Bundeswehr will ihr Image aufbessern

Der Einsatz von Soldaten in der Coronakrise soll die Akzeptanz für mehr Rüstung erhöhen, meint Christine Buchholz.

  • Christine Buchholz
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Coronakrise offenbart, wie kaputtgespart die Strukturen für zivile Katastrophenhilfe und das Gesundheitssystem sind. Ob bei Schnelltests in Alten- und Pflegeheimen, der Kontaktnachverfolgung in Gesundheitsämtern oder der Koordination der Impfstoffverteilung: Überall fehlt es an finanziellen Mitteln und Personal, um die Corona-Pandemie zu bekämpfen und die Gesundheit der Menschen sicherzustellen. Dass in der »zweiten Welle« der Pandemie die Nachfrage nach Bundeswehr-Amtshilfe rasant angestiegen ist, verdeutlicht das Problem.

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) kündigte im Dezember an, 10 000 Soldatinnen und Soldaten stünden für Schnelltests in Alten- und Pflegeheimen bereit. Auf Druck des Bundeskanzleramts wurden dafür eilig die rechtlichen Grundlagen geschaffen, öffentlichkeitswirksam erließ die Bundesregierung den Kommunen die Kosten für den Einsatz der Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten. Die Landeskommandos der Bundeswehr sind aufgefordert, proaktiv auf Kommunen zuzugehen.

Zur Person
Christine Buchholz ist Bundestagsabgeordnete und im Parteivorstand der Linken.

In ganz Deutschland übernehmen nun an vielen Orten Soldatinnen und Soldaten Aufgaben ziviler Stellen. Von den insgesamt über 18 000 Bundeswehrangehörigen im Corona-Einsatz sind derzeit 4106 Soldatinnen und Soldaten für die Unterstützung von Schnelltestungen eingesetzt, 974 in Alten- und Pflegeheimen und 2481 in der Impfkampagne. Die größte Zahl von Soldatinnen und Soldaten – derzeit 5120 – ist in der Kontaktnachverfolgung in Gesundheitsämtern gebunden. Vor dem Hintergrund der weiterhin hohen Zahl von weiteren Anträgen auf Hilfsleistungseinsätzen gab Kramp-Karrenbauer am 3. Februar 2021 die Aufstockung des Corona-Kontingents auf nunmehr 25 000 Soldatinnen und Soldaten bekannt.

Die Bundeswehr springt hier offensiv in durch jahrelange Sparpolitik gerissene Lücken und bietet sich als Helfer in der Not an. Doch die Hilfe ist keineswegs selbstlos. Denn die Bundeswehr und die Bundesregierung sind mit einem Problem konfrontiert: Sie wollen eine Bundeswehr, die innerhalb Europas eine Führungsrolle einnimmt und dazu die Bundeswehr weiter aufrüsten und in weitere Auslandseinsätze schicken.

Doch dazu fehlt ihr das Personal und die Akzeptanz in der Bevölkerung. General Martin Schelleis, der Leiter des Corona-Einsatzes, resümiert: »Wie die Soldatinnen und Soldaten wahrgenommen werden! Viele Menschen verwundert, wie hilfsbereit und freundlich sie auftreten. Offenbar haben viele ein anderes Soldatenbild im Kopf und erleben jetzt, wie die Bundeswehr wirklich ist.« Gleichzeitig werden Stimmen aus der Bundeswehr lauter, die beklagen, dass für die Corona-Hilfe der eigentliche Auftrag der Bundeswehr – die »äußere Sicherheit« – leide. Um das zu vermeiden, müsse eine »bessere Vernetzung« stattfinden.

Dahinter steckt ein bekanntes Kalkül: Der Corona-Einsatz der Bundeswehr knüpft an eine Politik an, die eine immer engere Verzahnung ziviler und militärischer Stellen in der Katastrophenhilfe anstrebt. Der Leiter des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Ulrich Baumgärtner, will das zivil-militärische Handeln in der Pandemie gar als eine »Blaupause für hybride Kriegsführung« verstanden wissen. Der Sanitätsdienst der Bundeswehr hat beispielsweise Soldaten als sogenannte Verbindungselemente ins Bundesministerium für Gesundheit und in das Robert-Koch-Institut entsandt.

All das dient dazu, die Sichtbarkeit und Präsenz des Militärs im Alltag zu erhöhen. Der Corona-Einsatz ist für die Bundeswehr ein Mittel im Kampf um die Köpfe. Die Truppe ist aber nicht die Lösung, sie ist Teil des Problems. Gerade erst meldete die Bundesregierung Rüstungsausgaben in Rekordhöhe von 53,03 Milliarden Euro an die NATO. Das Geld fehlt an anderer Stelle, im Gesundheitssystem, für den krisensicheren Ausbau des Bildungssystems und der zivilen Katastrophenhilfe.

Die Linke stellt sich deswegen gegen den Einsatz der Bundeswehr im Inneren. Die Bundeswehr darf die Corona-Krise nicht dafür nutzen, um ihr Image aufzupolieren. Statt finanzieller Anreize für den Einsatz von Soldaten in Kommunen braucht es eine gute personelle und finanzielle Ausstattung der Krankenhäuser, Gesundheitsämter und Altenheime sowie den Ausbau der Strukturen der zivilen Katastrophenhilfe.

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