Im Prinzip abgasfrei

Koalition einigt sich auf Zero-Emission-Zone

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Einen seit Jahren überfälligen Arbeitsauftrag kann Umwelt-, Verkehrs- und Klimaschutzsenatorin Regine Günther (Grüne) am kommenden Dienstag durch Senatsbeschluss endlich abhaken. Denn der Stadtentwicklungsplan (Step) Mobilität und Verkehr hat nun die Zustimmung aller drei Koalitionspartner SPD, Linke und Grüne. Nicht nur darüber wurde am Montagabend in einer Koalitionsrunde dreieinhalb Stunden gesprochen, wie Teilnehmer berichten.

Zunächst mussten jedoch die Wogen geglättet werden. Denn die Grünen waren nicht amüsiert darüber, dass die Linke den Step Mobilität und Verkehr in der Senatssitzung vergangene Woche aufgehalten hatte. Hintergrund war die Festlegung in dem Papier zur sogenannten Zero Emission Zone. »Ab dem Jahr 2030 sollen Pkw mit Verbrennungsmotoren auf fossiler Basis in der Umweltzone möglichst ausgeschlossen werden«, mit einer Ausweitung auf ganz Berlin ab 2035, heißt es in der Ursprungsfassung. Doch das entsprach nicht dem Verhandlungsstand beim Klimapakt zur bereits im Dezember 2019 vom Senat festgestellten Klimanotlage.

In der neuen Fassung wird dieses Ziel nach nd-Informationen ohne Jahreszahl »mittelfristig« für die Umweltzone angestrebt, die das Gebiet innerhalb des S-Bahn-Rings umfasst. In einem zweiten Schritt könne dann die Ausweitung der Zero Emission Zone auf ganz Berlin erfolgen. Als weitere Voraussetzung dafür wird der beschleunigte Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos genannt.

Diese Formulierungen sollen genauso im Klimapakt der Umweltsenatorin auftauchen. Im September 2020 hatte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) den Beschluss des Papiers im Senat gestoppt. Unter anderem hatten die Sozialdemokraten die Aufnahme des 365-Euro-Tickets für Busse und Bahnen gefordert.

Die Gespräche verlaufen insgesamt sehr zäh. Das könnte auch damit zusammenhängen, dass Daniel Buchholz, der Umwelt- und Klimaschutzexperte der SPD-Fraktion, gar nicht zum Verhandlungsteam gehört. Wortführer ist stattdessen Fraktionsgeschäftsführer Torsten Schneider.

»Man ist auf einem guten Weg«, sagt SPD-Verkehrspolitiker Tino Schopf zu »nd«. Er war einer der Teilnehmer der vierten Verhandlungsrunde, um die Koalitionsstreitigkeiten zur Klimapolitik abzuräumen. »Alle drei Partner haben ein Interesse daran, dass wir ein entsprechendes Klimapapier verabschieden«, sagt Schopf. Um dann gleich auf eine Forderung einzugehen, die die Koalitionspartner nervt. »Alle Verkehrsmittel müssen entsprechende Berücksichtigung und Erwähnung finden. Auch die U-Bahn.«

In dem ganzen Koalitionsstreit um Klimathemen, bei dem sich Linke und Grüne tendenziell einig waren, die SPD jedoch auf die Bremse trat, sind auch weitere Gesetzesvorhaben wie die Solarpflicht auf Neubaudächern hängen geblieben. Das Solargesetz soll aber nun tatsächlich demnächst im Abgeordnetenhaus behandelt werden.

Nachdem die Energiethemen größtenteils abgeräumt worden sind, bleibt ein hartnäckiger und kleinteiliger Streit um den Verkehr. Da geht es um eine mögliche Citymaut, also Einfahrgebühren in die Innenstadt oder die Erhöhung der derzeit lächerlichen Gebühren für Anwohnerparkausweise von 20,40 Euro für zwei Jahre auf Beträge, die auch eine gewisse Lenkungswirkung entfalten. Allein der Bau und die Bewirtschaftung eines Parkplatzes am Straßenrand kostet in Berlin laut Deutschem Institut für Urbanistik jährlich 220 Euro - die Grundstückskosten nicht eingerechnet. Diese möglichen neuen Einnahmequellen - unter den Ideen ist auch eine Touristenabgabe - sollen die sogenannte dritte Finanzierungssäule für Busse und Bahnen sein. Doch dem Vernehmen nach will die SPD darüber gar nicht sprechen.

Die Grünen zeigen sich schwer genervt vom Verhandlungs-Hickhack - aber auch kampfbereit. »Wir werden nicht zulassen, dass die Verkehrswende, Energiewende und Klimaschutz geschliffen werden«, sagt deren Fraktionschefin Antje Kapek zu »nd«. »Wir werden aus diesen Verhandlungen mit mehr Klimaschutz rausgehen und nicht mit weniger«, kündigt sie an. Kommenden Montag soll eine weitere Runde stattfinden.

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