«, erklärt der Präsident - also Strukturen verändert und Trainer ausgewechselt.
2014 kehrte Tom Stauffer zurück zu Swiss-Ski. Mit dem früheren Cheftrainer der deutschen Frauen als neuem Verantwortlichen für die Schweizer Männer ging es langsam aufwärts. »Konsequente Arbeit in allen Disziplinen« nennt er als Grund für die Kehrtwende. Daran allein liegt es aber wohl nicht, denn auch in Österreich wird intensiv trainiert und analysiert. »Es fehlen schon ein paar Jahrgänge bei uns«, gibt Stauffer zu. Genau jene, die jetzt so um die 30 wären.
Die Schweizer setzten auf mehr Durchlässigkeit zwischen den Kaderstufen und den Disziplinen. Das beginnt bereits im Nachwuchs und zieht sich durch bis in die Weltcupteams. Die Jungen werden kontinuierlich aufgebaut - wie beispielsweise Marco Odermatt, der als aussichtsreicher Kandidat auf einen Gesamtweltcupsieg in den kommenden Jahren gilt. Oder Loïc Meillard. »Unsere Trainer haben es auf allen Ebenen geschafft, das Beste herauszuholen«, resümiert Lehmann. Das alles zusammen mache »wirklich zwei, drei Dimensionen« aus. »Ich glaube, dass die Resultate im Moment dem Ansinnen der Strategie und unserem Vorgehen recht geben«, meint der Verbandspräsident.
So schufen die Eidgenossen die Möglichkeit, dass die Athleten in den einzelnen Mannschaften so gute Trainingsbedingungen vorfinden, wie es sonst nur in Privatteams üblich ist. Und sie haben eine Annäherung zu Lara Gut-Behrami hergestellt. Die 29-Jährige wird seit jeher von ihrem Vater Pauli betreut. Dass sie ein paar Mal die Schweiz bei Großereignissen vor einer Komplettpleite bewahrt hatte, etwa bei der WM 2013 in Schladming, als sie die einzige Medaille gewonnen hatte, war deshalb kein Erfolg des Systems, sondern des Teams Gut. Nun haben beide Parteien einen jahrelangen Zwist weitgehend beigelegt.
Und: Anders als in Österreich bekommen in der Schweiz auch noch Athleten eine Chance, wenn sie etwas länger für den Durchbruch brauchen. »Ich sage immer, lieber einen zu lange halten als zehn zu kurz«, so Urs Lehmann. Auch deshalb ist nun die Dichte an Spitzenathleten so hoch. Das wiederum befeuert den Konkurrenzkampf. »Wenn einer nicht funktioniert, kommt der Nächste«, erklärt Lehmann. Wie jetzt in Cortina. Da gewann nicht wie erwartet Odermatt die Medaillen, sondern Meillard.
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